Tesla Model 3 im Vergleich mit dem Chevrolet Bolt
Tesla ist mit den ersten neuen Model 3 in den Elektroauto-Massenmarkt gestartet. GM ist dort bereits seit rund einem Jahr mit dem Chevrolet Bolt (Opel Ampera-e) präsent. Trotz ähnlicher Eckdaten mit überschaubarem Erfolg. Spurensuche.
Der Chevrolet Bolt erregt in Deutschland als Ampera-e mit seiner im Segment konkurrenzlosen NEFZ-Reichweite von gut 500 Kilometer Aufsehen. Nicht wenige sahen in ihm den „Game-Changer“ beim Thema Elektroauto. Angesichts dessen erscheint nicht mal der Preis von rund 40.000 Euro abzüglich 4.000 Euro Umweltprämie zu hoch. Aber in Deutschland ist der Chevrolet-Bolt-Ableger kaum zu kriegen. Europas Ampera-e gehen vor allem nach Norwegen, wo Opel schon 2016 4.000 Bestellungen eingesammelt hat. Und in den USA? Haben 500.000 Kunden ein Model 3 vorbestellt, obwohl der Bolt längst zu haben ist – von Januar bis Mai 2017 wurden lediglich 5.950 Bolt verkauft. Wir vergleichen die Konzepte der beiden Elektroautos.
Crossover trifft auf Limousine
Zwei recht unterschiedliche Ansätze verfolgen Tesla mit dem neuen Model 3 und GM mit dem Chevrolet Bolt, der in Europa nahezu baugleich auch als Opel Ampera-e angeboten wird. Der Elektroauto.ionier aus Kalifornien nähert sich dem Massenmarkt als konventionelle viertürige Limousine, die mehr oder weniger als kleines Model S durchgeht. Das 4,60 Meter lange Model 3 ist ein Fünfsitzer mit nur optional geteilt umlegbarer Rückbank und einem Ladevolumen von 425 Liter (US-Norm). Der Bolt von Chevrolet wirkt mit einer Höhe von 1,59 Meter fast wie ein Crossover. Der Tesla ist nur 1,44 Meter hoch. Er ist 4,16 Meter lang, bietet ebenfalls 5 Sitzplätze und schluckt im Standardladeraum bis zu 480 Liter (US-Norm) Gepäck. Beide versprechen auch auf der Rückbank ausreichende Platzverhältnisse auch für großgewachsene Passagiere, im Bolt bzw. Ampera-e lieferte uns die Sitzprobe schon die Bestätigung: Prima Sitzposition und Ergonomie vorn, jede Menge Bein- und Kopfraum auch im Fond, ausreichend Gepäckraum für vier.
Wenden wir uns den Kosten zu: Chevrolet ruft für den Bolt in den USA 37.495 Dollar als Grundpreis auf. Davon kann der Kunde dann je nach Bundesstaat noch Incentives abziehen. Die gelten aber auch für das Tesla Model 3, für das Firmenboss Elon Musk einen Grundpreis von 35.000 Dollar nennt. Den Bolt treibt ein 150 kW (204 PS) und 360 Nm starker E-Motor an, der den in der Praxis gut 1,6 Tonnen schweren Stromer in 7,3 Sekunden auf 100 km/h beschleunigt und eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 150 km/h erlaubt. Teslas Model 3 ist in in zwei Versionen verfügbar, wobei für beide noch keine technischen Daten genannt werden. Aber Fahrleistungen: Die 35.000-Dollar-Basisvariante soll in unter 6 Sekunden auf Tempo 100 spurten und darf ungehemmt bis auf 209 km/h rennen – für US-Kunden dürfte unerheblich sein, wie lange das möglich ist. Die 9.000 Dollar teurere Powervariante mit leistungsstärkerer Batterie benötigt ein paar Zehntel weniger zum Beschleunigen und rennt bis zu 225 km/h schnell. Beim Gewicht trennen beide nur knapp 6 kg, wobei die Waage zugunsten des Tesla ausschlägt. Beide kommen auf rund 1,6 Tonnen.
Tesla tankt schneller, fährt weiter
Bei der Reichweite kann der Bolt mit dem Model 3 mithalten. Nach der vergleichsweise praxisnahen US-Norm sollen mit der 60 kWh-Batterie bis zu 238 Meilen drin sein (umgerechnet 380 km), Tesla gibt je nach Version zwischen 220 und 310 Meilen (umgerechnet 354 bis 498 km) an. Batteriegrößen werden noch nicht genannt, müssten aber etwa bei 60 und 75 kWh liegen.
Wenn es an den Ladestrom geht, kann Tesla auf sein bewährtes Supercharger-Netzwerk (Ladeleistung zwischen 90 und 135 kW) setzen, wobei das Model 3 nicht umsonst laden darf wie noch Model S und Model X. Die kleine Batterie soll hier in 30 Minuten Strom für 200 km saugen können, die große Batterie bunkert in einer halben Stunde Energie für 270 km. Steht dem Bolt ein 50-kW-Ladestation zur Verfügung so kann in 30 Minuten Strom für 150 km getankt werden. An der Haushaltssteckdose gibt es nur Saft für 6 km.
Im Interieur unterscheiden sich die zwei Elektroautos trotzdem erheblich. Ein 15-Zoll-Touchcreen, eine Sprachsteuerung, zwei Lenkstockhebel und zwei Tasten auf dem Lenkrad: Mehr Schnittstellen zur Interaktion sind im Tesla nicht vorgesehen – reduziert, futuristisch, andersartig. Der Bolt gibt sich deutlich konventioneller. Er trägt zwar auch einen Touchscreen, dazu kapazitive Bedienelemente und ein digitales Kombiinstrument vor dem Fahrer – aber alle Elemente sind in eine Cockpitlandschaft eingebettet, wie man sie auch in herkömmlichen Kompaktwagen erwarten könnte.
Kunden fliegen auf den Tesla
Über ein umfangreiches Arsenal an Assitenzsystemen verfügen beide, beim Thema autonomes Fahren zeigt sich der Kalifornier aber besser aufgestellt. Mit acht serienmäßigen Kameras und diversen Sensoren soll teilautonomes Fahren (Autopilot) möglich sein. Die entsprechende Software wird allerdings erst später verfügbar sein, kann aber dann per Update aufgespielt werden – wieder so ein Feature, das Technik-affine begeistert. GM setzt hingegen weiter voll auf den Fahrer, den ein völlig problemloses aber wenig lustvolles Fahrerlebnis erwartet, wie der Fahrbericht des Ampera-e zeigt.
Unter dem Strich nimmt der Tesla eher die hippe Lifestyle-Kundschaft ins Auge, die Elektromobilität als Statement betrachtet und sich am dynamischen Design freut. Ein Ansatz, der zu funktionieren scheint. Die 500.000 Vorbestellungen will Tesla für das Model 3 schon verzeichnet haben, bevor nennenswerte Details zum Auto bekannt waren. Der Bolt (Opel Ampera-e) kann von so einem Hype nur träumen, wie die nur 1.566 verkauften US-Exemplare im Mai belegen. In Deutschland fand der Ampera-e im ersten Halbjahr 2017 aus den beschriebenen Gründen nur 76 Käufer. Mal sehen, wie viele Kunden sich hierzulande auf das Model 3 stürzen, wenn es in Deutschland zu haben ist.