Timo Werner: So tickt der neue Fußball-Held

Deutschland hat einen neuen Helden: Timo Werner! Der Mittelstürmer der deutschen Nationalmannschaft, versetzt Millionen von Fußballfans in einen Freudentaumel. Nach seinen zwei Toren beim 6:0-Sieg gegen Norwegen schwärmt das ganze Land von dem bescheidenen jungen Mann. Doch das war nicht immer so.
Der millionenfache Jubel muss Timo Werner (21) wie Engelsgesang in den Ohren klingen, denn er weiß sehr gut, wie launisch die Fans bisweilen mit ihren Lieblingen umgehen. Noch vor wenigen Tagen grölten beim 2:1-Sieg gegen Tschechien einige rechtsradikale Hooligans hasserfüllte Parolen gegen Timo, obwohl der das 1:0 der deutschen Mannschaft erzielt hatte: "Timo Werner ist ein Hurensohn", klang es unüberhörbar aus dem deutschen Fanlager im Prager Stadion.
Dass ein 21-Jähriger so übel beschimpft und vier Tage später so gefeiert wird - das ist nur in der Fußballszene möglich. "Ich habe früh gelernt, dass der Fußball auch eine zweite Seite hat und dass man die akzeptieren muss. Ich habe gelernt, gegen Widerstände anzukämpfen", sagte Timo Werner der "Süddeutschen Zeitung".
Widerstände hat er schon als Jugendlicher zu spüren bekommen. Dabei ist er alles andere als eine Reizfigur, sondern nur einer mit einem außergewöhnlichen Talent. Dass allein reicht manchmal aus, um Neid und Missgunst zu ernten.
Bodenständiges Elternhaus - harte Fußballschule
Er ist in Stuttgart geboren, genauer gesagt: in Bad Cannstatt. Der Vater Günther Schuh, einst Stürmer bei Ludwigsburg und den Stuttgarter Kickers, hat das Talent seines Sohnes gefördert und ihm beigebracht, welche Werte außerhalb des Spielfeldes wichtig sind. Die Familie gilt als bodenständig, Timo Werner sagt: "Ich bin froh, dass ich so ein Elternhaus habe." Er trägt übrigens den Nachnamen seiner Mutter, die Eltern sind nicht verheiratet.
Er war das Wunderkind des VfB, schoss in der A-Jugend-Bundesliga als B-Jugendlicher mal 24 Tore in 23 Partien. Und er war der jüngste Spieler des Klubs, der die 50-Erstliga-Spiele-Marke überschritt.
In Stuttgart hat er auch das Gefühl kennengelernt, ganz oben zu sein - und ganz unten. Die Fans bejubelten ihn, doch vor den alten Platzhirschen in der Mannschaft hatte er Angst. Denn die veralberten ihn, wenn er im Training mal einen Ball über das Tor schoss.
Dann war da noch der Trainer, der ihn vor der Mannschaft bloßgestellt hat. Da war Timo 19 Jahre alt. 2015 hatte er beim Spiel gegen Hoffenheim ein Tor geschossen und sich darüber gefreut, doch Trainer Zorniger machte ihn zum Sündenbock für einen verpassten Sieg: Er äffte Timos Küsschen-Torjubel nach...
Ikke Hüftgolds "Urensohn"
Der VfB ist dann abgestiegen und Timo Werner wechselte zum Klub RB Leipzig, was seinem Heimatverein gute zehn Millionen Euro eingebracht hat. In Sachsen schoss Werner ein Tor nach dem anderen, insgesamt 21 in 31 Spielen. Doch in den Jubel um ihn, mischten sich auch Hassgesänge, seit er am 4. Dezember 2016 gegen Schalke 04 mit einer bühnenreifen Schwalbe einen Elfmeter rausholte.
So etwas passiert in der Bundesliga an jedem Spieltag. Doch Timo Werner wurde als "Hurensohn" beschimpft - bis zu dem Spiel in Prag. Diese Abneigung nahm der Mallorca-Sänger Ikke Hüftgold, der seine Feinfühligkeit mit Titeln wie "Ich will Sex mit dir, Carmen" oder "Dicke Titten, Kartoffelsalat" unter Beweis gestellt hat, zum Anlass, den Song "Urensohn" unters Volk zu bringen. In dem es heißt: "Imo Erner ist kein Urensohn", was etliche Fans auf ihre Weise im Stadion sangen.
"Solche Sachen können einem schaden, aber einen auch stärken, wenn man es nicht so an sich heranlässt", sagt Timo da nur. "Ich habe genug Leute, die sehen, was für ein Typ ich bin. Dass ich kein schlechter Mensch bin, nur weil mir solch eine Situation unterlaufen ist."
"Arbeite weiter an Dir, Timo!"
"Timo Werners Eltern haben ihren Bub erzogen, wie halt Schwaben ihren Bub erziehen: zur Askese. Die Wegwerfgesellschaft prallt vor der Stuttgarter Kessellage ab", schreibt die "Leipziger Volkszeitung". "Werner fährt seit er 18 ist ein Auto und legt seine geschätzten drei Millionen Euro, die ihm RB jährlich überweist, konservativ an. Konservativ = schwäbisch." Und von Werners Berater, dem ehemaligen Nationalspieler Karl-Heinz Förster (58) höre man auch nicht ständig, dass sein Klient zu Höherem berufen ist. Jedes Förster-Gespräch mit Werner endet auf gut Schwäbisch so: "Arbeite weiter an Dir, Timo!"
Er hat seit Jahren die gleichaltrige Freundin Julia. Beide haben zusammen am "Wirtemberg-Gymnasium" ihr Abitur gemacht, sie folgte ihm nach Leipzig, um dort Tanzpädagogik zu studieren.
Er habe in seinem Leben "noch nie einen Tropfen Alkohol getrunken", sagt das neue deutsche Idol. Und: "Wenn ich daheim in Stuttgart bin oder hier einen freien Tag habe, esse ich auch einmal ein Schnitzel mit Spätzle."
Inzwischen hat auch Ikke Hüftgold klein beigegeben: "Aus aktuellem Anlass und weil der Shitstorm gegen Timo Werner einfach kein Ende nimmt, habe ich meinen Satiresong 'Imo Erner ist KEIN Urensohn' aus allen Kaufplattformen und aus Youtube herausgenommen!" Die Einnahmen wolle er der Kinderkrebshilfe spenden.