Sportphilosoph Gebauer: "Wir müssen die Reißleine ziehen"

Sportphilosoph Gebauer: "Wir müssen die Reißleine ziehen"
Köln (SID) - "Die Sorgen des Sports sind marginal im Verhältnis zu den Sorgen, die eine Volksseuche verursacht", sagte der Wissenschaftler der FAZ (Mittwochausgabe) und übte Kritik am derzeitigen Vorgehen: "Einem hochprofessionalisierten Sport wie dem Fußball, an dem im Gegensatz zu anderen Sportarten auch Milliardenbeträge hängen, fällt es schwer, Spiele abzusagen."
Geisterspiele und Spielabsagen seien "keine Strafen. Sie sind Beiträge zur Seuchenbekämpfung. Fußballfunktionäre sollten sich dringend mit Virologen und Seuchenbekämpfern zusammensetzen", so Gebauer. Das Verhalten der Funktionäre zeige, "dass die Fußballverbände der Zeit hinterherhinken. Sie sind traditionell orientiert in ihrem Denken – und haben offenbar nicht begriffen, in welcher Situation Europa steckt."
Der Fußball und seine Verbände müssten Zuschauer entschlossener vor sich selbst und der Gesellschaft schützen. "Das Problembewusstsein, mit welchen Schwierigkeiten unser Gesundheitssystem konfrontiert wird, ist dort überhaupt nicht ausgeprägt", sagte Gebauer. Bei Risikogruppen könnten während der Krise zwanzig Prozent sterben. "Wenn man sich das vor Augen hält, dann muss man eindeutig sagen: Wir müssen im Sport die Reißleine ziehen."
Geisterspiele hätten allerdings eine Berechtigung. "Die Stimmung in Ländern, die von der Corona-Pandemie stark betroffen sind, kann sehr stark gedämpft werden", so Gebauer: "Fußballspiele können Menschen erfreuen und auch Lebensmut in so einer Zeit geben. Fußball kann ein Beitrag für Optimismus sein und zum Wohlbefinden beitragen, auch wenn nur Geisterspiele im Fernseher laufen."