1000 Mal Tatort: Die 90er

Zwei Hardcore-Singles als Buddy-Cops: Ivo Batic (Miroslav Nemec) und Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) schagen als neue Tatort-Kommissare sofort ein. © HR/BR
In den 90ern änderte sich die TV-Landschaft grundlegend, auch am Tatort ging das nicht spurlos vorbei. Die Privatsender waren nun in den meisten Haushalten zu empfangen, die Programm-Auswahl explodierte förmlich. Exorbitante Zuschauer-Zahlen wie in den Anfangsjahren waren nun für den Tatort unerreichbar. Außerdem wurde nun auch der Polizeiruf 110, das DDR-Pendant zum Tatort, auf dem traditionellen Sendeplatz am Sonntag Abend gezeigt.
Auch die Kommissare waren weiter im Wandel. Schimanski hatte in den 80ern vorgelegt, nun kamen einige zahmere Varianten auf den Bildschirm. Dennoch war klar: Der biedere Beamte war ein Auslaufmodell, die neuen Ermittler mussten – im allerbesten 90er-Slang – flott und pfiffig sein. Da passten die neuen Münchener Kommissare bestens rein: 1991 erschienen die Herren Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) auf dem Bildschirm. Der eine mit kroatischen Wurzeln, der andere Ur-Münchener – und beide bis heute Hardcore-Singles.
Der Tatort fasst gesellschaftliche Probleme an
In München, aber auch anderswo wurde der Tatort inhaltlich staatstragender. Aktuelle gesellschaftliche Probleme wurden angefasst, Randgruppen kamen zu Wort. Herausragend waren dabei vor allem "Amoklauf" von 1993 (Thema Kurden-Konflikt), " Frau Bu lacht" von 1995 (Thema Eheanbahnung und Kindesmissbrauch) oder " Manila" von 1998 (Thema Sextourismus). Bis heute greift der Tatort immer wieder aktuelle Themen auf – mal mehr, mal weniger erfolgreich. Zum Glück ist aber auch der klassischen Mord aus Eifersucht nach wie vor präsent.
Tatort mit Botschaft: "Amoklauf"
Bruno Ehrlicher (Peter Sodann) und der vornamenlose Kain (Bernd Michael Lade) waren ab 1992 die ersten ostdeutschen Tatort-Kommissare, zunächst in Dresden, ab 2000 dann in Leipzig. Die Einheit spielte auch in Berlin eine Rolle: Kommissar Markowitz (Günther Lamprecht, 1991 – 1995) ist ein echter Berliner, doch nach der Wende wird ihm seine Stadt fremd. Apropos Berlin: Was nach Markowitz in der Hauptstadt in Sachen Tatort abgeht, ist der boomenden Metropole mehr als unwürdig. Die Kommissare Roiter (Winfried Glatzeder) und Zorowski (Robinson Reichel) ermitteln zwar unter anderem auf der Love Parade, der Baustelle am Potsdamer Platz und auf der Berlinale, tun das jedoch in unterirdischen Drehbüchern und einer billigen Video-Optik. Tiefpunkt war die satirisch gemeinte Folge " Ein Hauch von Hollywood", die so schlecht war, dass sie nur im Spätprogramm gezeigt wurde. 1998 war dann nach immerhin zwölf Einsätzen Schluss. Nachfolger: Ein gewisser Till Ritter (Dominic Raacke). Nicht immer stilsicher waren auch Gastauftritte von Tatort-fremden Prominenten. Rio Reiser durfte 1995 sogar eine Hauptrolle spielen, bei Rudolph Moshammer, Wim Thoelke, Gerhard Delling oder Dariusz Michalczewski blieb es zum Glück bei Kurz-Auftritten. Bis heute legendär ist aber vor allem einer: Berti Vogts als talentfreier Kaninchen-Freund im Hamburg Tatort " Habgier". Er selbst bringt es auf den Punkt: "Manche Leute arbeiten im falschen Beruf."
Berti Vogts und das Kaninchen: Tatort "Habgier"
1997 war es dann endlich Zeit für die zweite weibliche Ermittlerin neben Lena Odenthal. Warum dafür den Machern nichts Besseres einfiel, als Hannelore Elsner alias "Die Kommissarin" Lea Sommer aus dem ARD-Vorabendprogramm zum Tatort zu verpflanzen, bleibt wohl ein Rätsel. Mehr als zwei Fälle waren dann auch nicht drin. Doch abgesehen davon gelangen den Sendern Ende der 90er Jahre gleich mehrere Glücksgriffe. So feierten Inga Lürsen (Sabine Postel) in Bremen, das Duo Schenk (Dietmar Bär) und Ballauf (Klaus J. Behrendt) in Köln und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) in Wien ihren Tatort-Einstand.
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