Seit sechs Jahren unterwegs mit dem Hobby 600

Vor sechs Jahren erwarben Simone und Michael Grothe ihren „Joshi“ , einen Hobby 600. Der Teilintegrierte auf Fiat-Basis fällt vor allem durch seine goldene Farbe und den sportlichen Look inklusive Heckspoiler und Rennstreifen auf.
Als der Hobby 600 vor gut drei Jahrzehnten auf den Markt kam, da wirkte der Teilintegrierte wie von einem anderen Stern. Man darf nicht vergessen: 1984 war der Markt von kantigen Alkovenmobilen beherrscht, mit seinem Metalliclack, den keck gewölbten Wänden und der ungemein dynamischen Dach- und Fensterlinie gelang den Herrschaften aus Fockbek ein starkes Statement auf Rädern.
Das wissen auch Simone und Michael Grothe zu schätzen, die ihren, auf den Namen „Joshi“ getauften 600er vor sechs Jahren erwarben – und das ohne die Absicht, ihn auf Dauer zu behalten. „ Zunächst reisten wir mit einem Wohnwagen, was auch ganz nett war. Allerdings merkten wir im Laufe der Zeit, dass wir vielleicht mit einem Wohnmobil besser fahren würden“, meint Michael. „Wir sind eben gerne unterwegs, viel mehr als drei Tage bleiben wir selten an einem Fleck. Im Wohnwagen kann das stressig werden“, meint der gelernte Steinsetzer.
Ein Hobby 600 in rot sollte es sein
Recht bald hatten sich die beiden auf den Hobby 600 eingeschossen, der wegen seiner farbigen Außengestaltung und der schnittigen Fensterform ein echter Blickfang war und ist. „ Allerdings waren wir uns einig, dass es das rote Design sein musste, unbedingt. Gold? Das ging in unseren Augen gar nicht“, meint Simone schmunzelnd, während sie aus einem der perfekt erhaltenen Acrylfenster blinzelt.
So hatte denn der Kauf ihres 1986ers eher den Charakter eines Testballons, ein Versuch sollte es werden, ob denn ein Wohnmobil wirklich so viel besser zu den beiden passen würde als ein Wohnwagen. Zufällig wurde Michael auf den Camper aufmerksam, der ob seines guten Zustands Eindruck machte: Die drei Vorbesitzer gingen pfleglich mit ihm um, der grandiose Zustand ist Beweis genug.
„Vor allem den Unterboden habe ich mir beim Kauf ganz genau angeschaut“, erklärt Michael, während er des Autors Hand in den hölzernen Radkasten dirigiert: Der eher spärlich aufgetragene Unterbodenschutz wurde schon damals immer wieder beanstandet. Michael pflegt und konserviert darum auch großzügig das Fundament des auf einem Fiat-Fahrgestell basierenden Wagens, der in „ Champagner-Metallic“ prunkt. Ein rundes Dutzend Farben verwendete man für den Hobby der ersten Generation, wobei auch Lacke renommierter Autohersteller zum Einsatz kamen: Ob „ Blauschwarz-Metallic“, „Petrolgrün-Metallic“ oder ein Farbton namens „Rosenholz“: Der Kunde hatte die Wahl.
„Inzwischen haben wir uns an den goldenen Farbton aber nicht nur gewöhnt – wir lieben ihn geradezu“, versichert Simone, während sie ihren Vorderlader, eine „Ranger R.“ poliert: Wie auch Michael ist sie begeisterter Schwarzpulver-Fan. Bereits zum sechsten Mal in Folge sind sie dabei beim „Internationalen Vorderladerschießen“ des Schützenvereins Osterburken, wo wir sie treffen. Hier, im „Bauland“ zwischen Odenwald und Jagsttal, stehen das sportliche Schießen, aber auch die traditionelle Freundschaft unter den Gästen im Mittelpunkt. Waffennärrisches Machogehabe hat keinen Platz – eine ordentliche Prise „Wilder Westen“ hingegen schon. Manches Zelt wird derart charmant gestaltet, man würde glatt Old Shatterhand darin vermuten. Trapper- und Prärieromantik eben, liebevoll gepflegt, und auf dem Holzofen brummt der verbeulte Kaffeekessel, für die Jungs, die bald von den Herden heimkommen.
Das Interieur ist im besten Zustand
Auch Simone und Michael kleiden sich stilecht – die Friedenspfeife muss dennoch draußen bleiben, in Joshi würde sich nicht einmal Lucky Luke eine Selbstgedrehte anstecken. Zu makellos gibt sich das vom hellen Kunstleder dominierte Interieur, zu gepflegt glänzen Küche und Bad. Diesen Hobby könnte man problemlos als „Ersthandauto mit vier Jahren auf dem Buckel“ offerieren – wären da nicht die netten Versatzstücke der 1980er Jahre, als ein Kassettendeck und sechs fest eingebaute Kassettenboxen über der Fahrertür noch der letzte Schrei waren.
Als „Versatzstück“ outet sich indes auch die Einstiegstür in den plüschgemütlichen Wohnbereich: Sie wurde im unteren Bereich erneuert, der leichte Sprung im Zierstreifen offenbart die kritische Stelle, wobei der Alufraß ohnedies ein Problem der 600er ist. „Schwierig wird es auch, braucht man Ersatzteile wie Fenster“, erklärt Michael, während er eines der charakteristischen Dreiecksfenster öffnet. „Wir gehen denn auch schonend mit Joshi um, Fahrten im Winter oder gar Streusalz braucht er nicht zu fürchten.“ Die schmuddelige Jahreszeit verbringt Joshi in einer trockenen Scheune, träumend vom Sommer.
Im Oldie-Tempo auf der Autobahn
Dann aber, dann darf er sich rumtreiben: „Osterburken ist immer gesetzt“, meint Michael grinsend, während er seine markante Kappe aufsetzt. „Aber auch im Allgäu fühlen wir uns wohl, die Ecke hat es uns ganz besonders angetan.“ Fest eingeplant ist zudem ein Trip in die Alpen – trotz der aus heutiger Sicht etwas zurückhaltenden Leistung von 68 PS.
Bei der Vorstellung war das noch eine durchaus passende Motorstärke – inzwischen schaut das anders aus, Tempi im gerade mal so eben dreistelligen Bereich klassifizieren den Hobby 600 definitiv als Oldie: „Wir fahren meist mit Tempo 100, schwimmen also lässig zwischen den Lastern mit“, meint Michael. „Für einen echten Oldie ist das völlig in Ordnung, finde ich.“ Auch der Verbrauch bewegt sich im akzeptablen Rahmen, mehr als zehn Liter gönnt sich der 2,4 Liter messende Ölbrenner nicht. Und wenn es mehr wäre, wäre das auch kein Beinbruch, Joshi addiert im Jahr vielleicht zwei- oder dreitausend Kilometer auf die Uhr, nach der Anreise zum Vorderladerschießen waren es knapp 180.000.
Inzwischen dürften es ein paar mehr sein, denn auch ein Oldie will artgerecht gehalten werden: „Wir genießen das Fahren mit Joshi. Das Design fällt auf, und uns gefällt es. Mit seinen Campingtalenten sind wir völlig einverstanden – und Charakter hat er auch“, meint Michael zum Abschluss, wobei es ihm sichtlich in den Fingern juckt, nun endlich ins Schützenhaus gehen zu können: „ Ich habe mir vor kurzem eine Schützen-Rifle aus Italien gegönnt, die muss ich noch kennenlernen“, meint er. Dann rückt er seine Mütze zurecht, schultert die Ausrüstung – und schließt ihn zu, den Joshi. Und die Mittagssonne glänzt golden auf der gewölbten Flanke ...