Weimar-Tatort: Frisch und flapsig statt auswendig gelernt
Tatort Weimar: Kira Dorn (Nora Tschirner) und Lessing (Christian Ulmen) glänzen wieder mit geschliffenen Dialogen! © MDR/Neugebauer
Im weiteren Sinne schlägt der neue Weimar-Tatort "Der scheidende Schupo" einen Bogen zum Saar-Desaster vom vergangenen Sonntag: Auch in der thüringischen Kultur-Stadt geht es um Erzeuger und ihren Nachwuchs. Allerdings – und das ist der entscheidende Unterschied – ist die Absurdität in Weimar beabsichtigt und fast jeder Gag schlägt ein.
Wenn Christian Ulmen als Lessing und Nora Tschirner als Kira Dorn antreten, ist klar: Todernst wird es nicht, auch das klassische Täter-Raten fällt heute aus. Stattdessen sieht man zwei der besten Schauspieler, die es derzeit im Tatort gibt, dabei zu wie sie großen Spaß haben und sich die Text-Zeilen perfekt zuspielen. Die natürliche, bisweilen flapsige Art ist äußert erfrischend zwischen all den theatergeschulten Aussprache-Profis, die vielleicht gut rezitieren können, sich jedoch immer wie auswendig gelernt anhören.
Frisch und flapsig statt auswendig gelernt
Lessing und Dorn haben in "Der scheidende Schupo" zwei Probleme: Da wäre einmal der "Exkrema 7500", ein Hightech-Windeleimer aus der Kita, mit dessen Entsorgung das Paar wegen eines versäumten Elternabends beauftragt wird. Zum anderen ist da Ludwig Maria Pohl, genannt Lupo (Arndt Schwering-Sohnrey). Ein unscheinbares, uniformiertes Mauerblümchen, seit Jahren mehr oder weniger heimlich in Kira Dorn verliebt. Im Garten des Rosen-Liebhabers explodiert eine vermeintliche Fliegerbombe, kurz darauf klappt Lupo mit einer Vergiftung zusammen. Wer will den harmlosen Einzelgänger umbringen?
Zwei Tage bleiben noch, bevor Lupo an der Vergiftung sterben wird. Lessing und Dorn entdecken, dass er erst wenige Wochen vorher erfahren hat, ein uneheliches Kind des Porzellan-Fabrikanten Scholder zu sein. Nach dessen Unfall-Tod ist Lupo Erbe der Geschirr-Dynastie, gemeinsam mit den zerstrittenen Schwestern Amelie (Laura Tonke) und Desiree (Katharina Heyer). Beide hätten sicherlich nichts dagegen, den neu gewonnen Bruder loszuwerden.
Aber der Weimar-Tatort wäre nicht der Weimar-Tatort, wenn es so einfach wäre. Denn auch Ringo Kruschwitz (Florian Panzner), frisch aus dem Knast entlassen, möchte Lupo an den Kragen, brachte der ihn doch einst hinter Gittern. Ringo ist der Sohn von Olga (Carmen-Maja Antoni), die ehemalige Kindergärtnerin von Lupo und den Schober-Schwestern. Die resolute Rentnerin hält genau im Blick, was ihre ehemaligen Schäfchen so treiben und weiß natürlich mehr als alle anderen.
Am Ende wird es unübersichtlich
Es mangelt also nicht an Querverbindungen, überraschenden Zusammenhängen und plötzlichen Wendungen. Das ist, genau wie schon im letzten Fall "Der treue Roy", die einzige große Schwäche des Tatortes aus Weimar. Zum Ende hin schlägt die Story einen Haken zu viel, die Handlung franst bis zur Unübersichtlichkeit hin aus.
Ansonsten ist " Der scheidende Schupo" nämlich wieder ein Feuerwerk von Weltklasse-Dialogen (Buch: Murmel Clausen und Andreas Pflüger) mit grandiosen Schauspielern. Gut, übermäßige Logik oder Sozialkritik darf man nicht erwarten, dafür jede Menge Tempo und einen nicht immer hochtrabenden, aber durchaus frischen Humor. Dafür benötigen Christian Ulmen und Nora Tschirner aber auch fast kein Drehbuch, die Chemie stimmt einfach zwischen den beiden Hauptdarstellern - nicht nur in diesem Tatort! Der "Exkrema"-Gag wird übrigens zum Glück schnell fallen gelassen.