Verstappen hängt Mercedes ab
Sieben Jahre verzweifelte die Formel 1 an der Dominanz von Mercedes. Doch jetzt muss der Seriensieger einem Rückstand hinterherlaufen. Max Verstappen setzte sich in der Qualifikation zum GP Bahrain souverän durch. Red Bulls Star hängte die Mercedes um vier Zehntelsekunden ab.
Es hatte sich schon bei den Wintertestfahrten abgezeichnet. Red Bull hat im Duell gegen Mercedes die Überhand gewonnen. Doch keiner wollte den Abonnement-Weltmeister der letzten sieben Jahre zu früh abschreiben und den eigentlichen Herausforderer in die Favoritenrolle heben. Der Mercedes W12 trage noch ein paar Sandsäcke. Und die werde der Titelverteidiger erst in der Qualifikation für den Grand Prix von Bahrain ausladen. Und dann der Konkurrenz mal wieder um die Ohren fahren.
Dass Mercedes tatsächlich blufft, widerlegten eigentlich schon die Fahraufnahmen. Hamilton. itemprop="name" />Lewis Hamilton./span> und Valtteri Bottas haben in ihren Cockpits alle Hände voll zu tun. Ein loses Heck warf sie bei den Testfahrten ein paar Mal aus der Bahn. Dagegen war der Red Bull unter allen Bedingungen schnell. Der RB16B ist ein Auto, das im Vergleich mit dem Mercedes wie auf Schienen fährt. Egal, ob bei Tag oder unter Flutlicht, bei heißen oder kühleren Temperaturen, bei wenig oder viel Wind, mit weichen oder harten Reifen. Red Bull hat Vorteile.
Die Ingenieure haben ganz offenbar ins Schwarze getroffen. Red Bull entwickelte mit Vollgas bis zum Saisonfinale 2020, um schon das alte Auto zu stabilisieren. Weil 60 bis 70 Prozent der Teile sowieso übernommen werden mussten. Mercedes ging den anderen Weg und entwickelte sein Auto lieber im Windkanal. Über den Winter suchten Red Bulls Köpfe um Adrian Newey nicht unbedingt nach noch mehr Abtrieb in der Spitze, sondern nach gleichbleibendem Anpressdruck über die Kurve hinweg. Red Bull wollte und hat ein berechenbares Auto gebaut. In allen Fahrzuständen. Die Fahrer müssen nicht mehr am Limit balancieren, und werden nicht von starken Abtriebsschwankungen überrascht. Umgedrehte Vorzeichen: Mit einer Diva schlägt sich jetzt Mercedes herum.
Red Bull überall ein bisschen schneller
Die Mercedes.Ingenieure kurierten mit Veränderungen an Aero-Balance und Setup zwar einen Teil der Probleme, doch gegen Max Verstappen ist auch am ersten Rennwochenende der Saison nichts auszurichten. Der zehnmalige GP-Sieger setzte sich in allen Trainings durch. Und er distanzierte die Mercedes auch in der Qualifikation. Vier Zehntel zwischen den großen Rivalen sind ein Wort.
Red Bull hat das schnellere Auto in den Kurven. Das zieht sich durch die Runde. Überall gewann Verstappen ein bisschen Zeit auf Hamilton. Insbesondere aber in den Kurven neun und zehn. Die bergab führende Doppellinks ist die schwierigste Kurve auf dem Bahrain International Circuit.
Motorenpartner Honda hat mit einem Kraftakt über den Winter bei der Leistung mindestens gleichgezogen. Sagt Mercedes. Red Bull hält sich noch zurück. Das Team sieht sich auf dem Stand von Mercedes Ende 2020. Eigentlich sollte man annehmen, dass die Titelverteidiger mit einem komplett neuen Motor noch ein paar PS zugelegt hat. Noch sei es zu früh, das Kräfteverhältnis bei den Triebwerken zu beurteilen. "Es spielt auf den Geraden auch der Luftwiderstand eine Rolle. Wir müssen noch ein paar Strecken abwarten", antworten die Red Bull-Ingenieure.
Verstappen lobt Red Bull
"Diese Pole-Position ist der verdiente Lohn", sagte Verstappen nach der vierten Pole im 120. Grand Prix. Dann holte der Niederländer zur Lobesrede auf seine Mannschaft aus. "Wir haben über den Winter sehr hart gearbeitet. Wir haben unsere Schwächen erkannt und sie versucht abzustellen. Das Auto war bei den Testfahrten schnell und ist es auch an diesem Wochenende. Der Wind dreht sich zwar ständig, aber wir finden darauf immer die richtigen Antworten, was nicht einfach ist. Das Auto ist gut ausbalanciert. Honda hat in den letzten Monaten sehr viel in den neuen Motor investiert. Das zahlt sich aus."
Der japanische Sechszylinder hat nicht nur an Leistung zugelegt, sondern baut auch kompakter. Das freut die Aerodynamiker, weil sie die Verkleidung enger ziehen können. Außerdem sitzt der V6-Turbo tiefer. Der gefallene Schwerpunkt macht das Auto wendiger. Bei den Topspeeds lagen Red Bull und Mercedes auf Augenhöhe. Hamilton. itemprop="name" />Lewis Hamilton./span> raste am Ende der Zielgeraden mit 314,2 km/h durch die Lichtschranke. Verstappen war 0,6 km/h langsamer. Beide Autos bewegen sich bei der Höchstgeschwindigkeit im Hinterfeld. Was darauf schließen lässt, dass sowohl Red Bull als auch Mercedes mit mehr Flügel fahren, um die Reifen zu schonen.
Auch bei der Kraftübertragung hat Red Bull nachgebessert. Milton Keynes investierte seine beiden Entwicklungstoken in ein neues Getriebegehäuse. Es ist schlanker, was wiederum die Aerodynamik fördert. Einher geht eine noch extremere Geometrie der Hinterradaufhängung. Keine baut so hoch wie am RB16B. Der Vorteil? Bessere Aerodynamik, mehr Steifigkeit.
Perez mit zu vielen Fehlern
Bis zum Finale wirkte Mercedes wie ein ebenbürtiger Gegner. Verstappen war im ersten Versuch im dritten Quali-Durchgang nur 23 Tausendstel schneller als Hamilton. Dann zündete der Niederländer den Turbo. Verstappen kombinierte drei Sektorbestzeiten zu einer Runde von 1:28.997 Minuten. Was zeigt, wie stimmig das Paket ist. Der RB16B ist sowohl in den Sektoren, in denen Leistung gefragt ist, als auch im kurvigen Teil derzeit der Maßstab.
Der Rivale im W12 schaffte es nicht, drei persönlich schnellste Sektoren in die letzte Runde zu packen. Hamilton schwächelte im Mittelabschnitt. Doch selbst mit seiner Idealzeit wäre er um 0,254 Sekunden zurückgelegen. So waren es am Ende 0,388 Sekunden. Verstappen selbst behielt die Ruhe, nachdem der erste Versuch nicht nach seinem Geschmack gelaufen war.
"Ich spürte in manchen Kurven zu wenig Grip. Deshalb hat es mich ein paar Mal weit getragen. Das hat am Kurvenausgang Traktion gekostet. Es ging zum Schluss einfach um eine saubere Runde. Die ist mir gelungen." Teamchef Christian Horner bilanzierte: "Max hat das Maximum rausgeholt. Unser Auto liegt aktuell sehr gut. Honda hat auch über den Winter viele Überstunden gemacht. Eigentlich war das hier immer eine starke Strecke für Mercedes. Dass wir jetzt hier so gut loslegen, ist ein gutes Zeichen. Die Fans wollen den Kampf zwischen Max und Lewis sehen. Das war schon mal ein guter Start." Jetzt geht es für Red Bull darum, auch im Rennen die Oberhand zu behalten.
Eines hat sich im Vergleich zum Vorjahr nicht geändert. Verstappen ist Einzelkämpfer gegen zwei Mercedes. Das bringt einen Nachteil bei der Taktik. Doch der Red Bull sollte schnell genug sein, um trotzdem vorne zu bleiben. Zumal für den Rennsonntag ein starker Sturm und kühlere Temperaturen vorhergesagt sind. Wir wissen: Der Red Bull ist in allen Verhältnissen stark.
Neu-Teamkollege Sergio Perez scheiterte bereits in Q2. Er versuchte wie Verstappen und die Mercedes, auf den Mediumreifen ins Finale einzuziehen, scheiterte allerdings. Red Bull hätte besser auf Softreifen umgeschwenkt, nachdem Perez der erste Versuch wegen Verlassens der Strecke aberkannt wurde. Dann wäre er sicher ins Q3 gekommen, hätte am Start aber den Nachteil der weichen Reifen gehabt. Für den Start hat er als Elfter immerhin freie Reifen.ahl. Perez fasste sich an die eigene Nase. "Ich war zuversichtlich, auch auf den Mediums ins Q3 zu fahren. Ich habe es einfach nicht hinbekommen. Ich muss mir noch mehr Zeit zugestehen, um besser mit dem Auto klarzukommen." Zwei Fehler waren zu viel.