Alfa Romeo 145 1.4 TS gegen Audi A3 1.6
In der Kompaktklasse trifft der kleinste Audi auf Konkurrenz von Alfa: Kann das Einstiegsmodell des Alfa 145 mit neuem 1,4-Liter-Twin-Spark-Motor und 103 PS dem Audi A3 mit 101 PS starkem 1,6-Liter-Motor Paroli bieten? Vergleich der Einstiegsmodelle.
Die beiden ersten Autohersteller Europas, zumindest nach der alphabetischen Reihenfolge, erkämpfen gemeinsam neue Nischen im Markt. Audi und Alfa Romeo attackieren in der Golf-Klasse mit rund 100 PS starken Modellen, die zu Preisen um 30 000 Mark in der Liste stehen. Audi stellt mit dem A3 Ambition für 32 900 Mark einen Zweitürer mit luxuriösem Einschlag auf die Räder, der auf der gleichen Bodengruppe aufbaut wie der künftige Golf IV. Der A3 mit 101 PS starkem 1,6 Liter-Motor, der im Prinzip auf dem seit 20 Jahren millionenfach bewährten Zweiventilmotor vom VW-Baumuster 827 basiert, ist zwar rund 5000 Mark teurer als der Alfa 145 in L-Ausstattung, doch bis auf die serienmäßigen Alufelgen nicht besser ausgestattet.
Bei Alfa Romeo kam das mit 27 950 Mark recht preisgünstige Basismodell in zwei Schritten zustande: 1994 erschien der zierliche Alfa 145, mit 4,09 Meter Länge kaum länger als der kompakte Alfasud, aber mit den alten Boxermotoren, deren Leistungsangaben im Prospekt imponierender waren als in der Praxis. Damit soll jetzt schon die sogenannte Baby-Version des Twin Spark- Reihenvierzylinders Schluß machen, die aus nur 1,4 Liter Hubraum 103 PS zaubert. Das gelingt in überraschender Qualität, denn der kurzhubige Alfa-Motor (Bohrung x Hub 82,0 x 64,9 Millimeter) fühlt sich weit erwachsener an, als es der knappe Hubraum glauben macht. Der Sound des 103 PS starken 1,4 Liter-Motors ist sonor, doch von angenehmer Tonart. Die Kraftentfaltung gelingt geschmeidig und bis hinauf in den oberen Drehzahlbereich völlig frei von Vibrationen. Im direkten Vergleich zum 101 PS starken 1,6 Liter-Triebwerk des Audi A3 kann der Alfa gut mithalten. Das etwas höhere Audi. Drehmoment (145 Nm bei 3800/min anstatt 124 Nm bei 4600/min) kompensiert der Alfa durch seine kürzere Übersetzung einerseits und durch sein Talent zu hohen Drehzahlen andererseits.
Zwar beginnt der rote Bereich im Alfa-Drehzahlmesser bei 6500/min, doch der Vierzylinder dreht klaglos noch einmal 500/min höher, bevor der Begrenzer Einhalt gebietet. Die gemessenen Fahrleistungen stellen den Unterschied größer dar, als man ihn im direkten Vergleich erlebt. Die winzige Differenz im Sprint von null auf 100 km/h (Alfa 11,8, Audi 11,2 Sekunden) spielt im Alltagsbetrieb ohnehin keine Rolle. Eher schon die unterschiedliche Elastizität, bei deren Messung der Audi den Alfa um Sekunden abhängen kann (80 bis 120 km/h im fünften Gang 16,0 statt 18,8 Sekunden). Doch auch dieser Unterschied stellt sich im Fahrbetrieb milder dar, als die Meßwerte glauben machen. Auch dann, wenn ohne Herunterschalten aus Tempo 80 hochbeschleunigt wird, fällt der Alfa nur vorübergehend um ein paar Meter zurück. Er holt den Rückstand jedoch nach kurzer Strecke wieder auf.
Allerdings mit Getöse, denn je höher das Tempo, desto defti- ger werden die Windgeräusche im Alfa. Doch auch der Audi ist kein besonders ruhiges Auto. Der Motor, der sich bis etwa Tempo 150 vornehm zurückhält, beginnt ab 5000/min zornig zu brummen, bevor er sich ab etwa 160 km/h zu nervtötender Lautstärke aufschwingt. Die Vorderachse des Audi wurde mit einem aufwendigen Fahrschemel auf gute Isolation getrimmt, weshalb kaum Abrollgeräusche nach innen durchkommen. Der Alfa dagegen macht keinen Hehl aus der Beschaffenheit der Straßenoberfläche, die er gerade unter den Rädern hat: Kurze Rippen und Kanten scheint er besonders wenig zu schätzen, so zackig meldet er sie nach innen weiter. Natürlich ist hierfür auch die Grundabstimmung des Fahrwerks verantwortlich, die im Alfa gesunde Härte in Verbindung mit straffer Dämpfung diktiert. Absolviert er lange Fahrbahnwellen noch ganz manierlich, so federt er auf kurzen Wellen sehr steif und schüttelt sich auf Querfugen, wie sie für betonierte Autobahnen typisch sind, besonders unwillig. Allerdings geht diese betont sportliche Abstimmung einher mit ausgeprägter Handlichkeit, die lebhaft an den Urahn des Alfa 145, den Alfasud, erinnert. Mit knappen Lenkeinschlägen lassen sich Kurvenverläufe ziel- genau passieren, wobei die Lenkung kaum Störeinflüsse der Fahrbahn an den Fahrer weitergibt. Auch bei hoher Kurvengeschwindigkeit liegt der Alfa betont neutral, sogar Lastwechsel lassen ihn unbeeindruckt. Dagegen wirkt der Audi mit seinem untersteuernden Fahrverhalten deutlich unhandlicher, obwohl im Testwagen mit seiner Ambition-Ausstattung das reichlich knochig federnde Sportfahrwerk serienmäßig eingebaut war. Weder lenkt der Audi so willig ein wie der Alfa, noch vermittelt er in Kurven den Eindruck spielerischer Behendigkeit. Am Gewicht kann es nicht liegen, denn der Test- Audi war mit 1171 Kilogramm um 40 Kilo leichter als der Alfa. Das kann sich kaum im Verbrauch niederschlagen. Doch die Prüfstandswerte des ECEZyklus, die dem Alfa etwa einen halben Liter Mehrverbrauch zugestehen, wurden im Test noch deutlich übertroffen. Hier brauchte der Alfa knapp einen Liter mehr als der Audi, natürlich auch deshalb, weil er in seinem Drehvermögen häufig gefordert wird. Während die Bedienung des Audi nur von der leicht hakeligen Schaltung getrübt wird, gibt der Alfa seinem Piloten manch ein Rätsel auf: Der Wischer muß nach kryptischem Schema durch Ziehen und Drehen des Lenkstockhebels bedient werden, die Nebelschlußleuchte brennt oft unfreiwillig, sooft man unbeabsichtigt gegen den kleinen Druckknopf außen am Blinkerhebel gestoßen ist.
Dafür tröstet der Alfa 145 durch die beste Sitzposition, die man jemals in einem frontgetriebenen Alfa hatte. Vergessen ist die Kauerstellung, die lange Fahrer hinter dem allzu flach liegenden Volant einnehmen mußten. Die Sitze bieten eine hohe, doch als angenehm empfundene Sitzposition und guten Seitenhalt gleichermaßen. Der Audi steht dem Alfa schon deshalb in nichts nach, weil in der Ambition-Version tadellose Sportsitze serienmäßig geboten werden. Der Einstieg nach hinten gelingt bei beiden zweitürigen Karosserien dank der weit nach vorne schwenkenden Frontsitze überraschend gut. Auch findet man reichlich Platz auf den Fondsitzen – im Alfa mit seinem um sieben Zentimeter breiteren Innenraum um so verblüffender, als die italienische Kompaktlimousine von außen deutlich zierlicher wirkt als der Audi. Der Vergleich endet mit Vorteil für Audi, trotz der Preisdifferenz zum Alfa. Dessen großer Nachteil, der eingeschränkte Komfort, wird aber einen echten Fan ebensowenig schrecken wie die betont sportliche Charakteristik des drehwilligen Motors.