Mercedes hat endlich Rad ab
Valtteri Bottas musste den GP Monaco vorzeitig beenden, weil die Mercedes-Mechaniker das rechte Vorderrad am Auto des Finnen nicht abmontieren konnten. Es dauerte fast zwei Tage und erforderte Spezial-Werkzeug in der Fabrik, bis die Mutter endlich gelöst war.
In der viel zu perfekten Formel 1 sind Fehler heutzutage selten. Die Ausfallquote liegt diesem Jahr historisch niedrig. Selbst beim Rennen in Monaco, wo die Fans in der Vergangenheit immer wieder Chaos und Spektakel geboten bekamen, verbrachte Bernd Mayländer in seinem Safety-Car einen ruhigen Arbeitstag. In den 78. Rennrunden mussten noch nicht einmal gelbe Flaggen geschwenkt werden.
Die einzige aufregende Szene, die am Ende auch zu einem Ausfall führte, spielte sich in der Boxengasse ab. Valtteri Bottas war in der 29. Runde zum Stopp abgebogen, um sich einen Satz frischer harter Gummis abzuholen. Doch vorne rechts wollte sich das Rad partout nicht von der Nabe ziehen lassen. Der Mechaniker setzte den Radschrauber immer wieder verzweifelt an, doch die Mutter bewegte sich keinen Millimeter.
Bottas blieb nichts anderes übrig, als sein Auto frustriert zu verlassen. "Ich hatte ja schon ein paar Mal Probleme bei Boxenstopps. Aber noch nie war es so schlimm, dass ich ein Rennen beenden musste", schimpfte der Finne anschließend. Der Grund für den Zwangsstopp war schnell gefunden. Der Schlagschrauber hatte die Kanten der Radmutter so stark abgewetzt, dass er keinen Halt mehr fand, um das Metallteil vom Gewinde zu drehen.
Mechaniker macht kleinen Fehler
Teamchef Toto Wolff gab direkt nach dem Rennen noch seinem Piloten eine Mitschuld. Bottas soll demnach ein paar Zentimeter zu weit vor der Markierung gehalten haben. Doch die TV-Bilder zeigten kein Fehlverhalten des Fahrers. Die Hauptschuld trifft wohl den Mechaniker, der vorne rechts für den Radwechsel eingeteilt war. Er hatte seinen Schlagschrauber leicht schräg angesetzt, als er seine Maschine startete.
"Der Schlagschrauber hat extrem viel Power", erklärt Mercedes-Ingenieur James Vowles. "Die Mechaniker müssen sich beim Radwechsel praktisch am Boden festklammern, damit sie sich nicht selbst mitdrehen. Normalerweise löst sich die Mutter nach vier bis fünf Mal hämmern. Leider wurde der Schlagschrauber in diesem Fall aber leicht schräg angesetzt, wodurch die Kraft nicht gleichmäßig auf die Mutter übertragen wurde. Das hat das Metall an den Kanten einfach abgeschleift."
Mit nur drei frischen Reifen konnte man Bottas übrigens nicht wieder auf die Bahn schicken. Das hätte eine sofortige Disqualifikation zur Folge gehabt. Weil die störrische Mutter mit den Hilfsmitteln an der Strecke nicht zu lösen war, packte Mercedes das komplette Auto samt festsitzendem rechtem Vorderrad in den Transporter, um das Problem in der Fabrik in Brackley in Ruhe genauer inspizieren zu können.
Boxenstopp dauert 44 Stunden
Normalerweise dürfen die Teams keine Pirelli-Reifen mit nach Hause nehmen. In diesem Fall gab es aber keine andere Möglichkeit. Die Fans der Konkurrenz müssen sich jedoch keine Sorge machen. Den Gummi können die Ingenieure nicht zur Analyse in seine Einzelteile zerlegen. Ein "Parc-Fermé"-Sticker an der Seitenwand des Slicks zeigt an, dass hier nicht Hand angelegt werden darf.
Nachdem die Kanten der Mutter in der Werkstatt in Brackley mit einem speziellen Schleifgerät nachgraviert wurden, konnten die Mechaniker das Rad am Dienstag (25.5.) um 9.59 Uhr Ortszeit endlich abnehmen. Damit hatte der Reifenwechsel insgesamt mehr als 44 Stunden gedauert. Dabei dürfte es sich wohl um einen Rekord handeln.
Toto Wolff kündigte an, dass man das Design der Radmutter schnellstmöglich überarbeiten wolle, um eine Wiederholung des Vorfalls zu verhindern. Doch bis zum nächsten Rennen in Baku wird das Upgrade wohl noch nicht verfügbar sein. Die Zeit zur Neuentwicklung und dem Testen einer alternativen Lösung ist einfach zu kurz. Bei einem sicherheitsrelevanten Teil wie der Radmutter darf man sich keinen Schnellschuss erlauben.