So fährt der Elektro-Crossover und Leaf-Bruder

Seit vier Jahren obliegt es dem Leaf der zweiten Generation Freunde der E-Mobilität zu Nissan zu locken. Mit der schon 2019 erstmals in Tokyo vorgestellten ersten Ariya-Variante erhält er nun Verstärkung.
Optisch kaum verändert, kommt das E-Auto nun auch in Europa an und soll all jene glücklich machen, die die bewährte Leaf-Technik schätzen, aber einen modischen Crossover suchen. Markant geformt, 4,59 Meter lang und 1,66 Meter hoch, zielt er so direkt auf Konkurrenten wie den VW ID.5, Kia EV6, Mercedes EQB oder Audi Q4 E-Tron. An Kraft und Batteriezellen mangelt es dem großen Bruder des Renault Mégane E-Tech jedenfalls nicht. Zur Wahl stehen zwei Akku-Pakete (63 kWh oder 87 kWh), zwei Varianten mit E-Motor vorne (160 kW und 178 kW) sowie zwei mächtige Allrad-Versionen (e-4ORCE) mit 225 kW oder 290 kW; wobei nur der 160-kW-Ariya den kleinen Akku erhält.
Für ein erstes Kennenlernen trafen wir genau diese Basisvariante auf einer topfebenen Rennstrecke nahe Madrid. Federungskomfort? Können wir hier und heute nichts weiter vermelden. Klar ist aber, dass keine adaptiven Dämpfer zu haben sind und in den Radhäusern 19 Zoll große Räder rotieren. 20 Zöller gibt’s gegen Aufpreis. Sicher ist aber auch, dass zumindest das Basismodell keine größeren sportlichen Ambitionen hegt. Mit 1,95 Tonnen vergleichsweise leicht, sprintet der Fronttriebler zwar in 7,5 Sekunden auf 100 km/h. Die unaufgeregte und indirekte Lenkung ermutigt aber nicht weiter zur Kurvenhatz. Einmal doch forscher ums Eck getrieben, schiebt der Crossover früh über die Vorderachse und sucht aus nassen Kehren heraus scharrend nach Traktion. ESP regelt sodann sehr strikt ein und gibt spät wieder Power frei.
In 5,1 Sekunden bis Tempo 100
Weitaus unterhaltsamer dürften da die 4WD-Varianten sein, die via Momentenverteilung die Agilität steigern sollen. Insbesondere das Topmodell mit 290 kW und 600 Nm Drehmoment lockt mit einer kurzen Sprintzeit auf 100 km/h (5,1 Sekunden). Als wäre das noch nicht eifrig genug, eilen die e-4ORCE-Derivate mit bis zu 200 km/h über die Autobahn. Für ein E-Auto von Nissan sind das doch verblüffend vielversprechende Werte.
Neue Wege geht Nissan auch bei der Bedienphilosophie. Die Insassen können sich auf ein stark reduziertes Cockpit einstellen, über das wir schon ausführlich berichten konnten. Im Grunde ist nur noch ein handfester Regler für die Lautstärke geblieben. Alles andere läuft über futuristische Bedienleisten im Stile holzgemaserten Einlagen. Mit etwas zu viel Druck auf die leuchtenden Logos gilt es hier, beispielsweise Temperatur, Lautstärke oder Fahrmodi einzustellen. Kurzum: die Bedienung fällt nicht eben leichter. Eine Sprachbedienung, die auch mit Alexa zusammenarbeitet, soll weiterhelfen. Die Vorserienfahrzeuge waren allerdings noch nicht internetaffin. An einem Lenkrad mit habhaften Tasten und Walzen hielt Nissan dennoch fest. Gut so, denn die immer häufiger verbauten Touch-Flächen bringen nur wenige Vorteile. Noch ein kleines Gimmick sitzt unter der Mittelkonsole. Per Tastendruck surrt hier ein kleines Tischchen hervor. Wohl angedacht als kleiner Schreibtisch. Der Nutzwert dürfte sich aber in Grenzen halten.
Ansonsten gibt es auf den ersten Blick wenig zu meckern. Das Platzangebot ist üppig und trotz einer Bodenfreiheit von 185 Millimetern lagern die Batterien so tief, dass die Fondpassagiere mit genug Beinauflage kommod reisen. Großartig verstellbar sind die Lehnen indes nicht. Der Laderaum ist mit 468 Liter (2-WD) nicht allzu groß. Mit zwei Motoren ausgerüstet, bleiben 415 Liter. Immerhin fehlt es nicht an den für Nissan so typischem Ladeboden-Konzept. Zwei solide Elemente, die sich teils auch senkrecht aufstellen lassen. Schön auch, dass die Ladekabel in die großen Unterbodenfächer passen.
Die Ladezeiten sind standesgemäß
Stichwort Laden: Hier ist der Nissan gut aufgestellt. Der Onboard-Charger verträgt dreiphasig bis zu 22 kW. Am Schnelllader sind 130 KW möglich. Zudem verspricht Nissan eine hohe und gleichmäßige Ladekurve. 40 Minuten könnten für einen Ladehub von 10 auf 80 Prozent reichen. Der CHAdeMO-Lader des Leaf ist also endgültig Geschichte. Vielmehr ist der Nissan auch für künftige Wallboxen gut aufgestellt. Die Vorkonditionierung der Batteriezellen beherrscht der Nissan Ariya indes nicht. Wer mag, kann seine Akkus aber per Touchscreen vorwärmen.
Im Sommer geht es richtig los
Erste Bestellungen nimmt Nissan ab dem 1. April an. Im Sommer starten dann die Auslieferungen. Preise sind für Deutschland derzeit noch keine bekannt. Rund 48.000 Euro sollte man aber schon einplanen. Das Topmodell ist mindestens 10.000 Euro teurer.