Audi TT 2.0 TDI Ultra gegen Mercedes SLC 250 d
Minimaler Verbrauch, maximales Prestige und als Bouquet eine feine Note Sportlichkeit. Die Komposition stimmt bei Audi TT Roadster 2.0 TDI und Mercedes SLC 250 d, nur voll entfalten können sie sie nicht – aus sehr unterschiedlichen Gründen.
Qualität ist ja schon ein sehr komplexes Gefüge. Zum Beispiel macht ein Motor allein noch lang kein gutes Auto, andersrum taugt das ganze Auto nichts, wenn der Motor Grütze ist. Sprich: Es geht nicht nur um die Komponenten, sondern um das Paket, um die Art und Weise, wie diese Komponenten zusammenspielen, und vor allem zusammenpassen. Der Star kann also nur die Mannschaft sein, und der Mercedes SLC illustriert das wunderbar – in jedweder Hinsicht.
2,1-Liter-Selbstzünder dem SLC 250 d auf den Leib geschneidert
Als AMG 43 hat er neulich gehörig auf den Deckel bekommen. Zuerst von seinen Mitstreitern und dann auch noch von uns. Und zwar weil er sich hin und her reißen lässt zwischen den zwei Welten, die er als AMG-Sportmodell eigentlich verbinden sollte. Ihn plagt ein Missverhältnis aus Motor und Bewegungsapparat. Ersterer macht ordentlich Betrieb, drückt und drängelt, Letzterer jedoch reagiert überaus pampig auf all den Stress. Kennen Sie das, wenn man kurz vor Dienstschluss noch mit einem Eilantrag ins Behördenbüro platzt? Ungefähr so kam einem das Ganze vor.
Und da kommt jetzt der Mercedes SLC 250 d ins Spiel. Auch er ist weder so richtig Fisch noch Fleisch, aber statt zu versuchen, beides unter einen Hut zu bringen, bleibt er einfach Gemüse und steht dazu. Zugegeben, das liest sich jetzt ziemlich unappetitlich, vor allem für Vollkostler wie unsereins, aber so ist es gar nicht gemeint. Denn der 2,1-Liter-Selbstzünder – ein hausgemachter übrigens, keine Renault-Adoption – ist dem Hecktriebler buchstäblich auf den Leib geschneidert. Mit seiner bulligen Arbeitsweise passt er zur Gesamtauslegung, die trotz Sport- und Fahrdynamik-Paket eher von Souveränität geprägt ist als von Ehrgeiz. Und so entsteht am Ende eine Harmonie zwischen Kraftentfaltung und Handling, die sich letztlich als Charme im Fahrgefühl wiederfinden lässt. So weit die gute Nachricht.
Die schlechte: Leider – aus Sicht des Mercedes – verstehen wir die Qualität stets im sportlichen Kontext. Und das erfordert nicht nur das angesprochene Zusammenspiel der Komponenten, sondern eben auch eine offensive Auslegung desselben, was wiederum mit technischen Möglichkeiten zu tun hat, mit körperlichen Voraussetzungen und – wie sich herausstellen wird – auch mit der Erlaubnis, das Potenzial abzurufen.
2.0 TDI spielt im TT die zweite Geige./strong>
Für den Audi TT gelten grundsätzlich zwar dieselben Bedingungen, nur stellen sie sich ganz anders dar. Zunächst mal ist er ein Roadster wie aus dem Bilderbuch: Handschaltung statt Automatik, Stoffkapuze statt Chapeau klapp, kompakter als der SLC, freizügiger im Offenfahrgefühl, unmittelbarer im Fahrbahnkontakt, straffer abgestimmt und demzufolge auch wesentlich energischer in Umsetzung und Ausübung von Fahrbefehlen. Doch im Gegensatz zum Mercedes, der seinen Motor als eine Art Gleichberechtigten einbindet, spielt der TDI im Audi ganz klar die zweite Geige.
Der Zweiliter-Diesel ist an sich zwar bestimmt kein Luschi, denn er spricht anständig an, drückt kernig durchs Zentrum und dreht sogar einen Tick eifriger als der 250 d. Allerdings liegen die querdynamischen Grenzen des TT von Haus aus derart fern, dass er mit seinen 184 PS und den 380 Nm kaum an sie herankommt.
Bevor wir aber jetzt in die Details einsteigen und aufdröseln, warum das unausgeglichenere Auto in unserem Test am Ende doch um so viel besser ist, müssen wir ein paar grundlegende Dinge zu dieser noch recht jungen und recht speziellen Fahrzeuggattung klären. Die Verbindung aus Roadster und Dieselmotor ist ja nichts anderes als der Versuch der Zusammenführung von Vernunft und Lust – von zwei Attributen also, die sich von vornherein ausschließen.
Wird nix werden, sagt dir deshalb dein Verstand, zumindest nicht ohne dass gravierende Abstriche dabei gemacht werden müssen. Das Bedauerliche: Die Genugtuung über Fünf-Komma-Verbräuche ist nach unserem Dafürhalten tatsächlich nie groß genug, um die Unannehmlichkeiten aufzuwiegen. Ich meine Dinge wie die rappelige Akustik oder die Drehzahlbänder, die sich schon merklich schlaffer anbinden als in den allermeisten Turbobenzinern.
Mercedes SLC 250 d mit mehr Drehmoment als ein M2
Die Frage ist diesmal also nicht, ob man bereit ist, Kompromisse zu schließen, daran führt kein Weg vorbei. Vielmehr geht es darum, mit wem man es tut. Und beim Mercedes SLC 250 d hat es zunächst den Anschein, als wären es die erträglicheren. 500 Nm stehen in seinem Ausweis. Sapperlot, das ist ja mehr Drehmoment, als ein BMW M2 zustande bringt – das wird dem Ding sicher mächtig Beine machen. Nun ja, Schub existiert, überaus stämmiger sogar, aber so fulminant, wie es die Zahl vielleicht suggeriert, wirkt er bei Weitem nicht.
Immerhin lässt sich der 120 Nm schmächtigere Audi einigermaßen abschütteln damit. Im Sprint ebenso wie in der Elastizität, was aber auch damit zusammenhängt, dass der Mercedes seine Kraft mit der neunstufigen Automatik kürzer staffelt als der mit nur sechs Gängen handgeschaltete TT.
Dass das Rennen trotzdem ein recht knappes bleibt, liegt am Gewicht. 1.432 Kilo wiegt der Audi TT Roadster 2.0 TDI im Test, 1.652 der Benz – und dieses Handicap schleift der SLC 250 d natürlich mit. Im Sprint hängt es ihm als Fußfessel an der Hinterachse, im Slalom verbündet es sich mit dem ESP, um gemeinsam gegen die Agilität vorzugehen, und auch auf der Landstraße liegt es einem schon spürbar im Wagen – wobei es auch hier um Verhältnismäßigkeiten geht.
Isoliert betrachtet, ist der Mercedes SLC 250 d sicherlich kein pomadiges Auto, keiner, der wie der viel zitierte Schluck Wasser in Kurven hängt, sondern durchaus bemüht um einen sportlichen Gesamteindruck. Dabei helfen ihm die Tieferlegung oder die adaptiven Dämpfer, die neben ihrem ausgesprochen lieblichen Comfort-Programm auch eine verblüffend rabiate Sportstellung anbieten. Was so gar nicht hilft, ist die Anwesenheit des TT. Er fesselt dich mit seinem Handling derart an die Straße, dass dir das Kurvengeschwinge im SLC danach nur noch wie ein loses Herumgebaumel zwischen den Scheitelpunkten vorkommt.
Das ESP ruiniert den SLC
Und auch die zwei Sekunden, die der Audi TT 2.0 TDI auf dem Kleinen Kurs zwischen sich und den Mercedes SLC 250 d bringt, verharmlosen die fahrdynamischen Unterschiede dramatisch – völlig unabhängig von der Frage, ob man die beiden damit be- oder verurteilen sollte.
Immerhin: Die größte Problematik ist eine grundsätzliche, nämlich die Tatsache, dass die Anforderungen einer Rennstreckenfahrt und die Charakteristik eines Dieselmotors eigentlich zuwiderlaufen. Eine schnelle Runde erfordert das Ausquetschen der Hardware. Heißt: Du bewegst dich stets am Limit des Fahrwerks, der Bremse, aber eben auch am Limit des Motors. Nun drückt ein Selbstzünder aber eher als dass er dreht, sodass man stets an der Seite des Drehzahlbands herumnuckelt, an dem so richtig viel Vortrieb nicht mehr kommt. Oder besser gesagt: nicht so viel, dass der Eindruck von Vortrieb auch entstünde. Allerdings – und damit sind wir beim Punkt – hat eine gemächliche Leistungsentfaltung noch keinen davon abgehalten, in Kurven flott zu sein. Und der Audi untermauert das in beeindruckender Manier.
Ohne zu zögern hechtet er der Linie hinterher, turnt an ihr entlang, zerrt sich engagiert heraus, ehe die folgende Gerade den Performance- Keimling recht schnell und recht endgültig wieder eingehen lässt.
Es gibt ja den berühmten Spruch, in dem mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird. Er hier geht mit Wattebäuschchen auf eine Eliteeinheit der Querdynamik los. Selbst der Kleine Kurs ist noch zu groß für sein Potenzial, die schnelle Runde eine Vollgasorgie und die Herausforderung am Ende weniger das Herausholen des Maximums, sondern das Aufrechterhalten des Bisschens, das rauskommt.
Für den Mercedes gilt genau dasselbe Credo: bloß nicht zu viel bremsen, bloß nicht aufbocken lassen von den Curbs, bloß keine Rutscher, bloß nichts machen, was den kostbaren Vortrieb bremst. Was ist die Konsequenz? Exakt, du nimmst den Schwung mit. So oft, so lange und so weit es irgendwie geht. Im Gegensatz zum Audi jedoch, der sich schön mit Überschuss ins Eck schwirbeln lässt, sieht Mercedes eine derartige Behandlung offenbar nicht vor. Das heißt, eigentlich schließt er sie sogar kategorisch aus – wahrscheinlich aus modellpolitischen Gründen. Beim Einlenken spürt man zwar, dass er das mit der Instabilität schon draufhätte, doch bevor sich so ein Schlenzer gewinnbringend ausbreiten kann, platzen die Sicherheitsbeauftragten aus der Abteilung ESP herein und bereiten dem Spuk ein jähes Ende. Zur Strafe gibt's Untersteuern, und zwar der allerübelsten Sorte.
Duell der verschenkten Möglichkeiten
Überhaupt lässt ihn die Elektronik zu keinem Zeitpunkt aus den Augen. Ihr entgeht nichts, bei jeder Richtungsänderung hat sie ihre Sensoren im Spiel, und je größer die Lenkbewegung, desto panischer greift sie ein. Das Ganze geht so weit, dass die optionale Sportbremse bereits nach anderthalb Runden vor lauter automatischen Eingriffen kocht – und das, obwohl man wegen des zarten Tempos eigentlich kaum bremsen muss.
So ist es am Ende ein wenig das Duell der verschenkten Möglichkeiten. Der TT kann weitaus mehr als sein TDI, der SLC auch darum so wenig, weil er nicht darf. Von Qualität im Sinne unserer eingangs aufgestellten Theorie zeugt beides nicht, erst recht nicht von sportlicher. Dennoch wirkt der Audi stimmiger. Warum? Na ja, weil es für jedes Paket natürlich besser ist, das Drumherum weiter zu fassen als den Inhalt, anstatt es so eng einzuschnüren, dass man das, was drin ist, nicht mehr herauskriegt.