Karriere: Wie der Jobwechsel gelingt
Viele Leute wollen 2016 den Job wechseln. Wann der richtige Zeitpunkt ist und wie es mit dem neuen Arbeitsplatz klappt, verrät Dr. Bernd Slaghuis im Interview.
Eine aktuelle Karriere-Studie zeigt: Jeder dritte Angestellte ist auf dem Absprung und möchte dieses Jahr seinen Arbeitgeber wechseln. Worauf Arbeitnehmer beim Jobwechsel achten sollten, verrät der Kölner Karriere-Coach Dr. Bernd Slaghuis (Mitautor von "ArbeitsVisionen2025") im Interview. Der Experte, der den Karriere-Blog Perspektivwechsel betreibt, weiß auch, was vielen Menschen im Job fehlt.
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Wie erklären Sie sich, dass laut Ihrer Erhebung die meisten Angestellten zwar zufrieden sind, aber dennoch rund ein Drittel den Job wechseln will?
Slaghuis: Meine Studie zeigt, dass Angestellten die fachliche Weiterentwicklung im Beruf sehr wichtig ist. Neues lernen ist mit 75 Prozent hoher Zustimmung das oberste Karriere-Ziel der Deutschen für 2016. Erst danach rangiert mehr Geld verdienen auf Platz 2. Karriere steht heute nicht mehr für Einfluss, Macht oder Status, sondern die meisten Angestellten verbinden hiermit Selbstverwirklichung, Herausforderung und Anerkennung.
Und die bekommen sie häufig nicht?
Slaghuis: Genau! Wer bei seinem Arbeitgeber an Entwicklungsgrenzen stößt, keine Anerkennung erfährt oder wem sogar langweilig wird, der schaut sich heute schnell nach interessanten Alternativen um. Denn die Identifikation mit dem eigenen Arbeitgeber verliert immer stärker an Bedeutung, insbesondere bei der jungen Generation. Gerade jetzt in Zeiten guter Arbeitsmarktlage sehen viele Angestellte eher die Chancen eines Jobwechsels als die Risiken. Sie möchten nicht nur ihren Lebenslauf optimieren, sondern vor allem ihren Wissensdurst stillen, um damit auch langfristig attraktiv für den Arbeitsmarkt zu bleiben.
Worauf sollten Wechselwillige bei der Jobsuche achten?
Slaghuis: Ich erlebe in Coachings viele frustrierte Angestellte, die mir genau erklären können, was sie alles nicht mehr möchten. Wichtig ist, daraus Hin-zu-Ziele zu machen. Und zwar so konkret wie nur möglich. Eigene Klarheit ist nötig: Was sind meine Ziele und was brauche ich im neuen Job, damit es mir gut geht? In welchem Umfeld fühle ich mich wohl und wo kann ich gute Leistungen erbringen?
Ist Karriere heute kein stures Klettern auf der Karriereleiter mehr?
Slaghuis: Nein, der nächste Schritt im Beruf kann in viele Richtungen führen. Auch eine Neuorientierung oder der Wechsel in eine andere Branche ist selbst für Arbeitnehmer in der Lebensmitte realistisch, wenn sie dies mit einer klugen Bewerbungsstrategie angehen. Wer sich auf Jobsuche begibt, sollte vor allem für sich klären, wo die Reise hingehen soll. Halbherzige Bewerbungen auf gut Glück zu streuen, ist keine echte Motivation und später im Gespräch auch nicht glaubwürdig.
Welche Gefahren lauern auch bei einem Jobwechsel?
Slaghuis: Bei jeder Form von Veränderung hoffen wir, etwas zu gewinnen. Doch meist geben wir hierfür auch etwas lieb Gewonnenes auf. Wer über einen Jobwechsel nachdenkt, sollte sich beider Seiten der Medaille klar werden und den Schritt abwägen. Die größte Gefahr ist, blind die Katze im Sack zu kaufen.
Wie lässt sich das verhindern?
Slaghuis: Um sich ein Bild des neuen Arbeitgebers zu verschaffen, ist es wichtig, ihn spätestens im Bewerbungsgespräch genau unter die Lupe zu nehmen: Wie sympathisch ist der zukünftige Chef und wie führt er seine Mitarbeiter? Was genau werden die Aufgaben sein? Wie sind die Kollegen drauf? Wie sieht der Arbeitsplatz aus? Welche Entwicklungsperspektiven gibt es? Bewerber dürfen und sollten alle Fragen stellen, die für ihre Entscheidung für oder gegen den neuen Job wichtig sind. Hier macht der Ton die Musik. Bewerber sollten erklären, warum ihnen diese Fragen wichtig sind, damit die andere Seite es nicht in den falschen Hals bekommt.
Wann ist der richtige Zeitpunkt für einen Jobwechsel?
Slaghuis: Zunächst lohnt sicherlich ein Blick auf die offizielle Kündigungsfrist im aktuellen Arbeitsvertrag. Mitunter ist es für den nächsten Schritt auch inhaltlich oder finanziell sinnvoll, noch das laufende Projekt abzuschließen, die nächste Beförderung abzuwarten oder den Jahresbonus zu kassieren. Jobwechsler sollten ebenso mit ihrer Familie besprechen, wann für sie ein guter Zeitpunkt für den Wechsel ist. Besonders dann, wenn damit ein Umzug oder andere wichtige Entscheidungen verbunden sind.
Suchen oder finden lassen? Was ist eine gute Bewerbungsstrategie?
Slaghuis: Das hängt vor allem davon ab, wie offen Angestellte mit ihrem Wechselwunsch umgehen möchten. Viele Berufstätige in ungekündigter Position haben große Angst davor, dass ihr Noch-Arbeitgeber etwas erfährt. In sozialen Netzwerken oder im Freundeskreis die Suche nach neuen Herausforderungen öffentlich zu machen, ist daher keine gute Idee. Wer jedoch die feste Absicht hat zu wechseln und absehen kann, mit hoher Wahrscheinlichkeit innerhalb der nächsten Monate einen neuen Job zu finden, der sollte aus meiner Erfahrung mit offenen Karten spielen. Denn die Chancen, über das eigene Netzwerk oder andere Kanäle zum neuen Job beim Wunsch-Arbeitgeber zu kommen, sind oftmals durchaus vorhanden.
Was ist Ihr wichtigster Tipp?
Slaghuis: Das Wichtigste ist: Eigene Klarheit über die nächsten sinnvollen Schritte schaffen und Entscheidungen treffen. Jeder ist der Chef seines eigenen Lebens! Bewerber sollten ein authentisches Profil mit Ecken und Kanten zeigen. Sagen, was Ihnen wirklich wichtig ist. So heben Sie sich heute von der Masse ab, und die Wahrscheinlichkeit steigt, dass es hinterher im neuen Job auch wirklich passt.