Als Maischberger zum dritten Mal nachfragt, ist ihr SPD-Gast genervt

Habemus Kanzler! Friedrich Merz ist gewählt. Doch die neue Bundesregierung startet, wie die alte zu Ende gegangen ist: im Chaos. Denn zum ersten Mal in der deutschen Geschichte wird ein Bundeskanzler nicht im ersten Wahlgang gewählt. Ein Schatten liegt über der neuen Regierung, urteilen Beobachter, sprechen vom "Merz-Debakel".
Julia Klöckner will nicht so weit gehen. Die Bundestagspräsidentin von der CDU ist am Dienstagabend Gast bei Sandra Maischberger im Ersten.
"Es war so nicht geplant", gibt Klöckner zu. Von einem wirklichen Fehlstart will sie jedoch nicht sprechen. "Wir haben jetzt einen gewählten Kanzler. Dass das nicht optimal war, ist offensichtlich. Aber ein Parlament hat gezeigt, dass es stabil ist. Und dass die Demokratie Regeln hat, die sich bewährt haben, dass man zu einem Ergebnis kommt."
Julia Klöckner wiegelt ab: "Ich bin als Bundestagspräsidentin hier"
Wer die Abweichler waren, die Merz im ersten Wahlgang nicht gewählt haben, weiß sie nicht. Will sie auch nicht wissen. "Am Ende ist es eine geheime Wahl, und für eine Bundestagspräsidentin verbieten sich Spekulationen." Erleichtert sei sie jedoch darüber, dass sich alle demokratischen Fraktionen zusammengefunden haben, um eine politische Lösung für einen zweiten Wahlgang noch an jenem Dienstag zu finden. Auch die Linken. Und mit denen hat die Union einen Unvereinbarkeitsbeschluss. Ob die Union darüber erneut reden sollte, will Klöckner nicht sagen. "Ich bin als Bundestagspräsidentin hier."
Als Bundestagspräsidentin hat Klöckner am Dienstag einen richtig guten Job gemacht. Da sind sich alle Beobachter einig. Und das ändert sich auch bei Maischberger nicht. Klöckner wirkt freundlich, souverän, aber neutral. Sie steht über den Parteien, lässt sich auch von tückischen Fragen der Moderatorin nicht ins Bockshorn jagen. Nur einmal zeigt sie Gefühle, als Maischberger auf ihre Wahl zur Weinkönigin zu sprechen kommt. Gut 20 Jahre ist das jetzt her. "Ich habe auch Abitur und eine Ausbildung", wird Klöckner mal kurz erfrischend schnippisch.
"Dem verpasse ich jetzt noch mal eine, und dann soll er regieren"
Auch der ehemalige SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz wirkt irgendwann genervt, als Moderatorin Maischberger ihn zum dritten Mal nach den Abweichlern fragt, die Friedrich Merz im ersten Wahlgang ihre Stimme nicht gegeben haben. Er möchte lieber über die Aufgaben der Bundesregierung sprechen, weist Schulz die Moderatorin zurecht. Das darf er auch. Ganz am Ende des Gesprächs.
Vorher äußert er sich natürlich zu der Wahl von Friedrich Merz. Das Scheitern des ersten Wahlgangs habe er als "dramatisch" empfunden, sagt Schulz. "Dass da 18 Leute nein sagen, hat mich schockiert." Für die demokratische Mitte seien die Vorgänge ein alarmierender Zustand. Von einer echten Staatskrise möchte er aber nicht sprechen.
Die hätte es gegeben, wenn Merz auch im zweiten Wahlgang nicht die nötigen Stimmen erreicht hätte. "Aus meiner Sicht war das so, dass es eine Reihe Abgeordnete gab, die aus welchen Gründen auch immer gesagt haben, dem verpasse ich jetzt noch mal eine, und dann soll er regieren, aber er soll wissen: So leicht wird das nicht", sagt Schulz.
"Die Probleme müssen wir anpacken"
Ob Merz ein besserer Kanzler sein wird als Olaf Scholz, fragt Maischberger. Da ist sie jedoch bei dem ehemaligen SPD-Chef an den Falschen geraten. "Das ergibt sich schon aus seiner Mitgliedschaft in der CDU, dass er nicht der bessere Kanzler sein kann", sagt er und grinst.
Aber: "Ich hoffe im Interesse der Bundesrepublik Deutschland, dass er ein guter Kanzler wird, der eines kapiert: Die Mehrheit in unserem Lande, auch am heutigen Tage, wo das Berliner Milieu geschockt war, muss morgen zur Arbeit gehen, muss darüber nachdenken, ob die Kinder einen Kita-Platz haben, ob die Oma die Pflegestelle bekommt, die sie braucht, ob die Miete bezahlbar ist, ob der Mindestlohn kommt, ob die Rente ausreicht. Die Probleme müssen wir anpacken, selbst wenn der Kanzler erst im zweiten Wahlgang gewählt worden ist. Das ist das, was wir brauchen."