Mercedes Sprinter 4x4 Fahrtest
Fahrtest der eisigen Art: Um zu testen was der neue Allrad-Sprinter kann, haben wir ihn auf über 2500 Meter das verschneite und eigentlich schon gesperrte Timmelsjoch hochgescheucht.
- Technik
- Aufbau
- Fahrkomfort
- Fazit
Die Ausbauer von Kastenwagen auf Basis des Mercedes Sprinter haben sehnlichst auf ihn gewartet. Jetzt steht die Allradversion endlich in den Startlöchern. Die 4x4-Variante macht bei vielen Campingbus-Herstellen deutlich über 50 Prozent Anteile der Bestellungen aus – Grund genug für einen Fahrtest der besonderen Art in den Alpen.
Mit dem Allrad-Sprinter über Schnee und Eis
Anfänglich erscheint es nicht als gute Idee, mit dem Allrad-Sprinter übers eigentlich schon gesperrte Timmelsjoch zu fahren, denn der Wettergott möchte das mit Neuschnee und Sichtweiten unter 50 Metern verhindern. Das schmale freigefräste befahrbare Band inmitten der Schneewände ist kaum zu erkennen und die Kurven kommen wie aus dem Nichts. Aber schon jetzt zeigt sich der Sprinter davon unbeeindruckt.
Unter dem Neuschnee liegen blankes Eis und Spurrillen, die das Fahrzeug in Richtung Graben umleiten wollen. Der zuschaltbare Allradantrieb, der die Antriebskraft fest im Verhältnis 35 Prozent nach vorne und 65 Prozent nach hinten verteilt, zieht den großen Kasten jedoch stoisch bergauf. Man muss natürlich die Grundregeln des Fahrens auf Schnee und Eis verinnerlichen: Möglichst konstant fahren, sanft lenken und bremsen und vor allen Dingen immer dahin schauen, wohin man fahren möchte. Dann fast man Vertrauen in das Können des Sprinters und die schwitzigen Hände trocknen schnell.
Wie viel Power steckt in dem Kastenwagen?
Jetzt hat auch der Wettergott erbarmen und es reißt auf. Schnee, Sonne, Bergpanorama, was will man mehr? Auf einer längeren Geraden wird es Zeit dem 190-PS-Sechszylindermotor mal zu fordern. Also Kickdown bei Tempo 30, die 7-G-Tronic-Automatik schaltet runter und der Koloss beschleunigt willig.
Kurz verfällt man dem Gedanken, dass es ja gar nicht rutschig ist in diesem Eiskanal. Verantwortlich hierfür ist unter anderem die elektronische Traktionsregelung 4ETS. Das System bremst durchdrehende Räder mit kurzen Impulsen ab und gibt gleichzeitig mehr Antriebsmoment auf die Räder mit mehr Traktion ab. Als Fahrer bemerkt man davon so gut wie gar nichts, außer der Blick geht auf das blickende ESP-Symbol im Cockpit.
Der Drei-Liter-Sechszylinder des 319 CDI Testwagens hat so wenig Mühe den 3,5-Tonner mit seinen maximal 440 Newtonmetern auf Trab zu bringen. Das Gefühl der guten Traktion ist aber auch trügerisch, wie ein beherzter Tritt auf die Bremse schnell zeigt. Sofort geht das ABS in den Regelbereich. Also rasch zurück in den Winterfahrmodus. Ruhig und gleichmäßig den Berg rauf bis zur Passhöhe auf über 2500 Metern Höhe.
Aufbau des 4x4-Sprinters
Ein kurzer Stopp bei Minus 5 Grad lässt Zeit für einen Blick auf den Allradkraxler. Hochbeinig steht er da, wie auch schon sein Vorgänger. An der Vorderachse überragt er seinen Hinterradantriebskollegen um 15,5 Zentimeter, an der Hinterachse um 13,5 Zentimeter. Ein Großteil des Höhenzuwachses kommt der Bodenfreiheit zu Gute. Somit kann sich der 4x4 auch in unwegsame Gefilde wagen.
Eine optionale Untersetzung erhöht die Geländetauglichkeit zusätzlich. Ein weiterer Vorteil dieser Höherlegung ist der größere Böschungswinkel. Beim 3,5-Tonner mit kurzem Überhang hinten steigt der Winkel am Heck von 17 Grad auf 25 im Vergleich zur Heckantriebsvariante. Vorne liegt der Böschungswinkel mit 26 Grad im Vergleich zu 16 Grad ebenfalls viel höher. Der beim Überfahren von Kuppen wichtige Rampenwinkel liegt beim 4x4 mit Standard-Radstand bei 23 Grad anstelle von 14 beim Hecktriebler.
Die Steigfähigkeit liegt beim Allradmodell je nach Motorisierung um bis zu 20 Prozent über den konventionell angetriebenen Modellen. Viele Vorteile für den Einsatz auf Schnee und Eis und im unwegsamen Gelände, aber es gibt natürlich auch Nachteile. Zum Beispiel sinkt die Nutzlast um 140 Kilogramm im Vergleich zu den anderen Antrieben. Das könnte für einen Wohnmobilausbau als 3,5 Tonner schon eng werden. Das Ladevolumen bleibt identisch und so können die Ausbauer ihre Grundrisse sowohl in 4x4, wie auch in Hinterradantriebssprinter übernehmen.
Wie viel Fahrkomfort bringt er mit?
Auf der Fahrt das Timmelsjoch hinab bleibt noch Zeit für die Komfortbewertung. Und hier unterscheidet sich der 4x4-Sprinter nicht von seinen konventionellen Brüdern. Das Fahrwerk zeigt sich Bandscheiben-freundlich und die Lenkung leichtgängig und präzise. Auch die Sicherheitsausstattung unterscheidet sich nicht im Vergleich zu den anderen Varianten.
Der 4x4 ist in drei Motorvarianten bestellbar. Zwei Vierzylinderdiesel mit 143 und 163 PS sowie ein Sechszylinder mit 190 PS stehen zur Wahl. Bleibt noch der Preis. Der Kastenwagen mit Standardradstand und 143 PS liegt bei rund 55.000 Euro, das Fahrgestell beginnt bei rund 52.000 Euro. Der Aufpreis für das Allradmodell beträgt, wie schon beim Vorgänger, rund 11.000 Euro.