Welche Promis sind für den Brexit und welche dagegen?
Am morgigen Donnerstag stimmt Großbritannien über den Verbleib in der EU ab. Viele Promis beziehen dabei klar Stellung. Wer ist dafür und wer dagegen?
Dafür - oder dagegen. Diese Frage spaltet ein Land, das politisch, wirtschaftlich, militärisch und kulturell zu den mächtigsten Staaten der Welt zu zählen ist. Großbritannien will sich kommenden Donnerstag entscheiden, ob es künftig mit oder ohne Europa leben will. Dafür bedeutet: für den Brexit, den Austritt aus der europäischen Staatengemeinschaft; dagegen: der Entscheid für Europa.
Mittlerweile sind beide Lager derart verfeindet, dass man versucht ist, vom "unvereinigten Königreich" zu sprechen. Die hitzige Diskussion wird von Hassausbrüchen vor allem von Brexit-Befürwortern befeuert - bis es letzte Woche zu einer spektakulären Gewalttat kommt, die ganz England schockiert: Die pro-europäische Labour-Abgeordnete Jo Cox (41) wird von einem vermutlich psychisch kranken Attentäter ermordet. Bei seiner Festnahme ruft der Mann: "Britain first."
Die schottische Schriftstellerin Alison Louise Kennedy (51) sieht in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" in der Londoner Elite ("immer mehr Oligarchen, Drogenbosse, Scheichs und Scheichinnen") die eigentlichen Initiatoren des Brexits: "Unser oberstes Prozent befürchtet, in die grässliche Bedeutungslosigkeit der reichsten fünf Prozent Großbritanniens abzurutschen. Und derweil sind sie gezwungen, neuen Menschen zu begegnen, mit Veränderungen klarzukommen, mit einem Verdrängungswettbewerb um die besten Restauranttische und die neuesten Louis-Vuitton-Taschen. Unsere Reichen mögen keine Veränderung, keinen Wettbewerb, keine Verdrängung..."
282 Stars unterzeichnen offenen Brief
Inzwischen haben sich 282 Stars aus der britischen Film-, Kunst- und Musikszene für den Verbleib ihres Landes in der EU starkgemacht. In einem offenen Brief, den der "Daily Telegraph" veröffentlichte, schrieben die Promis, die Insel sei nicht nur stärker in Europa, sie bleibe auch einfallsreicher und kreativer, wenn der Brexit abgewendet werde.
Das Schreiben wurde u.a. von Kinostar Benedict Cumberbatch (39, "Sherlock"), Regisseur und Oscar-Preisträger Danny Boyle (59, "Steve Jobs"), Modeschöpferin Vivienne Westwood und den Schriftstellern Carol Ann Duffy (60), John le Carré (84) und Ian McEwan (68) unterzeichnet. Wörtlich heißt es: "Unser weltweiter kreativer Erfolg würde erheblich geschwächt, wenn wir weglaufen... Von der kleinsten Galerie bis zum größten Blockbuster haben viele von uns an Projekten gearbeitet, die ohne EU-Förderung oder internationale Zusammenarbeit nie stattgefunden hätten."
Auch die Musiker Bono (56, U2) und Nick Mason (72, Pink Floyd) sowie die Punk-Ikonen und Sex-Pistols-Mitbegründer John Lydon (60) und Paul Cook (59) bekennen sich zu Europa. Cook: "Ich fühle mich in Städten wie Paris, Berlin und Barcelona zu Hause, weil ich mich als Europäer fühle..." Und Lydon, der in Los Angeles lebt, bezeichnet den Brexit als "selbstmörderisch".
Diese Promis sagen "Ja" zu Europa
Die Liste der Prominenten, die Ja zu Europa sagen, ist lang. Der berühmte britische Astrophysiker Stephen Hawking (74) sieht in dem Brexit eine "Katastrophe für die Wissenschaft im Vereinigten Königreich... Die Zeiten sind vorbei, in denen wir noch alleine gegen die Welt bestehen konnten. Wir müssen Teil einer größeren Gruppe von Nationen sein, sowohl für unsere Sicherheit als auch für unseren Handel." Viele junge, vielversprechende Wissenschaftler würden in Europa rekrutiert, der Austausch innerhalb der Gemeinschaft sei wichtig. Wichtig sei auch der finanzielle Aspekt. Nach Deutschland empfängt Großbritannien die meisten Gelder aus der EU-Forschungsförderung.
Keira Knightley (31, "Fluch der Karibik") wandte sich in einer Art Werbespot an junge Wähler: "Es dauert fünf Sekunden, das perfekte Preisträgergesicht zu üben." Und es dauere nur fünf Sekunden, ein Kreuz auf dem Stimmzettel in der Wahlurne zu setzen. "Fünf Sekunden, um andere davon abzuhalten, mit eurer Zukunft Mist zu bauen...Von Shakespeare bis Bowie hat die britische Kreativität den Rest der Welt inspiriert und beeinflusst. Unsere Zugehörigkeit zur EU unterstreicht die führende Rolle Großbritanniens auf der Weltbühne."
Die Oscar-Preisträgerin Emma Thompson (57, "Saving Mr. Banks") geht mit der Abstimmung in ihrer Heimat harsch ins Gericht: "Großbritannien ist eine kleine wolkenverhangene regnerische Ecke, die irgendwie zu Europa gehört, eine fette, trübselige, graue alte Insel." Jeremy Clarkson (56), ehemaliger Moderator der BBC-Autoserie "Top Gear", wünscht sich sogar die "Vereinigte Staaten von Europa ... Ist es nicht besser zu bleiben und zu versuchen, das verdammte Ding vernünftig zum Laufen zu bekommen?"
Für den Milliardär und Gründer der Virgin-Gruppe Richard Branson (65) ist der Brexit ein Schritt zurück in die Vergangenheit: Er sei alt genug, "um mich an die Zeiten zu erinnern, bevor wir Teil Europas waren, und diese Tage waren sehr unfreundliche Tage... Es wäre ein sehr, sehr, sehr, sehr trauriger Tag, wenn das britische Volk für den Austritt stimmen würde. Ich denke, es wäre sehr, sehr schädlich für Großbritannien."
In Deutschland lebende Promis sind dagegen
Auch viele der knapp 106.000 Engländer, die in Deutschland leben, werben für Europa. Der weltberühmte Dirigent Simon Rattle (61), seit 14 Jahren Chef der Berliner Philharmoniker, glaubt, dass Briten, die sich international bewegen, dafür seien, dass Großbritannien in der EU bleibt. Rattle ist seit 14 Jahren Chefdirigent der Berliner Philharmoniker und lebt in der deutschen Hauptstadt.
Der prominente Bildhauer Tony Cragg (67) lebt seit 40 Jahren in Wuppertal und betreibt mit dem Skulpturenpark Waldfrieden ein internationales Ausstellungszentrum. Vier Jahre lang war er Rektor der renommierten Düsseldorfer Kunstakademie. Er findet einen Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union "wirklich sehr schade. Das wäre ein Schritt rückwärts in der Entwicklung."
Die Schauspielerin Rebecca Siemoneit-Barum (38), bekannt aus der "Lindenstraße" und "Dschungelcamp", ist Halb-Engländerin mit einer englischen Mutter. "Die Beziehung zu Großbritannien prägt mein ganzes Leben. Ich fände es angesichts der weltpolitischen Lage schön, England als europäischen Staat weiter mit im Boot zu haben... Ich denke, am Wahltag werden einige, die jetzt noch groß prahlen, dass sie raus wollen, doch ein bisschen Schiss kriegen und sagen: Bleiben wir mal lieber drin."
Der Sänger Benjamin Boyce (47, Caught in the Act) wohnt in Köln, reist aber noch regelmäßig "auf die Affeninsel", wo er allerdings nicht mehr wählen dürfe, weil sein Wohnsitz in Deutschland sei. "Die haben natürlich 1000 Jahre auf dieser Insel gelebt", sagt er über seine Landsleute. "Sie sind noch sehr gebunden an das Traditionelle und die selbstständige Vergangenheit... Es könnte natürlich gefährlich sein, wenn sie sich zu sehr absondern von den Dingen, die man in Europa Hand in Hand macht."
Diese Promis sagen "Nein" zu Europa
Auch die Liste der Stars, die für den Brexit werben, ist beeindruckend und weist große Namen auf. Der Oscar-Preisträger Michael Caine (83, "The Dark Knight Rises") und geadelte Schauspieler will nicht länger Vorschriften aus Brüssel diktiert bekommen - von "Tausenden gesichtsloser Beamten".
The-Who-Sänger Roger Daltrey (72) beschreibt die EU als "undemokratisch" und "dysfunktional". Sie sei von "einem Haufen Gauner" gegründet worden. "Wir können das Europa, das wir wollen, nur bekommen, wenn wir diese verdammte Bande von Wichsern loswerden, die es regieren." Der Rolling-Stones-Frontmann Mick Jagger (72) ist davon überzeugt, dass sich für die Briten der Brexit auf lange Sicht "auszahlen" wird.
Das ehemalige Model Liz Hurley (51) fordert via Twitter ihre Followers dazu auf, für den Austritt zu stimmen: "Wenn es bedeutet, wir können dahin zurück, ordentliche Glühbirnen zu benutzen sowie leistungsstarke Haarföhne und Staubsauger, falls wir das wollen, dann schließe ich mich ganz sicher dem Brexit-Lager an!"
Der umstrittene Formel-1-Geschäftsführer Bernie Ecclestone (85) nimmt vor allem die Europaparlamentsabgeordneten aufs Korn: Es sei "verrückt", Menschen, "die sonst nirgends einen Job bekommen", darüber entscheiden zu lassen, was England machen solle. Auch der kanadische Sänger Bryan Adams (66) möchte den Beamtenapparat von Brüssel loswerden und ist deswegen für den Brexit. Zuletzt twitterte er: "Will sich England wirklich weiter von den nicht gewählten Brüsseler Bürokraten gängeln lassen?"
Das ehemalige Spice Girl Victoria Beckham (42) glaubt: "Die EU-Bürokraten zerstören jedes bisschen nationale Identität und Individualität... Wir müssen unsere nationale Identität bewahren..." Auch Victorias ehemalige Bandkollegin Geri Halliwell (43) ist für den Brexit. Ihre Begründung: "Alle Länder sehen gleich aus. Nur England ist anders."
Der brillante Schauspieler John Cleese (76, "Monty Python", "Fawlty Towers", "Ein Fisch namens Wanda") bekennt sich zum Brexit-Lager: "Würde es in der EU die Chance auf maßgebliche Reformen geben, würde ich für den Verbleib stimmen." Doch diese Möglichkeit sehe er nicht.
Das einstige "Denver Clan"-Biest Joan Collins (83) mit Wohnsitzen in London, Los Angeles und New York, ist gegen die EU, weil sie eine Einwanderungswelle befürchtet: "Dieses Land unterscheidet sich enorm von dem Land, in dem ich aufgewachsen bin. Es kommen zu viele Leute, wir werden im Meer versinken mit so vielen Menschen."