Uli Hoeneß: Attacke oder Rückzug?

Uli Hoeneß ist wieder ein freier Mann. Der ehemalige Präsident des FC Bayern München hat nach 21 Monaten Haft das Gefängnis verlassen. Doch wie sehen jetzt seine Zukunftspläne aus?
Er ist wieder da. Das heißt: Er ist wieder raus! Uli Hoeneß (64) hat nach 21 Monaten Haft das Gefängnis verlassen und ist wieder ein freier Mann. Der ehemalige Präsident des FC Bayern München musste nur die Hälfte seiner dreieinhalbjährigen Haftstrafe wegen Steuerhinterziehung absitzen. Die Frage ist nur: Was geschieht jetzt? Greift die "Abteilung Attacke", wie sich Hoeneß früher selbst nannte, wieder an?
Sehen Sie auf MyVideo, welchem Gefängnisjob Uli Hoeneß nachging
Er verließ das Gefängnis schon in der Nacht
Zunächst einmal hat er die Reporter gefoppt. Die warteten heute am frühen Morgen vor den Gefängnistoren auf den prominenten Steuersünder. Vergeblich, denn Hoeneß war längst draußen. Bereits in der Nacht gegen drei Uhr hatte er die Anstalt verlassen und war direkt in sein Haus in Bad Wiessee am Tegernsee gefahren.
Laut "Welt" war aus der Hoeneß-Villa laute Musik zu hören, vornehmlich Songs von Rockstar Rod Stewart. "Bild" hat auch die Anwesenheit einer Blaskapelle ausfindig gemacht. Irgendwann trat der Hoeneß-Sohn Florian vor die Presse und sagte: "Sie haben das Zeitfenster verpasst. Er ist schon lange da."
Wie geht es weiter?
Was passiert jetzt? Zieht sich das Kraftpaket Hoeneß, mittlerweile um locker 15 Kilo erleichtert und fit wie ein Turnschuh, aufs Altenteil zurück? Daran mag niemand glauben, erst recht nicht die Fachwelt. Das Onlineportal des Fußballmagazins "Elf Freunde" schreibt: "Als ob irgendjemand ernsthaft annehmen würde, der barocke Wurstfabrikant könne mit dem Gedanken spielen, sich aufs Altenteil am Tegernsee zu begeben, um abends mit seiner Susi einem alkoholfreien Weißbier in der Wirtschaft zu frönen, anschließend daheim eine Partie Scrabble zu spielen und später entspannt ein Match seines Klubs im TV zu verfolgen. Frei nach dem Motto: Der Kalle macht das schon."
Und die "Welt" unkte, es sei schwer vorstellbar, "dass der Starkstrommanager Hoeneß nur den vereinseigenen Nachwuchs weiterentwickeln soll. Das wäre ungefähr so, als würde man den Bundespräsidenten als Pförtner im Schloss Bellevue anstellen."
Zurück an die Spitze vom FC Bayern?
Will Hoeneß wieder Bayern-Präsident werden? Die Mehrzahl der Fans wünscht sich das, denn sie spüren, dass der FC Bayern auf dem Weg zu einem Fußballkonzern ist und vermissen das "Mir san mir"-Familiengefühl, das ein Uli Hoeneß, polternd und seelenvoll gleichermaßen, vorgelebt hatte.
Hoeneß on top, das hätte auch der Bayern-Star Jerome Boateng gern: "Er hat den FC Bayern mit aufgebaut, und ich würde mir wünschen, wenn er wieder zurückkommt und wieder das alte Team da ist." Und Franz Beckenbauer (70) sagte zu "Bild": "Ich glaube, er wird vielleicht in seinem Urteil etwas nachsichtiger sein und nicht mehr ganz so besessen. Aber er ist nach wie vor mit ganzer Begeisterung für den FC Bayern dabei. Uli soll erst mal abschalten - und dann wieder einsteigen. In welcher Funktion auch immer. Bayern braucht ihn."
Der bisherige Vereinschef Karl Hopfner (63) hat bereits im Vorfeld angekündigt, dass er auf keinen Fall im Weg stehen werde, falls Hoeneß Ambitionen zeige.
Erstmal Urlaub!
Hoeneß selbst ließ ausrichten, er werde sich eine längere Auszeit gönnen. Es stehe ein längerer Urlaub mit Ehefrau Susi an, Ruhe wolle er haben und keine permanenten Schlagzeilen mehr. Vor Juni möchte er mit niemandem öffentlich über seine Pläne reden, ließ er via Sekretärin mitteilen. Und dem "Kicker" sagte er vergangene Woche, in den nächsten Monaten "werde ich Fußball genießen, ins Stadion gehen und wieder Fan sein".
Die Öffentlichkeit wird den ehemaligen Bayern-Boss schon bald zu Gesicht bekommen: Am 13. März wird Uli Hoeneß in Mönchengladbach die Laudatio auf seinen Freund Jupp Heynckes (70) halten. Der frühere Bayern-Trainer erhält den Ehrenring seiner Heimatstadt für "seine herausragenden Verdienste". Und am 16. März wird Hoeneß höchstwahrscheinlich wieder auf der Tribüne der Münchner Arena sitzen beim zweiten Spiel des Champion-League-Achtelfinales gegen Juventus.
Andererseits wollen Freunde des Bayern-Zampanos eine Veränderung im Selbstverständnis von Uli Hoeneß wahrgenommen haben. Bei seinem Freigängerjob in der Jugendabteilung des FC Bayern München habe er ungewohnt leise im Hintergrund gewerkelt. Laut "Welt" "polterte er nicht los wie früher, sondern sprach ruhig und eindringlich... Uli Hoeneß' Leben und Wirken hat offenbar eine neue Tonalität gefunden, die eher in Richtung Rückzug ins Private denn auf Attacken in der Öffentlichkeit hindeutet."
Sein Bruder Dieter Hoeneß, früher selbst erfolgreicher Bayern-Star, empfiehlt ihm diese Variante der Lebensplanung: "Möglicherweise wäre es für Uli besser, ein bisschen mehr das Leben zu genießen, nicht nur immer wieder irgendwelchen Erfolgen hinterherzurennen."