Fahrbericht Alfa Romeo Giulietta 1.6 JTDm 16V
Das zweite Facelift der Giulietta soll für mehr Familienähnlichkeit im Hause Alfa Romeo sorgen. Die Zeichen stehen auf "Giulia“. Wir probieren den kleinen Diesel, den es jetzt mit Doppelkupplung gibt.
Es ist wie mit jungen Mädchen, die so aussehen wollen wie Erwachsene und sich entsprechend schminken und kleiden: Giulietta will jetzt also der großen Schwester Giulia ähneln, die im Juni endlich ihre Aufwartung macht. Dafür hat Alfa hauptsächlich der Front der Giulietta einen zarten, kosmetischen Feinschliff verpasst: Das Kühlgitter ist jetzt Hexagon-förmig und die Stoßfänger sind schwarz. Ihr Name steht jetzt nicht mehr in Schreibschrift, sondern in Druckbuchstaben auf dem Heck. Und mit ihren "Smokey Eyes“ dank abgedunkeltem Scheinwerferhintergrund schaut sie einen erwartungsvoll an. Ist ja gut, wir setzen uns ja schon rein.
Drinnen prangt das neue Alfa-Romeo-Logo auf dem Lenkrad, in Silber und ein bisschen "progressiver", wie die Alfa-Vertreter erklären - also scharfkantiger und nüchterner. Wer Gold besser fand, muss sich dann eben die Logos auf den Felgen oder an Front und Heck anschauen, ergänzen die Presseleute.
Ledersitze der Veloce-Giulietta ideal für kleine Menschen
Ansonsten sieht es innen, abgesehen von ein paar Verzierungen in Alu-Optik, recht schnörkellos und schwarz aus. Klassisch eben. Dank Veloce-Paket gibt’s im 1.6 JTDm 16V Sportsitze mit Leder-Alcantara-Bezügen, die einen eleganten Eindruck machen. Während sich die größer gewachsenen Berichterstatter über die unbequeme Sitzposition beschweren, sind die Halbschalen für kleinere Piloten (sagen wir 1,55 m groß) ideal: Die Seitenteile geben Halt und schmiegen sich perfekt an den Körper. Die Höhenverstellbarkeit sorgt für eine gute Übersicht und auch wenn der Sitz weit nach vorn geschoben ist, hat man trotz A-Säule ein freies Blickfeld - ein Merkmal, das nicht bei allen Fahrzeugen selbstverständlich ist. Das zu den Sitzen passende Leder-Lenkrad liegt gut in der Hand. Die Oberfläche bietet den nötigen "Grip", ohne dass man sonderlich fest zupacken muss.
Neu bei der gelifteten Giulietta ist auch das Entertainment. Das System Uconnect LIVE lässt sich jetzt mittels Touchscreen bedienen, der je nach Ausstattungsvariante 5 oder 6,5 Zoll groß ist. Gut: Trotz "Touch" gibt es unterhalb des Bildschirms noch echte Knöpfe, mit denen sich "Radio", "Media", "Navigation", "Phone" und "Apps" schnell anwählen lassen. Auch die haptische "Zurück-Taste" erleichtert die Bedienung um einiges. Schlecht: Die Bedienung des Touchscreens ist noch nicht ausgereift. Längere Navi-Ziele mit dem Tastenfeld eintippen ist mühselig, weil die Rückmeldung langsam, teilweise auch unpräzise ist. Drückt man beispielsweise das "A" einen Moment zu lang, steht schnell "AA" da. Da braucht man entweder ein wenig Geduld oder eine sehr ruhige Hand.
Alfa Romeo Giulietta: Neuer Diesel mit Doppelkupplung
Aber wie fährt er denn jetzt, der kleine 120-PS-Diesel mit Doppelkupplung? Bislang gab’s das Getriebe nur für die 175-PS-Version. Schlüssel umgedreht und schon wummert sie vor sich hin - nicht dunkel, satt oder röhrend, aber auch nicht nagelnd, eher glücklich und hell. Froh darüber, endlich los fahren zu dürfen.
Bei der ersten Ausfahrt beweist die Turbodiesel-Giulietta, dass sie mit ihrem neuen Make-Up zwar erwachsen tun kann, aber dann doch irgendwie verspielt ist: Wir starten im Modus "Normal", da gibt sich Giulietta gediegen, tut ein wenig altklug: Die automatischen Gangwechsel erfolgen sanft, die Übersetzung passt genau, um entspannt das Frankfurter Umland zu erkunden, zu "cruisen", wie man so schön sagt.
Die Lenkung hat zwar etwas Spielraum, eiert aber nicht unangenehm, sondern lässt sich wunderbar dosieren. Auch die Federung funktioniert gut - Giulietta spürt nicht jede kleinste Unebenheit auf, schaukelt einen aber auch nicht in den Schlaf. Allerdings ist die gefühlsmäßige Bremswirkung etwas gewöhnungsbedürftig: So spürt man beim Niederdrücken des Pedals im ersten Drittel nur eine geringfügige Bremsleistung, während die Kraft in den letzten beiden Dritteln plötzlich stark ansteigt. Irgendwie wirkt das ungleichmäßig im Vergleich zu anderen Autos. Die Frage "Na, heut schon genickt?" dient zum Überspielen des etwas ruckeligen ersten Bremsvorganges - ist aber wahrscheinlich auch Gewöhnungssache.
Alfa Romeo Giulietta: "Dynamic"- Mode strafft Lenkung und steigert Fahrspaß
Also gut, das Erwachsensein nehmen wir der Giulietta schon mal ab. Positionieren wir den "D.N.A."- Schalter jetzt mal auf "Dynamic" um und schauen, wie sich das auf die Giulietta-Genetik auswirkt: Aha: Schon schwingt die Nadel des Drehzahlmessers weiter aus, was man aber lediglich an den kleinen Aufheulern des Diesels erkennt. Die Anzeigeinstrumente spiegeln bei Sonnenschein nämlich ziemlich heftig, was das Ablesen des Tachos erschwert, manchmal sogar unmöglich macht.
Bleiben wir aber bei den sportlichen Gesichtspunkten: Die Lenkung ist nicht mehr "cruisig", sondern deutlich straffer, was die Giulietta auch bei 180 km/h problemlos in der Spur hält. Übrigens ist sie auch gut gedämmt - kein nerviges Zischen oder auffällige Windgeräusche in den höheren Geschwindigkeits-Sphären.
Kleines Manko: Obwohl die Traktionskontrolle im Sportmodus mehr Schlupf zulässt, ist der Kick-Down aus dem Stand etwas enttäuschend. In den unteren Gängen will sie nicht so recht aus dem Quark kommen. Dafür mag Giulietta Kurven: In beiden Fahrmodi nimmt sie zwar sicher, im "Dynamic" wirkt sie aber enthusiastischer - so macht es einfach mehr Spaß.
Schaltwippen sind ein ideales Spielzeug in der Giulietta
Richtig spritzig wird es, wenn man die Gänge des sequenziellen Getriebes manuell wechselt: Das geht entweder, indem man den Schaltknüppel vor- und zurückstupst, was eher langweilig ist, oder, indem man sich mit den serienmäßigen Schaltwippen durchflippert - ein erfrischender Spaß. So ist es dann dem Fahrer überlassen, den richtigen Moment für den Shift abzupassen - Giulietta spielt das Spielchen euphorisch mit.
Die Kombination aus TCT-Dopplungsgetriebe und 1,6-Liter-Turbodiesel funktioniert in der neuen Giulietta trotz kleiner Schwächen also insgesamt "molto bene". Auf jeden Fall ist sie eine gute Ergänzung zum bislang bestehenden Angebot. Ihre Mitspieler Audi A3, Ford Focus und Seat León bieten zwar auch Diesel-Doppelkuppler mit ähnlichen Motorisierungen. Wer aber dem italienischen Alfa-Charme verfallen ist, der investiert zirka 3.000 Euro für das Doppelkupplungsgetriebe und wird mit der Kleinen viel Spaß haben. Ledersitze, sportliche Zierleisten und weitere optische Aufwertungen gibt es dann noch im Veloce-Paket, das je nach Variante zwischen 1.990 und 3.790 Euro kostet - Geschmackssache.
Alfa Romeo Giulietta Veloce als höchste Ausstattungsvariante
Bei einem etwas größeren Geldbeutel ist dann eher die Benziner-Variante "Veloce" empfehlenswert, die mit 1,8 Litern und 240 PS dasteht - bei ihr sind rote Zierleisten, Brembo-Bremsen, Sportauspuff und Armaturen im Carbon-Look mit inbegriffen. Das wäre dann die heißeste neue Giulietta, die Alfa derzeit zu bieten hat. Da geht es dann aber auch erst ab 32.990 Euro los.
Nein, die Quadrifoglio-Verde-Version haben wir nicht vergessen. Die gibt’s nämlich jetzt nicht mehr - noch so eine Neuerung. Die QV-Version bleibt von nun an nämlich exklusiv der großen Schwester Giulia vorbehalten.
Autorin: Natalie Diedrichs