Fahrbericht Honda Legend 3.5i V6

Honda gibt nicht auf. Die neueste Ausführung des Topmodells Legend soll in der Oberklasse erfolgreicher sein als ihre Vorgänger. Einen Beitrag dazu liefern die größere Karosserie, die bessere Qualität sowie ein durchzugsstärkerer Sechszylindermotor.
Hondas Eroberungsfeldzug in der Oberklasse, der mit der nunmehr dritten Auflage des Sechszylindermodells Legend in eine neue Phase tritt, wird selbst von den Marketingfachleuten der Firma mit einer angemessenen Portion Bescheidenheit gesehen. Vom neuen Legend, so hofft der Importeur im hessischen Offenbach, könnten im laufenden Jahr noch gut 300 Exemplare an deutsche Kunden gebracht werden, eine lächerliche Stückzahl, wenn man bedenkt, was die Platzhalter des anspruchsvollen Marktsegments, Audi, BMW und Mercedes, zuwege bringen. Aber immerhin: Der Vorgänger-Legend tauchte zuletzt in der Zulassungsstatistik nur noch unter der frustrierenden Rubrik „ Sonstige“ auf.
Auch der Neue wird es nicht leicht haben, denn Honda hat ihn in einer Preisklasse positioniert, in der ausländische Hersteller, und nicht nur japanische, traditionell wenig Chancen haben bei der bundesdeutschen Kundschaft. Das Honda-Flaggschiff kostet 89 000 Mark, ein Betrag mithin, zu dem es auch eine durchaus wohlausgestattete E-Klasse von Mercedes, einen A8 von Audi oder sogar einen Siebener von BMW gibt. Immerhin: Nur noch ein CD-Wechsler steht beim Legend auf der Optionsliste, ansonsten ist alles drin in der in Länge (drei Zentimeter) und Höhe (zwei Zentimeter) gewachsenen Karosserie: elektrische Sitzverstellung, Lederpolsterung, Schiebedach, Radio und Klimaautomatik, um nur einige Details zu nennen. Zwei Airbags und Gurtstraffer sind ohnehin selbstverständlich.
Ein ordentliches, wenn auch gemessen an der Länge von 4,98 Metern nicht für perfekte Raumausnutzung sprechendes Platzangebot darf der Kunde erwarten, einen ebenfalls nicht überdurchschnittlich großen Kofferraum (450 Liter) sowie eine laut Honda deutlich gesteigerte Produktqualität, die sich vor allem durch eine um 40 % gesteigerte Verwindungssteifigkeit der Karosse bemerkbar machen soll.
Das Interieur geriet mit bequemen Sitzen, sehr gut ablesbaren Instrumenten und übersichtlicher Bedienung funktionell, aber vergleichsweise nüchtern, weil Honda mit dem beliebten Werkstoff Holz sehr sparsam umgegangen ist. Weiterentwickelt wurde der Vierventil-V6-Motor. Eine Kurbelwelle mit verlängertem Hub brachte sein Volumen von 3,2 auf 3,5 Liter. Das ließ die Leistung (205 PS) unangetastet, sorgt aber für besseren Drehmomentverlauf. Der Maximalwert von 297 Nm wird nun bei 2800/min erreicht – bisher waren es 293 Nm bei 4400/min. Eine Ausgleichswelle soll die Laufkultur verbessern.
Honda ist sogar so kühn, von einem der „kultiviertesten Motoren überhaupt“ zu sprechen, eine schlichte Übertreibung, denn im oberen Drehzahlbereich ist das Brummen des V6 nicht mehr zu überhören. Mit der serienmäßigen Viergangautomatik ergibt sich trotzdem eine komfortbetonte, allerdings für 3,5 Liter Hubraum nur mäßig temperamentvolle Antriebseinheit.
Die Automatik selbst ist von weitgehend konventioneller Bauart. Sie erkennt zwar, ob sich der Honda auf der Ebene, am Berg oder im Gefälle fortbewegt und vermeidet dadurch unnötige Schaltvorgänge, aber sie ist nicht wie die neuesten Automatikentwicklungen in der Lage, sich dem Temperament des Fahrers anzupassen. Ein Nachteil muß das nicht sein: Im normalen Fahrbetrieb erledigt sie ihre Aufgabe gut und unauffällig, wenn auch mit bisweilen etwas trägen Reaktionen. Dem hohen Komfortanspruch des Legend wird das mit Doppelquerlenkern vorn und hinten nach gewohnter Honda-Manier konstruierte Fahrwerk nicht ganz gerecht. Das Schluckvermögen auf Querfugen und kurzen Unebenheiten erreicht nicht das angestrebte Oberklasse-Niveau.
Aber der Honda fährt sich leicht und handlich, mit einem gut berechenbaren Kurvenverhalten, das von dem für einen Fronttriebler typischen Untersteuern gekennzeichnet ist. Ein gutes Auto also, aber wahrlich keine Überraschung. Honda, im März erstmals erfolgreichste Japan-Marke in Deutschland, wird das Geschäft weiterhin mit kleinen Autos machen müssen.