Tatort Hannover: Teamgeist, verzweifelt gesucht
Tatort Hannover goes Tatort Göttingen: Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler, r.) ermittelt in "Das verschwundene Kind" erstmals mit Anais Schmitz (Florence Kasumba). © NDR/Christine Schroeder
Teamfähigkeit ist nicht gerade eine Eigenschaft, die man mit Charlotte Lindholm (Maria Furtwängler) verbinden würde. Scharen von Dorfpolizisten wurden im Tatort Hannover schon von der herrischen Kommissarin durch die Gegend kommandiert, doch damit ist jetzt erstmal Schluss. Nach dem Desaster im letzten Fall wird Lindholm vom LKA strafversetzt nach Göttingen - und muss sich im neuen Tatort "Das verschwundene Kind" in einem Team eingliedern.
An ihrer neuen Wirkungsstätte trifft sie auf Anais Schmitz (Florence Kasumba), die ihrerseits alles andere als erfreut ist über die neue Kollegin, hat sie sich doch mühsam nach oben gearbeitet. Es sagt viel aus über den immer noch präsenten Alltagsrassismus, dass Lindholm die dunkelhäutige Schmitz zunächst für die Putzfrau hält - und dass der Tatort das als Einstiegs-Scharmützel des neuen Duos nutzt.
Da der Tatort Hannover bis auf Weiteres in Göttingen spielen soll - ein zweiter gemeinsamer Fall wird im Sommer gedreht, weitere sind angedacht - werden sich Lindholm und Schmitz also zusammenraufen müssen. Echte Sympathie-Trägerinnen sind aber beide nicht, auch eine landläufig als "tough" geltende, dominante Frau muss keine Zicke sein. Man ertappt sich bisweilen gar beim Fremdschämen.
Darum geht's im Tatort " Das verschwundene Kind"
Ihr erster gemeinsamer Fall geht den beiden Kommissarinnen an die Nieren: In der abbruchreifen, verdreckten Umkleidekabine eines Schul-Sportplatzes wird entdeckt, dass hier eine Frau unter mysteriösen Umständen entbunden hat. Manches deutet auf ein Verbrechen hin. Wo sind Mutter und Kind, leben sie noch? Mutter Lindholm, die versucht den Spagat zwischen Arbeit und dem Privatleben mit Sohn David hinzubekommen, wird von der Geschichte ebenso angefasst wie Anais Schmitz, deren Kinderwunsch bislang unerfüllt blieb. Auch das wieder ein Dreh, der eine recht platte Weltsicht durchscheinen lässt: Jede Frau, egal wie hart, ist tief im Inneren vor allem Mutter.
Nach dem Fund der Baby-Leiche entfaltet sich eine recht simple, aber dennoch etwas überfrachtete Geschichte: Die junge Mutter des Babys hat von häuslicher Gewalt über Drogen bis hinzu Vergewaltigung so ziemlich jedes Elend mitgemacht, dementsprechend groß ist die Zahl der möglichen Verdächtigen.
Lohnt sich das Einschalten beim Tatort?
Ja, allerdings mit Abstrichen. Kommissarin Lindholm tritt in ihrem ersten Göttinger Fall zunächst auf wie ein Elefant im Porzellan-Laden und stößt damit vielen neuen Kollegen erst einmal vor den Kopf. In Kommissarin Schmitz hat sie allerdings eine ebenbürtige Gegnerin gefunden. Was sich zunächst als interessante Spannungslage anfühlt, wird im Laufe des Films eher nur noch anstrengend. Zu platt, zu plump und vor allem zu unrealistisch sind die Mätzchen, die sich Lindholm und Schmitz ständig liefern.
Der eigentliche Fall ist als solider und durchaus auch spannender Krimi inszeniert. Leider ist die ein oder andere Figur ziemlich überzeichnet. Angefangen vom halbstarken Dealer auf dem Schulhof über den zwiespältigen Lehrer-Schönling bis hin zum verblendeten Vater des "Opfers": Irgendwie sind fast alle Figuren einfach ein wenig zu klischeehaft und auf dem Reißbrett entworfen. Das geht deutlich besser. Dennoch können wir den Tatort "Das verschwundene Kind" durchaus empfehlen, alleine wegen der neuen Figuren-Konstellation!
(mit Material von Spot On News)