"Rebecca" aus Konstanz: Eine Schwalbe im tiefsten Winter

Sie hebt den Konstanz-Tatort auf ein nicht gekanntes Niveau: Gro Swantje Kohlhof als Rebecca. © SWR/Stephanie Schweigert
Dank Gro Swantje Kohlhof ist den Machern des Konstanz-Tatortes kurz vor Schluss nochmal ein echtes Ausrufezeichen gelungen. Das Psycho-Drama um die 15 Jahre lang gefangene, misshandelte und manipulierte Rebecca holte eine sehr gute Quote von 10,93 Millionen (MA 28,8 %, 14-49: 3,43 Mio.; 24,5%) und schaffte es seit vielen Jahren mal wieder, auch Twitterer und Kritiker zu überzeugen. Denn eigentlich ist der Bodensee-Tatort, der im Herbst eingestellt wird, alles andere als herausragend.
Warum, das ist bei aller Euphorie auch bei "Rebecca" zu sehen. Klara Blum (Eva Mattes) und Kai Perlmann (Sebastian Bezzel) lösen sich von ihrer Polizei-Routine, und damit auch von ihren eingefahrenen Rollen. Perlmann hat innerhalb des Teams die Oberhand, Blum bleibt - bis auf die Verhör-Szene gegen Ende - im Hintergrund. Zentrale Figur ist Gro Swantje Kohlhof als Rebecca, die es schafft, dem Martyrium ein Gesicht zu geben.
Zum Glück bekommt Kohlhof den Raum, den die Figur Rebecca braucht. Denn wenn man genau hinschaut, passiert neben ihr nicht viel Sehenswertes. Blum und die Psychologin (Imogen Kogge) sind vor allem eingeschnappt, weil nur Perlmann einen Zugang zu dem Mädchen findet. Der wiederum schwankt allzu heftig zwischen Gewissensbissen und der Erzieher-Rolle. Vielschichtig sieht anders aus. Angereichert wird das durch kitschige Motive wie der gemeinsamen Pflege einer verletzten Taube und - Achtung, Fremdschämen! - einem halbherzigen Aufklärungs-Versuch im Auto.
Vielleicht fällt auch "Rebecca" in das Schema, das einige Tatorte kurz vor dem Ende noch einmal aufdrehen. Der immer arg bemühte Leipzig-Tatort verabschiedete sich furios, und auch am Bodensee scheint man zum Ende hin noch mal all die Bücher rauszuholen, die man sich vorher nicht getraut hat. Doch bei aller Freude über den tollen Fall: Es war nur die berühmte Schwalbe, die noch keinen Sommer macht. Spätestens, wenn sich Klara Blum wieder über den x-ten Toten am Ufer des vernebelten Sees beugt, Perlmann rumkommandiert, betreten dreinschauend durch die Gegend schlurft und ein wenig mit den Schweizer Kollegen um die (überschaubare) Kompetenz rangelt, wären sich wieder alle einig: Es ist gut, dass es zu Ende geht!
Das schreibt Twitter über den Konstanz-Tatort "Rebecca":
Na, an wen erinnert uns der Fall Rebecca?
Traditionell hat der Bodensee-Tatort bei Twitter keinen leichten Stand. Doch bei "Rebecca" reißen es die packende Story und die tolle Hauptdarstellerin ein Stück weit raus. Das führte zu einem Novum: Wohlwollende Tweets!
Am Ende schafft es dann der Psychopathen-Opi, Klara Blum ungeahnte Emotionen zu entlocken und so für einen Funken Sympathie mit der scheidenden Kommissarin zu sorgen.
Dem ist nichts hinzuzufügen.