Der neue Seat Ibiza fordert den Hyundai i20 zum Kleinwagen-Duell
heraus. Ob er den Anforderungen gerecht werden kann, die
Klassenspitze zu übernehmen? Hierfür muss er erst einmal den
Koreaner schlagen.
Beide Fahrzeuge gehen mit einem Einliter-Reihendreizylinder an
den Start. Manchmal siegt eben auch die Vernunft, es müssen ja
nicht immer Krawallbüchsen mit über 200 PS sein. Ob da trotzdem
Fahrspaß aufkommen kann?
Von außen machen auf den ersten Blick beide keinen schlechten
Eindruck. Der Ibiza wirkt nicht nur etwas stämmiger, sondern ist
tatsächlich 4,6 cm breiter. Das ist förderlich für die
Platzverhältnisse,...
...bringt aber auch noch weitere Vorteile mit sich. Denn neben
der Außenbreite legt auch die Spur um sechs Zentimeter vorne und
4,8 Zentimeter hinten zu. Das klingt zunächst wenig, lässt das
Fahrwerk aber deutlich souveräner wirken. Kurven nimmt der Seat
deshalb so freudig, wie man das von einem Mini Cooper kennt.
Und im Sport-Modus macht das besonders Spaß: Die
elektromechanische Servolenkung ist so noch rückmeldungsintensiver.
Die Verstelldämpfer (280 Euro) sorgen im Comfort-Modus auch auf
langen Strecken für eine angenehme Reise.
Mit 134,7 km/h ist der Ibiza im doppelten Spurwechsel so schnell
wie ein Porsche 911 Carrera S von 2007. Ob ein Kleinwagen so was
draufhaben muss? Der Seat kann es einfach.
Der Einliter-Dreizylinder ist zwar mit 115 PS um 5 PS schwächer,
liegt bei den Fahrleistungen aber trotzdem vorne. 9,4 Sekunden für
die Beschleunigung auf 100 km/h sind ein guter Wert, allerdings
geht dem beherzten Durchzug zunächst eine Laderflaute voraus.
Durch das geringere Gewicht des kleinen Motors ist die Balance
ausgewogener als in der 1,5-Liter-Vierzylinder-Variante, die wir
ebenfalls gefahren sind. Das Einlenkverhalten ist durch das
geringere Gewicht auf der Vorderachse etwas besser. Bei ähnlichem
Verbrauch wie der Hyundai ist man mit dem Ibiza einfach schneller
unterwegs.
Bisschen Glänzchen hier, etwas Dekorstöffchen dort, so sieht es
ein wenig schicker aus im Ibiza. Das sportliche Innendesign ist
bewährt und wird auch in den anderen Modellen ähnlich umgesetzt.
Das Sportlenkrad mit roten Ziernähten ist Teil der
Ausstattungsvariante FR.
Und auch die Sportsitze haben rote Ziernähte. Sie halten dich
auch in schnellen Kurven immer sicher im Sitz und bieten guten
Seitenhalt. Der Langstrecken-Komfort kommt dabei trotzdem nicht zu
kurz.
Das Navigationssystem ist für einen Kleinwagen außergewöhnlich
groß. Hauptsächlich lässt es sich über Touchbewegungen bedienen,
Zoom- und Lautstärkeregler sind aber seperat angebracht.
Die Platzverhältnisse sind für einen Kleinwagen auf der Rückbank
mehr als ordentlich bemessen, so dass auch große Leute noch bequem
sitzen. Das liegt auch am neuen Modularen Querbaukasten A0 aus dem
Konzern, auf dem der neue Ibiza aufbaut. Dieser ist bekannt für
eine hohe Raumeffizienz.
Davon profitiert auch der Gepäckraum: Mit 355 Litern ist der
Platz im Kofferraum größer als im Hyundai, bei umgeklappten Sitzen
ist der Vorsprung noch deutlich größer. 1.165 Liter Gepäck haben
dann Platz. Das kann nach Belieben im variablen Boden verstaut
werden.
Wir waren mit den Kleinwagen natürlich auch dort, wo sie
eigentlich hingehören: in der Stadt. Bei solch einer
Vielseitigkeit, die sie inzwischen besitzen, vergisst man glatt,
dass dies ihr eigentliches Revier sein sollte. Hier geben beide
eine stylische Figur ab.
Ihm gegenüber wirkt der Seat Ibiza wie aus der Zukunft, und das
obwohl der Koreaner seine Sache eigentlich gut macht: Geräumig,
solide, für einen Kleinwagen gut ausgestattet, lange Garantie.
Aufgrund guter Bremsen und einem rigide regelnden ESP fühlt man
sich fahrdynamisch zu jedem Zeitpunkt sicher.
Allerdings ist vieles einfach nicht ganz so perfekt wie im Seat.
In den Kurven hat er mehr Seitenneigung und weniger Präzision, die
Lenkung ist zwar leichtgängig, aber gibt weniger Rückmeldung. Das
Fahrwerk bügelt kleinere Unebenheiten gut aus, hat aber Probleme
bei größeren Bodenwellen.
Das Aggragat besitzt wie der Seat eine Anfahrschwäche. Hat man
diese aber überwunden, kommt das Reisetalent zum Vorschein und der
Hyundai legt motiviert los. Der Verbrauch bleibt dabei wie im Seat
stets sparsam.
Schon erstaunlich, wie ähnlich Hyundai und Seat die Cockpits
einräumen, viele Funktionen sind fast gleich angeordnet. Der i20
hat einige Tasten mehr in rustikaler Umgebung. Der Grundsatz, für
jede Funktion eine Taste zu vergeben funktioniert deshalb so gut,
weil die Ausstattung nicht ganz so üppig ist.
Auch wenn die Vordersitze schmaler ausfallen, ist es im Hyundai
alles andere als eng. Die Sitzposition lässt sich nicht ganz so
optimal einstellen, weil die Lehnenverstellung grobrastiger
ist.
Auch das Navi ist ähnlich wie im Seat aufgebaut und besitzt zwei
seperate Regler. Das Infotainment besitzt noch mehr konventionelle
Tasten. Touchbedienung gibt es trotzdem, allerdings auf einem
kleineren Bildschirm.
Obwohl der Seat die größeren Abmessungen besitzt, muss sich auch
der Hyundai bei den Platzverhältnissen hinten nicht gerade
verstecken. Auch hier ist die Sitzposition für einen Kleinwagen
bequem. Die Rückbank ist aber etwas schwächer konturiert, darunter
leidet der Seitenhalt.
Der Laderaum ist gut nutzbar und bietet eine sinnvolle
Aufteilung. Wie im Seat gibt es auch hier einen variablen
Ladeboden. Mit 326 Litern (1.042 bei umgeklappten Sitzen) erreicht
er allerdings nicht ganz das Niveau seines Konkurrenten.
Beide Fahrzeuge haben gezeigt, in wie vielen Lebenslagen ein
Kleinwagen schon genug sein kann. Und auch die kleinen Motoren
stehen beiden hervorragend, sorgen für geringes Gewicht und
Leichtfüßigkeit in den Kurven.
Am Ende gewinnt der Seat den Vergleichstest aber eindeutig. Er
ist sparsam, geräumig, besser ausgestattet, komfortabel und verfügt
fahrdynamisch zugleich über ein brillantes Handling, das große
Fahrfreude bereitet. In Sachen Sparsamkeit, Geräumigkeit und
Garantie macht der i20 seine Sache ebenfalls sehr gut, hat aber an
zu vielen Stellen den Anschluss verpasst.