Knaus Boxstar 540 Road (2020) im Test

Alleine unterwegs. Mit dem kurzen Boxstar 540 Road von Knaus. Ein Wochenende, wie man es sich ab und an wünscht. Und der Knaus hat seinen Teil dazu beigetragen.
Campingbusse mit 5,40 Meter Länge sind eine eigene Kategorie. Wer sich für einen 540er entscheidet, weiß, dass er Abstriche beim Wohnraum machen muss, um Vorteile wie Wendigkeit und Kompaktheit zu bekommen. Ein 540er fährt sich eher wie ein Campingbus der T6-Klasse. Gerade der Fiat Ducato. Schnell und direkt, für einen Kastenwagen sehr sportlich. Die Lenkung ist präzise, ja, die Federung an der Vorderachse straff, der hier gefahrene 96-kW-Motor zieht das relativ leichte Fahrzeug sauber durch die Landschaft.
Diese Direktheit passt zu den Fahrzeuglenkern und den Einsatzzwecken ihres Busses. Häufig sind es Sportler, Mountainbiker, Kletterer, Wanderer. Die wollen darin schlafen, ein bisschen was kochen und sich unkompliziert waschen und auf die Toilette gehen können. Also Anforderungen, die gegen einen Lifestyle-technisch naheliegenderen Bulli sprechen. Der Knaus Boxstar 540 Road hat diese Eigenschaften.
Außen Pkw-Maße, innen Platz zum Kochen
Ich fahre damit an den Bodensee. Zackig durch den Hegau. Keine Geräusche rumpeln von hinten ans Ohr. Der Möbelbau ist leise konstruiert und montiert. Die Verarbeitung der Holzteile erreicht ein gutes Niveau. Scharniere und Schließsysteme der Schrankklappen sind hochwertig. Die Schubladen laufen in stabilen Führungen und schließen im Zeitlupentempo dank Softeinzug.
Vor dem Supermarkt hat der 540er keine Probleme, einen Pkw-Parkplatz anzusteuern. Im 70-Liter-Kühlschrank steht auch genug Platz für den hitzeempfindlichen Teil des Einkaufs bereit. Okay, er ist tief eingebaut, deshalb muss man sich ein wenig bücken, um an das Essen zu gelangen. Dafür ist die Sichtachse bis zum Bett frei, was dem kompakten Ausbau zu mehr Offenheit verhilft.
In den zwei Oberschränken und den drei Schubladen des Küchenblocks lassen sich nur die nötigsten Kochutensilien verstauen, große Töpfe und Pfannen müssen zu Hause bleiben. Am besten nimmt man nur kleine Flaschen für Öl und Essig mit, aber auch die schnelle Küche lässt sich zelebrieren.
Am Esstisch geht es eng zu, auch wenn der aktuelle 540er mit einem „schwebenden“ Tisch aufwartet. Sein Fuß stützt sich gegen die Seitenwand ab. Gute Idee, so bleibt mehr Platz für menschliche Beine. Im Testwagen ist die Konstruktion aber etwas wackelig. Nicht schlimm, aber nicht so stabil wie mit einem klassischen Tischbein.
Ausstattungspakete runden das Camping-Erlebnis ab
Es schmeckt trotzdem, was ich da auf dem kleinen Herd gekocht habe. Durch das hochwertige Rahmenfenster scheint die Sonne rein. Das ist sogar serienmäßig. Ansonsten sind viele Ausstattungspakete mit an Bord. Das kennt man schon von Knaus. Zwischen Grundpreis und Testwagensumme liegen rund 14.000 Euro. Die fließen mit rund 2000 Euro in den 130-PS-Motor, in weitere Basis-Fahrzeugpakete, die Lackierung, die TV- und Campingausstattung sowie mit 990 Euro in das Raumbad.
Serienmäßig findet man hier ein Festbad mit Tür, ganz klassisch. Die Halbschalen der Raumbadschiebetür laufen sauber in ihren Führungen, was nicht selbstverständlich ist und nicht selten dann mittelfristig Probleme macht. Hier bisher nicht. Ich dusche auf dem Trip zwei Mal – zwei Mal sehr angenehm. Ich habe Platz dazu, kein Duschvorhang klebt an der Haut. Auch müht sich die Tauchpumpe redlich, das Wasser mit Druck durch den Duschkopf zu pressen. Es gelingt ihr ganz gut.
Jetzt noch den Bart rasieren. Dabei hilft die spezielle Konstruktion des Waschbeckens. Es ist ein 2-in-1-Becken. Zum Händewaschen ist es klein, an der Seite neben der Toilette platziert. Möchte man sich das Gesicht waschen oder eben rasieren, lässt sich das Becken erst nach oben ziehen und dann nach rechts abklappen und waagerecht fixieren – flugs hat man ein sehr großes Becken. Kleiner Mangel: Steht der Van leicht nach vorn geneigt, fließt das Wasser im kleinen Becken nicht vollständig ab und es lässt sich so auch nicht ausklappen, ohne Wasser auf den Boden zu verschütten.
Bunte Lichtspielerei
Während der Wind über dem See dreht, bereite ich mich auf den Abend vor, indem ich die Sat-Anlage anschalte. Mein erstes Mal TV-Glotzen im Camper. Dazu entscheide ich mich für ein Glas Cabernet Sauvignon und schalte die Ambiente-Beleuchtung ein (450 Euro Aufpreis). Mit der Fernbedienung in der Hand, versuche ich die journalistische Objektivität ob der Sinnhaftigkeit einer solchen Lichtspielerei zu wahren, überlasse die Bewertung dann aber im weiteren Verlauf des Abends doch meinem Bauch.
Ich kann verschiedene Lichtfarben wählen, kann entscheiden, ob sie automatisch wechseln, in der Leuchtkraft anschwellen oder verharren. Duschen unter der roten Sonne Afrikas, Fernsehen im blauen Schummerlicht einer Sportsbar. Das Bauchgefühl sagt am Ende: Irgendwie hab ich mich doch wohl gefühlt.
Ach ja, geschlafen habe ich gut auf dem Lattenrost-Bett. Über mir die Dachhaube, neben mir in den Hecktüren zwei hochwertige Rahmenfenster. Wäre ich nicht alleine, würde ich „sie“ nun wecken, weil ich muss. So eine Raumbadtür ist immer ein bisschen laut und je nach Schlaf des anderen auch mal zu laut. Es ist wichtig, vor der Kaufentscheidung als Paar die Geräuschentwicklung zu testen und zu simulieren, wie solch eine nächtliche Szene ablaufen würde.
Im Oberschrank liegt mein Schlafanzug, und ich finde noch mal, dass der Möbelbau mit den handschmeichlerischen Schnappern und den sanft-kantigen Profilen gelungen ist. Ich hole das Buch aus der großen Heckablage und lese unter eleganten Schwanenhalslampen. Mit dem einen Schalter am Bett kann ich das Licht im ganzen Van steuern, das gefällt mir. Ich, alleine, mache die Augen zu. Meine Frau würde jetzt eng an mir liegen, zumindest die Füße, die würden sich zärtlich berühren.
Grundinformationen Knaus Boxstar 540 Road
Gurte/Schlafplätze: 2/2-3 Zul. Gesamtgewicht: 3300 kg Länge/Breite/Höhe: 5,41/20,5/2,58 m Grundpreis ab: 40.990 Euro Testwagenpreis: 55.000 Euro