Mini Coupé John Cooper Works im Test
Das ausgefallene Dach des Mini Coupé lässt nichts Gutes für die Innenraum-Ergonomie erahnen. Doch der Verzicht auf die Rückbank schafft Platz für einen richtigen Kofferraum. Test des neuen Zweisitzers.
Ihre Zweifel begannen irgendwann mal zwischen der zwölften bunten Spiegelkappe und den ersten Countryman-Skizzen? Inzwischen halten Sie den Mini-Kult für so abgedreht, dass Sie auch ein knapp 50.000 Euro teures Sondermodell „Mini Coupé Inspired of Goodwood“ mit Rolls-Royce-Leder nicht mehr überraschen kann?
Alles Geschmacksache, denn Mini gelang das, wovon alle Hersteller träumen: den Käufer vom nüchtern-abwägenden Konsumenten zum aktiven Jünger zu bekehren. In der Elektronik-Branche klappt das mitunter noch besser, da campieren Gefolgsleute vor Geschäften, um beim Verkauf neuer iPhones am nächsten Morgen zu den ersten Auserwählten zu gehören.
Richtiger Kofferraum statt Rückbank im Mini Coupé
Schlafsack-Lager vor Mini-Autohäusern wurden zwar noch keine gesichtet, mit durchschnittlich 3.000 Euro steckt jedoch kein anderer Kleinwagenkäufer so fröhlich so viel Geld in Extras. Jetzt also ein Mini Coupé, bei dem sich die Briten den Verzicht auf Rückbank und Rundumsicht mit 1.650 Euro Aufpreis honorieren lassen.
Andererseits: Wie oft haben Sie bisher an der Ampel einen vollbesetzten Mini gesehen? Eben. Da die hintere Alibi-Bank ohnehin meist als Ablage genutzt wird, ist es nur konsequent, sie gleich ganz gegen einen ernstzunehmenden Kofferraum einzutauschen. Der übertrifft mit 280 Litern sogar das Standardvolumen der Langversion Mini Clubman. Durch die große und weit vorn angeschlagene Heckklappe des Mini Coupé lässt sich das Gepäckabteil darüber hinaus problemlos beladen und zum Verstauen längerer Gegenstände wie Skier mit einer Durchlade erweitern.
Trotz des um 23 Millimeter tiefer gelegten Dachs des Mini Coupé und der 13 Grad flacheren Windschutzscheibe haben Fahrer und Beifahrer ähnlich viel Platz wie im normalen Mini. Zwei ovale Vertiefungen im Dachhimmel sorgen selbst bei großgewachsenen Insassen für ausreichend Kopffreiheit.
Materialanmutung entspricht nicht 39.000 Euro
Auch die Materialanmutung entspricht der seiner viersitzigen Geschwister. Mag der hohe Hartplastikanteil an Armaturenbrett und Türverkleidungen bei einem Mini One für 16.000 Euro noch in Ordnung gehen – beim fast 39.000 Euro teuren Testwagen Mini Coupé John Cooper Works wirkt er aber ebenso befremdlich wie die wabbelige Hutablage in Dacia-Qualität.
Noch schwerer wiegt jedoch die schlechte Sicht zur Seite und nach hinten. So verwandelt die Dachkupierung einen der übersichtlichsten Kleinwagen mit vorbildlich schmalen C-Säulen in eine dunkle Höhle, die beim Spurwechsel nach besonders gewissenhaften Schulterblicken verlangt. Bei höherem Tempo wird der hintere Sehschlitz des Mini Coupé abermals schmaler, da sich ab 80 km/h ein üppiger Heckspoiler ins Bild schiebt.
Immerhin revanchiert sich der Flügel mit bis zu 40 Kilogramm zusätzlichem Abtrieb, weshalb sich das Heck des Mini Coupé auch in zügig genommenen Autobahnkurven nicht leicht oder gar schwammig anfühlt. Und das, obwohl 63 Prozent der 1.194 Kilo auf die Vorderachse drücken. Dass für höheres Autobahntempo kein langer Anlauf nötig ist, dafür sorgt der John Cooper Works-Motor, der mit modifiziertem Turbolader (1,3 statt 0,9 bar Ladedruck) sowie durchsatzfreudigerem Ansaug- und Abgastrakt 27 PS stärker ausfällt als die Ausgangsbasis im Mini Cooper S.
Mini Coupé stürzt sich kompromisslos in Kurven
Auch wenn er in der Beschleunigung die Werksangaben knapp verfehlt, sieht die oft nur schwer abzuschüttelnde Turbodiesel-Fraktion um 140 PS kein Land gegen den drehfreudigen 1,6-Liter-Direkteinspritzer. Noch mehr glänzt das Mini Coupé John Cooper Works jedoch auf Landstraßen, wo es sich so kompromisslos auf Kurven stürzt wie Wayne Rooney in Zweikämpfe.
Obwohl die Grundkonstruktion seines aufwendigen Fahrwerkes mit Alu-Lenkern vorn und Multilenker-Hinterachse der des Hatchbacks entspricht, lenkt das Mini Coupé abermals zackiger ein und wedelt nochmals einen Hauch leichtfüßiger durch Pylonengassen und Spitzkehren – dem tieferen Schwerpunkt sei Dank. Zudem kommt es in den Genuss der zusätzlichen Versteifungen des 2012 erscheinenden Mini Roadster, mit dem sich das Coupé einen Großteil des Blechskeletts teilt.
Mit seiner direkten Lenkung und beeindruckender Neutralität nimmt das Mini Coupé nicht nur unter den Fronttrieblern eine Sonderstellung ein. Wer sich für die kompromissloseste Art des Mini-Fahrens entscheidet, wird sich daher nicht über den hohen Geräuschpegel und die permanenten, bis in die Lenkung durchklopfenden Stöße beschweren, die für mäßigen Langstreckenkomfort sorgen. Schon eher wird er sich über die standfesten Bremsen freuen: Selbst nach dem zehnten Stopp steht das Mini Coupé in gut 36 Metern aus Tempo 100.
Durchschnittsverbrauch ist Spielverderber
Weniger rosig hingegen der Verbrauch: Da sich seine Piloten gern von der feurigen Art des Mini Coupé John Cooper Works mitreißen lassen, zerstäuben die Einspritzdüsen im Testschnitt 10,1 Liter Superbenzin auf 100 Kilometer. Um unter sieben Litern zu bleiben, bedarf es schon großer Disziplin und eines leichten Gasfußes. Kein Ruhmesblatt für das Leichtgewicht mit geringer Stirnfläche und auch der Grund, warum es für die Kanonenkugel nur zu drei Sternen im Test reicht.
Umso unverständlicher, dass Mini gerade seinem Top-Motor das bei schwächeren Varianten obligatorische Start-Stopp-System vorenthält. Verbrauchssensiblen Coupé-Fans bleibt immerhin der Griff zum Mini Cooper SD mit wuchtigem Zweiliter-Diesel und 143 PS, der einen fast drei Liter geringeren NEFZ-Konsum vorweisen kann. Dass er zudem rund 5.000 Euro günstiger kommt, wird den echten Marken-Jünger gleich zu weiteren Investitionen inspirieren: Ist nicht der neue Dach-Tattoo-Katalog schon erschienen? Zu viel Vernunft muss ja dann wirklich nicht sein.