Audi TTS Coupé 2.0 TFSI im Test
Audi ändert die Machtverteilung in der TT-Abteilung. Sportchef ist ab sofort der TTS mit 272 PS starkem Vierzylinder-Turbo und Allradantrieb. Sein Führungsstil: Effizienz und Leistung statt großer Töne.
Im Prinzip geht es darum, ob man auch ohne sechs richtig Spaß haben kann. Logisch, sagt Audi beim neuen TTS und kickt den 3,2-Liter-Sechszylinder, mit 250 PS bisher sportlicher Platzhirsch der TT-Motorengilde, von seiner Topposition. Sport- und Leistungs-Capo ist ab sofort der hubraumschwächere und zwei Zylinder kleinere Zweiliter-Turbo mit 272 PS.
Downsizing im Reich der Sportwagen./strong>
Rein rational gesehen gibt es kaum Einwände. Weniger Zylinder bedeuten weniger Gewicht und geringere Reibung und damit niedrigeren Verbrauch. Die Direkteinspritzung sorgt zudem für effiziente Verbrennung. Das Umweltgewissen wird gepflegt. Gleichzeitig pumpt ein Turbo Drehmoment und Leistung herbei. Willkommen Downsizing im Reich der Sportwagen.
Und ob Sixpack oder nicht, die klassischen Längsdynamik-Messwerte juckt das schließlich wenig. Doch rührt sich auch emotional was? Wird der Stammtisch die Machtübernahme eines Reihen-Vierzylinders goutieren?
Volkes Stimme wird sich noch melden, aber für die Emotionen hat Audi einiges getan. Schon die 200-PS-Ausführung des 2.0 TFSI kratzt mit jugendlichem Schwung und Genügsamkeit am Selbstbewusstsein des betagten V6-Motors, der böser brüllt, als er beißt. Beim Vierzylinder ist es eher umgekehrt.
Um noch 72 PS mehr rauszukitzeln, verpassten die Audi-Ingenieure dem Langhuber ein tiefgreifendes Werksmotor-Tuning. Sie bliesen den Ladedruck auf 1,2 bar hoch und spendierten gleichzeitig noch ein größeres Turbinenrad für mehr Luftdurchsatz – die Basis der Mehrleistung. Bei der spezifischen Leistung schlägt der Direkteinspritzer mit 137 PS pro Liter sogar einen Porsche Turbo. Verstärkungen an den Hauptlagern, Kolbenbolzen und Pleueln verhindern, dass die gewachsene Kraft das Material schnetzelt.
Tempo 100 fällt nach 5,4 Sekunden
Der Power-TT jagt damit davon, als habe ihm einer die Ringe geklaut. Tempo 100 fällt schon nach 5,4 Sekunden, exakt so schnell wie beim Porsche Cayman S. Wer in Zukunft also die mächtigen Lufteinlässe und hell strahlenden Tagfahr-LED im Rückspiegel entdeckt, darf sicher sein, dass der Überholvorgang zügig abgeschlossen ist.
Alles nicht nur eine Frage der schieren Leistung. Denn wenn andere Fahrer noch über die richtige Einkuppeldrehzahl, Schaltpunkte und Schlupf sinnieren, verpasst der TTS-Pilot seinem Lochblech-Pedal einfach einen kräftigen Tritt. Sodann kümmert sich der permanente Allradantrieb um fast schlupffreie Traktion, und das optionale Doppelkupplungsgetriebe tauscht automatisch die Gänge schneller als ein Hütchenspieler die Kugel. Handgeschaltet, sagt Audi, sei man spürbar langsamer. Bei der S-tronic erübrigen sich manuelle Eingriffe ebenfalls. Erstens wählt sie sowieso meist den perfekten Gang, und zweitens sind die Schaltpaddel am Lenkrad zwar hübsch, aber zu klein, um sie im Kurveneifer immer sauber zu treffen. Für Motorenfreaks entscheidender ist die Tatsache, dass der gewachsene Turbo nicht den Biss des Gaspedals lähmt. Es zuckt zwar kein gieriger Sauger, aber die possierliche Druckaufbau-Pause fällt kaum auf. Auch weil die S-tronic im sportlichen S-Modus auf Gasbefehl quasi verzögerungsfrei schaltet. Dabei müsste sie das nicht einmal. Ein von 2.500/ min bis 5.000/min anstehendes 350-Nm-Kraftplateau zieht den TTS saftig und elastisch voran.
Den sexy Ton der besten Sechszylinder trifft er nicht
Selbst darüber zeigt der TFSI keinerlei Motivationsschwächen und dreht engagiert brummend bei 6.800/min in den Begrenzer. Falls Sechszylinder-Fans bis hier noch die Argumente fehlen, können sie jetzt eingrätschen: Den sexy Ton der besten Sechszylinder trifft der Vierzylinder nicht.
Zumindest nicht innen. Außen sorgt der TTS schon für Spektakel. Fröhlich grunzt es beim Gangwechsel aus der vierflutigen Endrohr-Batterie. Ein Hauch von Rennstreckenakustik schallt über den Asphalt. Für die Insassen gibt es immerhin ein tiefes Ploppen. Beim Gleiten verkneift er sich aber artig testosteronschwangeres Kampfgebrüll.
Er ist mal wilder Kerl und mal braver Schwiegersohn. Auch wenn es um Hochoktaniges geht. Zurückhaltend bewegt, schlürft er gerade mal 6,9 Liter pro 100 km. Wer seine Tempogrenzen auslotet, saugt den 60-Liter-Tank dafür in 370 Kilometern leer. Der rechte Fuß kontrolliert extrem den Spritverbrauch.
Im Grenzbereich kein Kampf Mann gegen Auto
Und es fordert ein hohes Maß an Selbstdisziplin, mit dem schärfsten TT nicht zu spielen wie mit einem jungen Hund. Motto: Hol’s Stöckchen in der nächsten Kurve. Es wirkt einfach, leicht und unbeschwert, wie der wilde Bayer ins Kurvendickicht eintaucht und sich von seiner geschwindigkeitsabhängigen elektromechanischen Lenkung präzise führen lässt. Auch wenn sie am Anfang gewöhnungsbedürftig leichtgängig wirkt.
Selbst im Grenzbereich, bei nasser Fahrbahn und in der Sport-ESP-Stellung herrscht kein Kampf Mann gegen Auto wie zum Beispiel bei einem BMW Z4. Der TTS serviert seine hohe Agilität bekömmlich und lange neutral. Er ist nach Messwerten wie Fahrgefühl ein hervorragender Querdynamiker, jedoch im Vergleich zur Porsche-Fraktion kein Überflieger.
Stoisch stemmt sich das serienmäßig mit Magnetic-Ride-Dämpfern ausgestattete Fahrwerk gegen Wanken. Im Gegensatz zu den üblichen adaptiven Dämpfersystemen variieren hier keine Ventile die Durchflussmenge. Die Viskosität der magnetischen Kohlenstoff-Flüssigkeit wird vom Strom geregelt. Eine Magnetisierspule im Dämpfer entscheidet so stufenlos und blitzschnell mit mehr (härter) oder weniger (weicher) Spannung über die Dämpfung. Die wählbare sportlich-straffe Gangart ist übrigens nur etwas für Leute, die es besonders straff lieben. Leichte Schläge aufs Hinterteil gibt es aber auch schon in der Normaleinstellung, weil der TTS zehn Millimeter tiefer kauert als seine braven Brüder und eine steifere Elastokinematik für höhere Präzision trägt. Zähneklappern und Rückenwirbel-Klackern gehören aber nicht zu den Nebenwirkungen.
Allradantrieb hilft dem Coupé bei Schnee./strong>
Ein Saison-Kennzeichen kann man sich auch sparen. Der Allradantrieb hilft mit seiner für die Audi-Quermotoren typischen, über eine Lamellenkupplung geregelten Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse nicht nur fahrdynamisch, sondern trägt den Heißsporn auch sicher über den Schnee. Eine Disziplin, für die Sportcoupés sonst nicht berühmt sind.
Nur eines sollte man nicht machen: den Wirkpunkt für die machtvoll, aber exzellent dosierbar verzögernde 17-Zoll-Bremsanlage zu spät zu legen. Dann erzürnt der Häuptlings-TT kurveneingangs wie alle frontlastigen Konzepte mit Untersteuern. Um sich beim Gaslupfen mit eher freundlich-hilfreichem als bösem Lastwechsel-Eindrehen sofort wieder mit dem Fahrer zu versöhnen. Mutig darf der dann am Kurvenausgang früh auf dem Gas stehen und den mächtigen Zug spüren.
47.050 Euro kostet der alltagstaugliche TTS
47.050 Euro kostet der gelungene und vor allem sehr alltagstaugliche TTS in der Basis. Trotz erheblich besserer Ausstattung sind das über 15.800 Euro weniger als für einen Porsche Cayman S. Dafür gibt es noch bequeme Sportsitze, exzellente Verarbeitung, Bi-Xenon-Licht, Klimaanlage, Dekor-Aluminium und – okay – zwei Zylinder weniger. Aber davon muss sich keiner der TTS-Fans den großen Spaß verderben lassen – im Gegenteil.