Insgesamt 2.789 PS, fünf Sportwagen - jeder davon mindestens 510
PS stark - und das Bridgestone Testgelände nahe Aprilia in Italien
kombinieren die Parameter zum Sportwagen-Test des Jahres.
Im Rahmen des International Test Drive messen sich bei
Temperaturen in schwindelerregenden Höhen fünf Boliden, die rein
konzeptionell kaum unterschiedlicher sein könnten.
Die Chevrolet Corvette Z06 ist der erste Kandidat, den wir uns
genauer unter die Lupe nehmen. Der Sportwagen-Klassiker aus den
Staaten in seiner derzeit extremsten Evolutionsform brennt ein
brachiales Performance-Feuerwerk ab.
Passend dazu: der optische und akustische Auftritt. Quasi, Hulk
Hogan auf vier Rädern. Mit einer Zeit von 0.58,26 min auf dem
Handlingkurs katapultiert sich die Vette an die Spitze bei
trockenen Bedingungen.
Die Corvette steht auf Michelin Pilot Sport Cup 2 Pneus. Diese
helfen zwar die absurde Kraft von 881 Nm umzusetzen, dennoch ist es
für die Z06 ein leichtes Spiel sie in Rauch aufzulösen.
Die Kombination von irrsinniger Leistung, UHP-Reifen und
Heckantrieb erfordert bei Nässe ganz besonders viel Aufmerksamkeit.
Dies macht sich auch bei der Rundenzeit bemerkbar. Im Trockenen
noch am schnellsten, ist die Z06 im Nassen mit Abstand am
langsamsten.
Das Jaguar F-Type R AWD Coupé gibt sich rein optisch etwas
dezenter als die knallige Corvette. Seine Fahrleistungen und seine
Akustik sind hingegen alles andere als dezent.
Bislang generierte der F-Type einen Teil seines Fahrspaß aus
mangelnder Traktion. Mit dem optionalen Allradantrieb drückt der
Jag seine Potenz nun etwas kontrollierter auf den Asphalt. Maximal
50 Prozent der Kraft gelangen an die Vorderräder.
Meist fährt sich der F-Type jedoch wie ein Hecktriebler mit
besserer Traktion. So kann man der Querfahrerei nicht nur im Nassen
frönen. Dort setzt der Jag mit einer Zeit von 1.05,49 min
überraschenderweise jedoch sogar die Bestmarke.
Der AMG GT fährt um ein vielfaches sportlicher als es die
sperrigen Abmessungen vermuten lassen. Das präzise Einlenkverhalten
und das sehr neutrale Set-Up führen zu einer flotten Rundenzeit:
0.59,74 min.
Transaxle-Bauweise, Standardantrieb und Biturbo-V8. Natürlich
ist mit dieser Kombination auch die wilde Querfahrerei möglich.
Allerdings nur wenn es der Pilot auch wirklich möchte.
Selbst bei gefluteter Strecke vergisst sich der Mercedes nicht.
Hier zeigt sich, dass sich die Entwickler bei der Applikation des
ESP besonders viel Mühe gegeben haben. Mit zahlreichen, sensiblen
Eingriffen bleibt der Schwabe stabil auf der Ideallinie.
Der weit hinten montierte Biturbo-V8 mit 4,0 Liter Hubraum
stemmt 510 PS und 650 Nm auf die Kurbelwelle. Untermalt wird dies
mit einer AMG-typischen Soundkulisse.
Nissan GT-R. Alt und heiß: auch im Jahr acht seiner Karriere
scheint sich der rund 1,8 Tonnen schwere Sumo-Ringer über die
Grenzen der Physik hinwegzusetzen.
Es braucht ein wenig Zeit bis man sich auf den cleveren
Allradantrieb einschießt. Weiß man wie der GT-R vor einer Kurve zu
positionieren ist, so ist man irre schnell. Mit einer Rundenzeit
von 0.59,27 im Trockenen kann Godzilla noch locker mit der Spitze
mithalten.
Auch er darf bei einem Vergleichstest dieser Güte nicht fehlen.
Der Porsche 911 Turbo. Er gibt den kühlen Technokraten, der sich
zum Ziel gesetzt hat einfach schnell zu sein. Kein Brimborium, kein
Theater - Rückmeldung, Druck, Stabilität und Leistung sind das
Rezept des Turbo.
Um den Porsche derart aus der Fassung zu bringen, hilft nur rohe
Gewalt. Oder viel Mut. Am besten beides. Nahezu einfach lässt sich
der Elfer zu einer Rundenzeit von 0.58,64 min dirigieren.
Der Sportwagen-Test war das Highlight des diesjährigen
International Test Drive. Die internationalen Kollegen hatten
sichtlich Vergnügen beim Vergleich der Boliden.
Die Corvette kann nun endlich auch im Interieur qualitativ mit
der Konkurrenz mithalten. Neben der verbesserten
Verarbeitungsqualität bietet sie einige Technik-Highlights.
Hier aufs wesentliche reduziert: Im mittigen Display thront in
dieser Konfiguration der Drehzahlmesser. Der Fahrer kann hier
zahlreiche Anzeigedarstellungen wählen.
Als einziger Handschalter im Vergleich erarbeitet sich die Z06
einen Sonderstatus. Mit dem gut schaltbaren Siebengang-Getriebe
bietet die Vette das reinste Fahrerlebnis.
Vorne schnallt sich die Corvette Reifen im Format 285/30 ZR 19
unter die Karosserie. Hinten müssen es schon 335er im 20 Zoll
Format sein. Die standfeste Carbon-Keramik-Bremse ist gut
dosierbar.
Breite, geschwungene Mittelkonsole, geradezu schon kunstvoll
herausgearbeitete Tasten für allerlei Variables, angefangen vom
Auspuff über das Getriebe bis hin zum gesamten Antrieb. Der
Mercedes setzt auch beim Innenstyling Highlights.
Die umfangreichen Fahrzeuginformationen werden dem Fahrer auf
dem mittigen Display angezeigt. Dabei gibt es fast nichts, was der
GT-R nicht anzeigen kann.
Die Track Edition des GT-R ist mit den geschmiedeten RAYS
Aluminium-Felgen im Nismo-Design unterwegs. Darauf sind Reifen im
Format 255/40 ZR 20 vorne und 285/35 ZR 20 gestülpt. Die Bremse
hält den 1,8 Tonnen Lebendgewicht gut stand.
Zusatzinformationen, wie beispielsweise die Momentenverteilung
des Allradantriebs, werden dem Fahrer in dem kleinen Zusatzdisplay
rechts neben dem Drehzahlmesser angezeigt.
Auch das ist typisch Porsche: ansteigende Mittelkonsole mit
einzelnen Tasten für Fahrzeugeinstellungen. In diesem 11er hält
sich die Knöpfchenvielfalt noch in Grenzen.
Der Turbo verfügt über die aufpreispflichtige Keramikbremse, die
für hervorragende Verzögerungswerte sorgt. 11er-typisch fällt die
Bereifung vorne mit 245/35 ZR20 im Vergleich zu 305/30 ZR20 an der
Hinterachse recht schmal aus.
Einen wahren Testsieger kann man hier nicht wirklich küren. Über
den Favoriten entscheidet hier eher der persönliche Geschmack und
weniger die Rundenzeit.