Im Schatten der Achtzylinder, doch nicht zu verachten: mit sechs
Töpfen stand die C-Klasse damals in den Startlöchern, eine
Tradition die bis heute innehielt.
Mit dem Urahn Mercedes 190 E 3.2 AMG, dem späteren Mercedes C 32
AMG T-Modell und dem brandaktuellen Mercedes-AMG C 43 gehen bei
unserem Test drei absolute Asse an den Start.
Der 190 E 3.2 mutet je nach Blickwinkel mal endcool, mal
fadenscheinig an, stellt aber als erstes AMG-Komplettfahrzeug, das
offiziell über Mercedes vertrieben wurde definitiv eine bedeutende
Persönlichkeit der Historie dar.
Gebaut in den letzten Jahren der Baureihe W201 legte der 190 E
3.2 AMG 1992 streng limitiert den Meilenstein für den Sechserkult,
der den großen Achtzylindern auch heute noch Paroli bieten
kann.
Ausfahrantenne, Kassettenschubs, Scheinwerfer mit Wischerchen –
da braucht es keine Querbeschleunigung mehr für Glückseligkeit.
Andersrum ist der Drei-Zwo aber auch nicht der Typ, der einen mit
Dynamik malträtiert.
Wenn man den 190 E 3.2 mal fester anpackt, kommt in der Tat eine
Art von Dynamik auf – sozusagen erste Spuren einer Frühform dessen,
was AMG heute Driving Performance nennt.
Schritt für schritt wird in behaglicher Geschwindigkeit - das
Alter rechtfertigts - eine Dynamik aufgebaut. Das Ergebnis: ein
neutrales Handling, wie es heute kaum noch existiert.
Betrachtet man den Innenraum, so hätte man diesen noch vor zehn
Jahren garantiert als recht altbacken betitelt. Heute scheint er
einfach nur retro und ein Prachtbeispiel von kultiger Coolness zu
sein.
Über die Holzfarbene Verkleidung, die sich in abgeänderter Form
auch bei den aktuellen Modellen durch ein Häckchen im Konfiguration
Integrieren lässt, scheiden sich auch bis heute noch die
Geister.
Auch die Mittelkonsole - ganz ohne Touch und mit zahlreichen
Drehern und Drückern - hat eine Menge Holz vor der Hütte.
Sportlich? - Naja edel auf jeden Fall!
Zwischen soviel Natur verbirgt sich der Wählhebel des
vierstufigen Automatikgetriebes, das den 3,2 Liter Reihensechser
mit seinen 234 PS und 305 Nm eher lähmt als voranbringt.
Die hochgestellte Abrisskante am Kofferraumdeckel ist bis heute
erhalten geblieben, die Runden Doppblenden des Endtopf dekorieren
nun beide Seiten des Hecks.
Unscheinbarer aber hochmotorisierter folgt nach dem 190 E 3.2
und dem von 1994 bis 2000 produzierten C 36 AMG der C 32, in
unserem Test als bis 2004 gebautes T-Modell vertreten.
AMG oder 200 CDI? Nur wenige Aspekte grenzen den PS-Bullen von
den kleineren Modellen ab machen ihn zum klassischen Wolf im
Schafspelz; besonders im roten T-Modell.
Doch vielleicht liegt in diesem schafpelzigen Auftritt am Ende
sogar sein größter Reiz, denn zumindest geradeaus ist der Kombi
weitaus drastischer, als er aussieht.
Kurven hingegen bleiben auch beim 32er eher Nebenerwerb. Die
Lenkung ist schummrig, die fehlende Sperre führt gerne zu
Haftverlust an der entlasteten Antriebsachse.
Auch hier viel schwarz, viel Leder und edle Materialien im AMG.
Die unendlich erscheinenden Knöpfe zeigen, wie flexibel der
Innenraum in einer C-Klasse zwischenzeitlich geworden ist.
Hätte man den Regenbogentacho nicht bis Tempo 300 fortgeführt
und mit einem Alu-Einsatz aufgehübscht, so wüsste man als Fahrer
ohne Betätigung des Gaspedals vermutlich garnicht, was man da
unterm Hintern hat.
Auch wenn der Wandlerautomat wieder kein großer Zampano ist, so
wirkt er im Gegensatz zu seinem Urahn im 190er doch eher produktiv
als ruinös auf die Kraftentfaltung ein.
Auch ein digitales Navi durfte mittlerweile einziehen; erinnert
mit seinen vielen Knöpfen aus heutiger Sicht jedoch viel eher an
ein Blackberry-Tastenhandy.
Die Zeit brachte Rundungen mit sich, bereits der Vorgänger besaß
an der Front vier einzelne Rundscheinwerfer, der W203 im Anschluss
die berühmt-beliebten Doppelrundleuchten.
Auch der C 32 kam kaum in den Genuss, andere Verkehrsteilnehmer
mit dem Stern ins Visier zu nehmen, denn diese befanden sich bei
entsprechender Fahrweise meist eher im Rückspiegel.
Denn die erstmals in V-Konstellation angebrachten sechs Zylinder
wurden nun zusätzlich durch einen Kompressor aufgeladen. Das
Resultat: 354 PS und 450 Nm beamen den Kombi in 5,4 Sekunden auf
Tempo 100.
Nach einer kurzen Pause gehts weiter: Vor der aktuellen
W205-Reihe verzichtete man in der W204er neben zahlreichen
Sechszylindermodellen auf eine AMG-Variante.
Nun ist er zurück: der kleinste, aber stärkste AMG-Sechser der
jemals in einer C-Klasse wohnte. Wieder V - doch diesmal mit nur
drei Litern Hubraum und zwei Turbos statt Kompressor.
Wenn sich ein ideal neu aufgesetzten Konzepts auszahlt: die
trockene Abstimmung und ein stark hecklastiger Allradantrieb
bringen den C 43 bemerkenswert gut in- und um die Kurven.
In nur 4,7 Sekunden schießt er unter tosendem Laderpfeifen auf
100 Stundenkilometer, erkennt seinem Vorgänger, dem roten Kombi,
damit nocheinmal 0,7 Sekunden ab.
Der Teufel liegt im Detail: die edlen Materialien, natürlich
maßgebend für einen AMG wurden mit kleinen Extras wie roten Nähten
modifiziert, zeigen dem Fahrer dass er sich hier lieber anschnallen
sollte.
Hier hat anschnallen besonders Stil: die ohnehin end-sportlichen
Schalensitze, an Flexibilität sowieso kaum zu übertreffen, wurden
zusätzlich ebenfalls mit roten Stickereien aufgehübscht; die
Krönung bieten die roten Gurte.
Messwerte und Settings kann sich der Fahrer flexibel auf
Infotainment- oder Kombiinstrument anzeigen lassen. Das sind
Möglichkeiten, an die man zu Zeiten des 190 E noch nicht einmal im
Entferntesten denken konnte.
Zwischen 190 E 3.2 und C 43 liegen 25 Jahre, 133 PS und der
leistungsstarke C 32 Kompressor. Wer fehlt? Der C 36, der leider im
Museum Dienst tun musste
Erst Kantig, dann Rundlich, dann Kantig mit Rundungen -
erstaunlich wie sich die Karosserieform über die Jahre hin
entwickelt hat; aber sie gefällt - nach wie vor.
Eines ist sicher: Herz und Rückgrat von AMG mag der
Sechszylinder zwar nicht werden, das verbietet die Tradition, ein
Standbein ist er inzwischen aber allemal.