Windmühlen-Tatort: Overbeck, die coole Sau

Tolle Bilder, gute Geschichte: Der Bremen-Tatort "Wer Wind erntet, sät Sturm" schafft es, ein anspruchsvolles Thema in einen Krimi zu überführen. © Radio Bremen
Na, wer erinnert sich noch an den ersten Toten? Richtig, es war der Aktivist im Rollstuhl. Und wer hat am Ende noch verstanden, warum Kilian die merkwürdige Banker-Versammlung stürmt? Stellenweise war der Bremer Tatort dann doch einigermaßen abenteuerlich zusammengeschustert, um die Geschichte um einen Offshore-Windpark und seine Gegner zu einem Ende zu bringen.
Dennoch war "Wer Wind erntet, sät Sturm" ein sehr gelungenes Beispiel dafür, wie man gesellschaftlich und politisch relevante Themen im Tatort unterbringt. Nicht mit holzschnittartigen Bösewichten und Druck auf die Tränendrüse, sondern so wie hier: Ohne allzu penetrante Wertung, mit ambivalenten Figuren und tollen Bildern. Und - man kann es nicht oft genug betonen - mit einem Ende, bei dem Inga Lürsen (Sabine Postel) das gesamte Thema wieder ins richtige Verhältnis rückt: Hier werden Menschen getötet, damit ein paar Vögel weniger sterben.
Überhaupt waren die Bremer Kommissare richtig gut drauf, kein Privat-Kram und dennoch ein profilierter Auftritt. Nils Stedefreund (Oliver Mommsen) ist ja fast immer gut, aber auch fast alle Nebendarsteller machten einen tolle Job. Mal ehrlich, Overbeck (Thomas Heinze) war schon eine coole Sau, oder? Seine großartige Mischung aus Arroganz, Verzweiflung und Lässigkeit, die über große Teile im besten Sinne wie improvisiert wirkte. Selbst Hardcore-Umweltschützer Kilian (Lucas Prisor) war weit entfernt von den Phrasen-Aufsagern, die einem in anderen Tatorten sonst so begegnen.
In Sachen Quote merkt man, dass wir uns langsam aber sicher der Tatort-Sommerpause nähern (letzter neuer Fall am 5. Juli). 8,52 Millionen reichen zwar locker für den Tagessieg, sind aber immer noch weit von den Werten der Saison entfernt (fast fünf Millionen weniger als der Münster-Tatort!). Dass der Anteil dennoch 28,2 % beträgt, zeigt aber auch, dass an einem Sommer-Wochenende wesentlich weniger Leute überhaupt den Fernseher einschalten.
Neben all den Aktivisten mit ihren verschiedenen Ideologien und den geschredderten und gehäckselten Vögeln (lautmalerisch wunderbare Formulierungen von Henrick Paulsen alias Helmut Zierl) war der Hedgefond-Handlung mit dem vampirartigen Milan Berger (Rafael Stachowiak) dann leider etwas zu viel. Der Spannungsbogen war ohnehin schon recht flach, beim Showdown zerfaserte die Handlung dann leider zusehens. Dennoch: Wenn das nächste Mal jemand einen Tatort mit gesellschaftspolitischen Anspruch, sollte sie oder er sich " Wer Wind erntet, sät Sturm" zu Herzen nehmen - und am besten gleich Thomas Heinze verpflichten.
Die besten Tweets zum Tatort "Wer Wind erntet, sät Sturm" aus Bremen
Hunger? Neuester Tipp aus der Geflügel-Küche:
Derart gesättigt kann man sich in Ruhe ansehen, wie im Tatort und auf Twitter Ideologien aufeinanderprallen.
Und nachdem sich Twitter drüber gefreut hat, dass es in jedem Windpark einen eigenen Handymast gibt, sammelte sich langsam aber sicher eine beachtliche Heinze/Overbeck-Fangemeinde.
Fazit: Nicht alle waren begeistert, auch wenn es viele positive Stimmen gab.