Wann greifen Garantie und Haftung im Schadensfall?

Was tun, wenn Sachmängel am Wohnmobil auftreten? promobil erklärt, was Sie bezüglich Garantie, Sachmängelhaftung und Fristen beachten müssen, damit bei der Abwicklung alles glatt läuft.
Weitere beispielhafte Fälle und Gerichtsurteile bei Sachmängeln am Wohnmobil finden Sie in der kostenpflichtigen PDF-Version des Artikels aus Heft 03/2016.
Basisfahrzeug, Kühlschrank oder Wasseranlage: Gut die Hälfte der Teilnehmer der promobil-Leserwahl klagen darüber, dass sie an ihrem Reisemobil in den vergangenen zwölf Monaten mit Defekten zu kämpfen hatte. Besonders betroffen waren Integrierte und Alkoven, am besten schnitten die Campingbusse ab. Nicht alle Defekte sind aber echte Sachmängel. Der Sachverständige Gerolf Happel ist seit 25 Jahren in der Freizeitfahrzeugbranche tätig und hat schon viele „Problemfälle“ bearbeitet. Er weist auf einen kleinen, aber feinen Unterschied hin: den zwischen üblichem Verschleiß und tatsächlichem technischen Mangel. Abgenutzte Reifen und verschlissene Bremsbeläge fallen nicht unter die Sachmängelhaftung und müssen vom Besitzer allein bezahlt werden.
Angesichts der Zahlen aus der Leserwahl-Befragung überrascht die folgende Einschätzung des Sachverständigen: Happel ist sich sicher, dass die Fallzahlen der echten Sachmängel in den letzten Jahren deutlich gesunken sind. Darin stimmt ihm auch der Nürnberger Sachverständige Thomas Kramm zu, der noch einen weiteren Punkt hervorhebt: die Qualitätskontrollen bei den Herstellern. Die seien in den vergangenen Jahren strenger geworden, was die Mängelquote seiner Meinung nach senkt. Was allerdings deutlich zugenommen hat, so beide Gutachter, seien Kunden, die eine gewisse „Kaufreue“ verspüren und daher Sachmängel geltend machen wollen, um vom Kauf zurücktreten zu können. Die Kapazitäten, die die Bearbeitung solcher Fälle in den Serviceabteilungen der Händler und Hersteller bindet, könnten Kunden mit echten technischen Problemen gut gebrauchen.
Wann kann man denn überhaupt von einem Mangel sprechen?
Rechtsanwalt Rüdiger Zipper: „Ein Kaufgegenstand ist dann mängelbehaftet, wenn er sich nicht für die dem Vertrag nach vorausgesetzte Verwendung eignet. Ein Beispiel: Ein Händler verkauft ein Reisemobil ‚mit fünf Schlafplätzen‘, der Käufer will das Mobil mit seiner fünfköpfigen Familie nutzen, das Fahrzeug hat aber lediglich drei Betten.“ Ein Mangel liegt auch dann vor, wenn sich das Reisemobil nicht für den bestimmungsgemäßen Gebrauch eignet oder es nicht die übliche Beschaffenheit aufweist, also beispielsweise die Farbe sofort ausbleicht oder gar abblättert.
Wer kommt für die Reparaturkosten bei einem echten Mangel auf?
Das hängt entscheidend davon ab, wie alt das Reisemobil ist beziehungsweise wie lange der Kauf zurückliegt. Genau unterscheiden muss man zwischen den Begriffen Garantie und Sachmängelhaftung (früher oft Gewährleistung genannt), die fälschlicherweise immer wieder in einen Topf geworfen werden, obwohl ein großer rechtlicher Unterschied besteht.
Sachmängelhaftung bedeutet, dass der Verkäufer dafür einzustehen hat, dass der verkaufte Gegenstand frei von Mängeln ist. Wesentlich ist, ob diese Mängel schon zum Zeitpunkt des Kaufs bei der Übergabe des Reisemobils bestanden haben, gleichgültig ob sie sofort oder erst später entdeckt werden. Die gesetzlich geregelte Gewährleistungsfrist beträgt 24 Monate. Bei gebrauchten Artikeln kann diese Frist entweder durch die allgemeinen Geschäftsbedingungen oder aufgrund gesonderter Vereinbarungen zwischen Käufer und Verkäufer auf zwölf Monate gekürzt werden. Ein vollständiger Ausschluss ist im Geschäftsverkehr aber unzulässig.
Tritt ein Defekt auf, gilt in den ersten sechs Monaten nach Übergabe des Kaufgegenstandes an den Käufer die gesetzliche Vermutung, dass dieser bereits bei Übergabe des Gegenstands an den Käufer vorhanden war. Insoweit muss der Käufer keinen Beweis führen: Die Beweislast trifft in den ersten sechs Monaten den Verkäufer. Entdeckt der Käufer nach Ablauf der sechs Monate den Mangel, dreht sich die Beweislast wiederum, und nun muss der Käufer beweisen, dass die Sache bereits bei Übergabe an ihn mangelhaft war.
Wann greifen die Garantieleistungen der Hersteller?
Garantie ist im Gegensatz zur Sachmängelhaftung eine freiwillige und ihrem Inhalt nach frei ausgestaltbare Leistung. In erster Linie gibt sie der Hersteller, manchmal auch der Händler, dem Kunden. Mit der Garantie will in der Regel der Hersteller dem Endverbraucher die Funktionsfähigkeit des verkauften Gegenstands für einen bestimmten Zeitraum zusagen. Dabei ist interessant, dass für diese Zusage der Zustand der Ware zum Zeitpunkt der Übergabe an den Verbraucher keine Rolle spielt. Es soll dem Käufer im Rahmen der Garantiezusage lediglich die Funktionstüchtigkeit für den Zeitraum der gewährten Garantie versichert werden.
Garantie und gesetzliche Sachmängelhaftung sind voneinander unabhängig, das bedeutet, der eine Anspruch hat auf den anderen keinerlei Auswirkungen. Ansprechpartner für Ansprüche aus Gewährleistung ist für den Käufer immer der Verkäufer, also der Händler, Ansprechpartner für Ansprüche aus der Garantiezusage ist derjenige, der die Garantie gewährt hat, also in der Regel der Hersteller des Produkts. Es ist allgemein üblich, dass der Hersteller an die Garantie die Einhaltung bestimmter Pflegemaßnahmen seitens des Verbrauchers knüpft. So wird es beispielsweise bei Dichtigkeitsgarantien gehandhabt, die nur dann greifen, wenn regelmäßig die Dichtigkeitsprüfung auf Kosten des Kunden durchgeführt wird und wurde.
Sowohl die Ansprüche des Käufers aus der gesetzlichen Gewährleistung als auch aus der Garantiezusage durch Hersteller oder Händler sind an Fristen gebunden. Diese Fristen beginnen mit der Übergabe des Kaufgegenstandes an den Käufer. Tritt nun ein Mangel kurz vor Ablauf der Gewährleistungsfrist auf, ist natürlich Eile geboten. Der Ablauf der Gewährleistungsfrist kann durch Verhandlungen verzögert werden, insoweit sagt der Gesetzgeber in Paragraph 203 Satz eins BGB: „Schweben zwischen dem Schuldner und dem Gläubiger Verhandlungen über den Anspruch oder die den Anspruch begründenden Umstände, so ist die Verjährung gehemmt, bis der eine oder der andere Teil die Fortsetzung der Verhandlungen verweigert.“ Die Zeit, innerhalb derer die Verjährung ausgesetzt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet. Wichtig: Allein durch die Reklamation eines Defekts gegenüber dem Händler, ob nun schriftlich oder mündlich, tritt keine Hemmung ein. Der Verkäufer muss sich mit der Prüfung des Mangels auch befassen.
Was tun, wenn im Reisemobil ein mutmaßlicher Sachmangel vorliegt?
Kunden sollten also unbedingt aktiv in Verhandlung mit dem Händler treten. Hilft alles nichts, besteht eine weitere Möglichkeit, die Verjährung zu verzögern: die Klageerhebung. Hat der Händler Arbeiten zur Mängelbeseitigung durchgeführt, zum Beispiel ein Fenster ausgetauscht oder den Kühlschrank repariert, beginnt die Gewährleistungsfrist für diese Arbeiten oder reparierte Teile von Neuem. Das gilt nicht, wenn die Arbeiten nur zur gütlichen Streitbeilegung oder aus Kulanz erfolgt sind. Für Garantiearbeiten gilt nichts Vergleichbares. Hier gibt es keine Hemmung und keine Verlängerung.
Bei Neufahrzeugen bis zu vier Jahren bieten manche Hersteller die teilweise Übernahme von Reparaturkosten an. Diese Kulanz ist ein freiwilliges Entgegenkommen und kann nicht eingefordert werden.
Eines sollte klar sein: Wer an Reisemobile dieselben Maßstäbe anlegt wie an einen Pkw oder ein Haus, wird möglicherweise enttäuscht. Andererseits hat jeder Käufer ein Recht darauf, sein Mobil auch zweckgemäß benutzen zu können. Händler und Hersteller müssen alles dafür tun, dass der Kunde auch nach dem Kauf noch gut betreut wird. Und dass hier noch Luft nach oben ist, darin sind sich Branchenteilnehmer aus allen Bereichen einig.
promobil-Tipp: 3 Schritte zum Vorgehen bei Sachmängeln
- Der erste Schritt, nachdem man einen Sachmangel am eigenen Wohnmobil festgestellt hat, sollte sein, dass man den Defekt präzise schriftlich beschreibt und ihn dem Vertragspartner mitteilt, also in den meisten Fällen dem Händler.
- Setzen Sie dem Vertragspartner schriftlich eine angemessene Frist, innerhalb derer er den Mangel beheben soll. Je nach Art der Reparatur kann das kürzer oder länger dauern, zwei Wochen sind in den meisten Fällen aber angemessen.
- Kooperiert der Vertragspartner nicht, können Sie die Reparatur auf eigene Rechnung bei einer anderen Werkstatt vornehmen lassen und die entstandenen Kosten dann an den Verkäufer weiterreichen. Diesen Schritt sollten Sie ebenfalls schriftlich und mit Fristsetzung ankündigen. Eine gütliche Einigung mit dem Verkäufer ist in jedem Fall aber besser, als es auf eine Gerichtsverhandlung ankommen zu lassen, denn die verschlingt allzuoft nur Zeit, Geld und Nerven.
Interview zum Thema Sachmängel
Nachgefragt bei Kai Dhonau, Präsident des DCHV (Deutscher Caravaning Handels-Verband).
Wie gehen Sie als Händler mit dem Thema Sachmängel an Reisemobilen um?Wir sind bemüht, berechtigte Reklamationen unserer eigenen Kunden schnellstmöglich zu beheben. Im Fall von Kunden, die ihr Fahrzeug nicht bei uns erworben und damit auch keine vertragliche Beziehung mit uns haben, muss zunächst der Anspruch geklärt und unter Umständen mit dem Hersteller Rücksprache gehalten werden. Die Instandsetzung oder Beseitigung der Funktionsstörung selbst läuft dann immer gleich ab: besichtigen – prüfen/evtl. Teile bestellen – beheben.
Wie gestaltet sich in dieser Hinsicht die Zusammenarbeit mit den Herstellern?In der Regel konstruktiv. Hersteller und Händler haben grundsätzlich das gleiche Ziel: dem Kunden zu helfen. Natürlich gibt es hier und da aber auch mal Diskussionsbedarf.
Wer muss die Kosten für Nachbesserungen tragen?Bei berechtigten Beanstandungen zunächst wir als Vertragspartner des Kunden, anschließend werden die Arbeiten mit dem Hersteller/Lieferanten abgerechnet. Besteht kein Anspruch auf Nachbesserung – zum Beispiel weil eine Fehlbedienung durch den Kunden zum Schaden geführt hat –, müsste der Kunde die Kosten der Reparatur selbst tragen. Wenn der Mangel nicht eindeutig oder die Folge einer Fehlbedienung ist, kann es sein, dass der Kunde bis zur Klärung in Vorleistung geht.
Wie leicht bekommt man mit einem Sachmangel einen Werkstatttermin? Werden andere Kunden bevorzugt?Wir sind bemüht, jedem Kunden schnellstmöglich zu helfen. Fälle, in denen die Nutzung des Fahrzeugs eingeschränkt ist, weil Kühlschrank, Heizung, Elektrik, Wasserversorgung etc. nicht funktionieren, haben Priorität und werden bevorzugt erledigt. Teilweise unter Mitwirkung der Kundendienste der Hersteller. Das heißt nicht, dass es zu den Hauptreisezeiten nicht auch mal in diesen Fällen zu Wartezeiten kommen kann.
Wohnmobile vor Gericht: Beispielhafte Urteile
Darum geht’s: Zwischen Herstellung des Basisfahrzeugs und Erstzulassung des Reisemobils liegen 2 Jahre: Käufer will deshalb vom Kauf zurücktreten.
Uteil: abgewiesen
Begründung: Reisemobile haben eine erheblich höhere Laufleistung als Pkw, außerdem ist aufgrund ihrer Verwendung immer mit längeren Standzeiten zu rechnen. Daher stellt eine Diskrepanz von rund zwei Jahren zwischen Fertigstellung des Reisemobils und Erstzulassungsdatum keinen Sachmangel eines als Vorführwagen zum Sonderpreis verkauften Reisemobils dar.OLG Karlsruhe v. 19.02.2009, Az. 9 U 176/08
Mehr beispielhafte Fälle finden Sie in der kostenpflichtigen PDF-Version des Artikels aus Heft 03/2016.