Das sollte das beliebte Basisfahrzeug mitbringen

Der Fiat Ducato ist der Bestseller der Branche. Doch die Konkurrenz bringt ihn in puncto Komfort, Sicherheit und Modernität immer mehr in Bedrängnis. Was die promobil-Redaktion von der Neuauflage erwartet.
Schon wieder ein neuer Ducato? Gab es nicht 2019 erst die letzte Überarbeitung? Ja, richtig. Doch die war vor allem getrieben durch die Pflicht, neue Motoren mit der Abgasnorm Euro 6d Temp einführen zu müssen. Als weitere wichtige Neuerung insbesondere für den Reisemobileinsatz kam die Option einer echten Wandlerautomatik hinzu, die seither auch schon viele Freunde gefunden hat.
Außerdem wurde dem bis dato großen Nachholbedarf an sicherheitsrelevanten Assistenzsystemen ein Stückweit abgeholfen. Ein Notbremsassistent kam neu hinzu, ebenso Warnsysteme für Gefahren im toten Winkel und bei Querverkehr. Große Verbreitung haben diese elektronischen Sicherheitssysteme allerdings bislang nicht gefunden, insbesondere auch weil sie für die am wenigsten preissensible Klasse der Reisemobile, die Integrierten, nicht verfügbar sind.
Optische Änderungen gab es beim Wechsel 2019 – außen wie innen – nur marginal, so dass man schon genau hinschauen muss, etwa auf die neuen Typenschilder der Motorvarianten, um zu erkennen, dass man es mit dem aktuellen Ducato zu tun hat.
Fiat Ducato ist nicht ohne Grund ein Bestseller
Doch die Vorzeichen verdichten sich, dass 2021 größere Veränderungen für den Ducato anstehen. Zwar erscheint das 2014 eingeführte Ducato-Gesicht auch heute noch zeitgemäß und nicht angestaubt, was man vom Interieurdesign, insbesondere dem Armaturenbrett, allerdings nicht gerade behaupten kann. An welchen Stellen sich aber tatsächlich etwas tun wird, dazu hält sich Fiat im Moment noch sehr bedeckt.
Was wir uns als Redaktion vom neuen Ducato wünschen – schließlich geht es auf Weihnachten zu – und wo wir echten Nachholbedarf sehen, lesen Sie hier.
Dass der Ducato der Bestseller unter den Basisfahrzeugen für Reisemobile ist, hat natürlich seine Gründe. Zwischen 60 und 70 Prozent Marktanteil in den letzten Jahren kommen nicht von ungefähr. Tatsächlich gibt es einige Punkte, an denen Fiat auch keinesfalls etwas ändern, sie allenfalls behutsam weiterentwickeln sollte.
Zuallererst das kompakte Triebkopfkonzept. Alle Antriebskomponenten im Vorderwagen zu konzentrieren und den Aufbauherstellern damit größtmögliche Freiheit zu lassen, war sicherlich ein wichtiger Baustein für die Ducato-Erfolgsstory. Nicht ohne Grund sind inzwischen einige eingefleischte Heckantriebsverfechter auf diese Linie eingeschwenkt. Unerreicht ist dabei allerdings immer noch seine Raumökonomie – neudeutsch Packaging genannt. Alle Komponenten sind beim Fiat in einem möglichst kurzen Triebkopf untergebracht, was insbesondere für den Bau kompakter Reisemobilmodelle, die unter bestimmten Längenmarken bleiben sollen, wichtig ist.
Relativ leicht und preiswert ist der Ducato obendrein – auch wenn ihm manche konzerninterne wie externe Konkurrenten durch aggressive Angebote immer wieder Marktanteil abjagen wollen. Auch die Zuverlässigkeit von Fiat ist zu loben. Die meisten Pannen, die in den letzten Jahren zu unfreiwilligen Fahrtunterbrechungen bei Testwagen auf Fiat-Basis im Redaktionsbetrieb führten, waren auf äußere Einflüsse zurückzuführen – meist auf Marderschäden. Die Fiat-Camper-Service-Hotline war dabei übrigens mehrfach sehr behilflich.
Selbst für Ducato-Exemplare, die schon ein paar Jahre auf dem Buckel haben, gilt in aller Regel: Man setzt sich rein, dreht den Zündschlüssel und fährt los. Auch was die Rostvorsorge anbelangt, hat sich – zumindest seit dem großen Modellwechsel 2006 – einiges verbessert. Ducato der letzten 15 Jahre zeigen in der Beziehung keine besonderen Auffälligkeiten mehr – was nicht heißt, dass es etwa in Sachen Hohlraumversiegelung keine Verbesserungsmöglichkeiten gibt.
Schließlich kann der Fiat-Transporter auch noch mit einigen Details überzeugen, etwa der Lenkung. Wer den direkten Fahrbahnkontakt schätzt, wird im Ducato gerne das Steuerrad übernehmen. Auch das Schaltgetriebe lässt sich in den meisten Fällen exakt genug und kurzwegig mit dem Joystick dirigieren. Bei wechselnden Fahrern sehr angenehm: Haupt- und Weitwinkelteil der großen Außenspiegel können einzeln elektrisch eingestellt werden.
Der Ducato gehört also längst nicht zum alten Eisen, aber eine gezielte Modernisierung sollte ihn jetzt wieder zukunftstauglich machen.
Sicherheit
Dominic Vierneisel: "Für den Ducato gibt es bisher nur wenige Fahrassistenzsysteme. Fiat muss bei der aktiven Sicherheit aufholen."
Sowohl beim Design als auch bei den allgemeinen Fahreigenschaften ist der Ducato noch immer auf der Höhe der Zeit. Bei Fahrassistenzsystemen haben Wettbewerber wie VW Crafter, Mercedes Sprinter und Ford Transit den Fiat allerdings mittlerweile deutlich hinter sich gelassen. Die nächste Generation muss hier zumindest in einigen Punkten Boden gutmachen.
Zwar gibt es für den Ducato immerhin einen Notbremsassistenten, doch der ist bisher kaum verbreitet. Unserer Meinung nach gehört er bei Reisemobilen in die Grundausstattung. Moderne radar- und kamerabasierte Notbremssysteme warnen den Fahrer bei Kollisionsgefahr und bringen das Fahrzeug, sollte der Pilot nicht eingreifen, automatisch zum Stehen. Ein großes Sicherheits-Plus, gerade bei zunehmendem Verkehrsaufkommen. Auch ein verlässliches aktives Spurhaltesystem und ein Abstandsregeltempomat fehlen dem Ducato.
Mehr Sicherheit würde auch eine bessere Beleuchtung bieten. Den in die Jahre gekommenen H7-Halogen-Scheinwerfern des Ducato sind diesbezüglich Grenzen gesetzt. Xenon-Scheinwerfer wären bereits eine deutliche Verbesserung, doch schon diesen Entwicklungssprung hat Fiat ausgespart. Daher wäre es an der Zeit für effiziente LED-Scheinwerfer, die die Fahrbahn noch gleichmäßiger ausleuchten und dabei weniger Strom verbrauchen.
Fahrkomfort
Ulrich Kohstall: "Mir gefällt der kernige Nutzfahrzeug-Charakter des Fiat. Etwas mehr Bequemlichkeit auf Langstrecken wäre aber sicher keine störende Verweichlichung."
Aus seinen Talenten zur Beförderung schwerer Lasten macht der Fiat Ducato kein großes Geheimnis. Die Fahrstabilität wird mit einer herben Federung erkauft. Das muss nicht unbedingt so sein, wie modernere Basisfahrzeuge beweisen. Dem Ducato fehlt es hier an Feinarbeit. Das gilt genauso für die Geräuschdämmung im Fahrerhaus. So wie die Federung ehrlich und ungefiltert über den Fahrbahnzustand informiert, so bleibt dem Ducato-Lenker keine Anstrengung des Motors verborgen. Auf langen Strecken kann das ermüdend sein. Schließlich will man bei höheren Geschwindigkeiten auch einmal in Ruhe Musik oder die Stimme der Beifahrerin hören.
Zur Entspannung könnte auch ein wenig Assistenz beitragen: In anderen Transportern wird bereits der automatische Abstandsregler angeboten. Der Fahrer wählt das Tempo, das Fahrzeug bremst und beschleunigt im vorgegebenen Rahmen selbsttätig. Wenn durch weitere Sicherheitsassistenten ohnehin entsprechende Sensorsysteme nötig werden, dürfte diese Komfortfunktion keine hohen Kosten mehr verursachen. Und lange Urlaubsetappen wären umso mehr ein Genuss.
Armaturenbrett
Philipp Teleu: "Das Fahrerhaus des Ducato bräuchte mal eine Aufwertung. Vor allem fehlen hier, anders als etwa beim Ford, kluge Ablagen."
Das Ducato-Armaturenbrett ist in die Jahre gekommen. Im Vergleich mit manchem Wettbewerber stört der Mangel an sinnvollen Ablagen und Fächern, die den Bedürfnissen Reisender entgegenkommen. Für größere 1,5-Liter-Flaschen ist nur Platz in den Türtaschen, zu denen man sich tief hinunterbeugen muss. Und wer sein Handy laden möchte – dafür gibt es schließlich ein oder zwei USB-Anschlüsse –, dem fehlt dafür eine gut zu erreichende Ablage, denn Telefon und Portemonnaie landen gezwungenermaßen in einem der beiden Becherhalter unten in der Mittelkonsole, im Fach dazwischen oder in den Ablagen beim Handschuhfach – schwer erreichbar für den Fahrer. Münzen für den Parkscheinautomat kann man gut im mobilen Aschenbecher sammeln; der kostet jedoch extra.
Wer noch mit Straßenkarten navigiert, findet das aufklappbare Klemmbrett oben auf der Mittelkonsole prima. Immerhin lassen sich ausstattungsabhängig neuerdings auch Handys oder Tablets dort festklemmen. Ziemlich unnötig sind die optionalen, schlechter ablesbaren Chromringinstrumente. 2006 mögen Materialien und Machart des Armaturenbretts überzeugt haben, waren damals ein echter Fortschritt. Heute sind viele Mitstreiter hochwertiger in Sachen Funktionalität und Anmutung.
Vernetzung
Christian Becker: "MBUX und MBAC: Beim Sprinter wachsen Fahrzeug- und Aufbautechnik in Sachen Konnektivität zusammen. Zeit für Fiat, nachzulegen."
Konnektivität und Multimedia sind beim Ducato, verglichen mit dem, was Pkw heute bieten, noch auf eher ursprünglichem Niveau. Seit der neue Sprinter in den Markt dringt, wird deutlich, dass auch in einem Transporter moderne Vernetzung möglich und auch sinnvoll ist. Die Sprachbedienung des Navis ist eine der Funktionen, die gut funktionieren. Man muss den Blick dafür nicht von der Straße abwenden und ist so sicherer unterwegs.
Fiat hat Multimedia und Konnektivität großteils den Zulieferern und Aufbauherstellern überlassen, die, wie etwa Dethleffs beim Pulse, zumindest rudimentäre Infos über Wassertank- und Batteriefüllstände in Nachrüstradios im Cockpit einblenden. Jetzt ist es an der Zeit, dass Fiat Schnittstellen für eine Gesamtvernetzung schafft. Was da möglich ist, zeigen Hymer und Mercedes gerade mit der Connect-App für Fahrzeug- und Aufbautechnik.
Ergnomie
Jürgen Bartosch: "Auch wenn es mich nicht direkt betrifft: Kleine und große Fahrer haben im Ducato wirklich oft Probleme, eine passende Sitzposition zu finden. Das muss nicht sein."
Das Problem ist bekannt und manches hat sich auch schon getan, aber längst nicht genug. Die Sitzergonomie im Ducato ist – sagen wir mal – eigenwillig. Was bei mittelgroßen Körpermaßen wie meinen irgendwie funktioniert, ist für größere und kleinere Piloten teilweise eine Zumutung. Kleine Fahrer und Fahrerinnen stoßen bereits mit den Knien ans Armaturenbrett, während sie gerade so das Bremspedal durchtreten können. Piloten mit Gardemaße beklagen, dass sie unten ihre Extremitäten kaum verstaut bekommen und oben den Hals verrenken müssen, um Schilder und Ampeln beachten zu können.
Natürlich spielt dabei auch die Sitz- und Drehkonsolenwahl der Aus- und Aufbauer eine Rolle. Doch die Grundanlage der Fahrerposition ist einfach zu unflexibel. Längere Verstellwege in alle Richtungen würden helfen. Dazu ein Lenkrad, das nicht nur längs, sondern auch im Winkel einstellbar ist. Und eine Frontscheibe, die weiter nach oben hinaufragt. Dass es möglich ist, zeigen etwa Mercedes Sprinter und VW Crafter.
Seit der Sprinter mit seiner optionalen elektrischen Parkbremse immer häufiger im Testfuhrpark auftaucht, merkt man aber auch in Sachen Handbremse – es geht deutlich besser. Einen großen Fünftonnen-Integrierten auf Ducato-Tandemachschassis am Berg sicher abzustellen – und anschließend die Handbremse wieder zu lösen –, ist körperliche Arbeit. Das muss heute nicht mehr sein. Besonders bequem: wenn das Einrücken und Lösen der Bremse weitgehend automatisch funktioniert. Außerdem ist beim Drehen der Vordersitze kein Hebel im Weg.