Ford Capri 1700 GT und Opel GT 1900 Vergleichstest
Ford Capri und Opel GT sind viel mehr als raffiniert gestylte Coupés. Sie leben den Zeitgeist der 70er, ein unbeschwertes Lebensgefühl zwischen Pop-Art und Flower-Power. Sie sind wie ein Sommer, der nie enden will. Wir haben beide im Vergleichstest.
Die Augen leuchten so hell wie der maisgelbe Lack in der Sonne. Freudig fixieren sie das flache, lang gestreckte Coupé auf den schmalen, kurvigen Kreisstraßen zwischen Weinreben und Apfelbäumen. Das satte Gelb des Wagens wischt übermütig am spätsommerlichen Grün der Obstgärten vorbei. Die flimmernde Hitze täuscht italienische Linien vor. Nein, ein Alfa ist es nicht, und auch ein Fiat hört sich anders an. Es liegt kein Röhren beim Gangwechsel in der Luft. Es klingt auch nicht nach einem hochdrehenden Nockenwellen – paar an diesem wolkenlosen Augusttag.
Italienisch ist nur der Name und vielleicht noch die fließende Kontur seiner Fastback-Silhouette. Der Capri, ein schlanker 1700 GT, ohne V6-Motorhaubenhutze und mit betörend schönen Rostyle-Rädern, kommt langsam näher und biegt in eine schmale Serpentine ein, an deren Fuß eine Haltebucht liegt. Sein unverwechselbar klingender V4-Motor, der mit schaltfauler Zufriedenheit und nur leicht erhöhter Leerlaufdrehzahl vorbeibrutzelt, weckt Erinnerungen an die 17M der Väter und Onkel.
Ford Capri für 7.000 D-Mark
Einen Ford Capri fuhr längst nicht jeder, obwohl damals populär und kaum 7.000 Mark teuer, war er ein Auto für aktive Twens, nicht für das Bürgertum. Freizeit und Freiheit waren die Botschaft dieses so enorm lebensgierigen Zweipluszwei, der selbst an einem verhangenen Novembertag wirken würde, als wolle man mit ihm morgen zu zweit an die Amalfiküste fahren.
Der Capri hat eine sinnliche Form mit langer Haube und sanftem Fastback, das in ein wohlakzentuiertes Stummelheck mündet. Er ist eines der wenigen Autos, das man mit den Händen formt, wenn man von ihm spricht. Stilistisch ist der Capri herausragend, lange war ihm sein prekäres Image für diese Erkenntnis im Weg. Als Ford galt er wenig, weckte niedere Instinkte, die man mit „breit, tief und grell“ umschreiben könnte.
Er war ein unschuldiges Tuning-Opfer, genauso wie der Opel GT, mit dem er sich an der Haltebucht vor der Serpentine verabredet hat. Viel mehr als der Manta ist der GT das Pendant zum Capri, weil beides StilIkonen der späten 60er sind, weil beide das spießbürgerliche Image ihrer Marken veränderten. Opel verlor die Hosenträger und Ford die Lurex-Fäden in den Polstern. Capri und GT spiegeln den Zeitgeist von Aufbruch und Befreiung wider, Autos mit Bikinifigur und Sex-Appeal, provokant, aber nicht verrucht, weil ihre bodenständige Technik Treue und Verlässlichkeit predigt.
Kompromisslose Freiheit im Opel GT 1900
Der ziegelrote Opel GT 1900 gibt sich dabei weit extremer als der Capri, seine grandiose Form ist gelebte, radikale Aerodynamik mit Schlafaugen, schmaler Stirnfläche, keilförmigem Profil und eingezogenem Abrissheck. Der GT schafft mit 90 PS eine Spitze von 185. Um da mitzuhalten, muss der Capri schon den 2,3-Liter-V6-SHC-Motor mit 125 PS bemühen. Der Opel bildet eben einen perfekten Strömungskörper wie ein Haifisch.
Die Urstudie, aus der sein Vorgänger ExperimentalGT und seine große Schwester Corvette hervorgingen, war der 65er Mako Shark II von GM-Stardesigner Larry Shinoda. Opel-Stylist Erhard Schnell hat den Mako ins Deutsche übersetzt, ihn miniaturisiert und asketisch werden lassen. Außen kaum Zierrat, das Cockpit in funktionelles Mattschwarz getaucht. Als technische Basis diente der 68er Opel Kadett B, schon mit Schraubenfedern an der Hinterhand.
Der Ford Capri dagegen hat seine Wurzeln nicht in den USA, sondern in England. Seine Biografie beginnt 1964 als Projekt „Colt“ und mit dem Codenamen „GB-X“. Die Basis heißt Ford Cortina, der Radstand von 2.559 mm verrät dies ebenso wie das simple Fahrwerk mit McPherson-Federbeinen vorn und blattgefederter Starrachse hinten. Der kleine Capri-Bruder Escort entstand parallel nach gleichem Muster.
In Deutschland bekam der Capri die bewährten, etwas knurrigen V4-Motoren in der Staffelung 1300, 1500 und 1700. Unser maisgelber 1700 GT gibt sich mit zusätzlichem XL-Paket als Reisewagen von luxuriöser Eleganz. Üppig instrumentiert, mit hinterer Einzelsitzausformung und hübsch furnierter Mittelkonsole verfeinert, umgarnt er seinen Fahrer geradezu verführerisch.
Der lässt sich nicht zweimal bitten, findet schnell eine entspannte Sitzposition, fährt los, wechselt spielend die Gänge bei 3.000/min, freut sich über Elastizität und Temperament des gemütlichen V4 und freut sich an dieser ungeheuren Leichtigkeit des Seins, die der Capri vermittelt. Das liegt auch an der Technik, die simpel ist, aber nicht derb, DOHC-Neid kommt nicht auf.
Ford Capri zum cruisen, Opel GT für sportliches Fahren
Anders als der Tiefflieger-Sportwagen Opel GT, bei dem man das Gefühl hat, in einer engen Kanzel knapp über der Straße zu sitzen, gibt der Capri einem das Gefühl lässigen Cruisens. Entspannt räkelt man sich im karierten Polster hinter dem dünnen Lenkrad und freut sich am üppigen Raumangebot des behaglich eingerichteten Coupés. Ihm würde man allenfalls noch den geschmeidigen 2,3-Liter-V6 mit 108 PS wünschen. Weniger der Leistung zuliebe als vielmehr wegen des herrlichen Klangs des so melodisch intonierenden Sechsers.
Der Opel GT 1900 zeigt fahrerisch weit weniger Kompromisse, keine Spur von einem domestizierten Boulevard-Coupé, sondern ein Sportgerät mit einem hinreichend potenten Vierzylinder aus dem Rekord. Um den Capri fährt der GT Kreise, sein Fahrwerk ist viel besser abgestimmt und dabei noch härter, die Lenkung direkter, seine Gewichtsverteilung ist optimal. Nur der näselnde Klang des Rekord-Triebwerks, das bei 5.000/ min genau so zumacht wie der Ford-V4, will nicht zur Rasse des Autos passen. Doch weit mehr als die Technik bestimmen Form, Farbe und Lebensgefühl die Identität von Capri und GT. Noch bevor du einsteigst, hast du Schmetterlinge im Bauch.