Varoufakis: Macht er allen nur etwas vor?

Mit seinem Besuch in der Talkshow von Günther Jauch ist es dem griechischen Finanzminister Yanis Varoufakis immerhin gelungen, vom eigentlichen Thema etwas abzulenken. Stattdessen beschäftigt sich ganz Deutschland nun mit der Echtheit des "Mittelfinger"-Videos.
Varoufakis und kein Ende. In jeder Nachrichtensendung, auf allen TV-Kanälen, in allen Online- und Print-Medien taucht der markante Kahlkopf des griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis (53) als fester Standard auf. Der Name des "Bruce Willis Griechenlands" (Günther Jauch) ist europaweit in aller Munde, und Varoufakis scheint das zu genießen.
Bei MyVideo sehen Sie, was Varoufakis vor einigen Wochen vor dem Treffen der Euro-Gruppe sagte
Dem französischen Magazin "Paris Match" öffneten seine Frau und er für eine Homestory die Tür zu seinem Athener Apartment mit Blick auf die Akropolis. Die Bilder vom klavierspielenden und speisenden Varoufakis lösten selbst in seiner gebeutelten Heimat einen Proteststurm aus, und der Finanzminister gab sich mit gestelzten Worten zerknirscht: "Ich frage mich: Gefällt mir diese Ästhetik? Nein. Und ich bereue es. Wir beide bereuen es", sagte er dem griechischen Fernsehen.
Nun steht der umtriebige Minister im Zentrum des so genannten Stinkefinger-Skandals, und der ist weit weniger appetitlich als die Fotos vom essenden Varoufakis. Bei seinem Auftritt in der Talkshow von Günther Jauch am Sonntagabend, bei dem der Wirtschaftsprofessor charmant um die deutsch-griechische Freundschaft warb, wurde eine Filmszene eingespielt, die Yanis Varoufakis bei einem Vortrag im Mai 2013 in Zagreb (Kroatien) zeigt. Dabei reckt er seinen Mittelfinger nach oben - und meint mit der beleidigenden Geste ganz offensichtlich Deutschland.
Varoufakis beteuert: "Der Ausschnitt ist getürkt!"
Dazu erklärte der Politiker, der aus Athen zugeschaltet war: "Lassen Sie mich etwas ganz einfach sagen. Das Video ist montiert. So etwas habe ich nie gemacht. Das ist getürkt! Das wussten Sie sicher nicht." Als Jauch insistierte, sagte Varoufakis: "Das habe ich nicht gemacht, mit dem Finger. Nehmen Sie es einfach so hin."
Seltsamerweise hat der Grieche während seines Vortrags in Kroatien aber genau davon gesprochen. Der Wortlaut: "Griechenland hätte im Januar 2010 einfach ankündigen sollen, dass es seinen Verpflichtungen im Euro nicht nachkommen kann - wie Argentinien es getan hat - und Deutschland den Mittelfinger zeigen und sagen sollen 'Jetzt könnt ihr das Problem allein lösen!'"
Jauch-Redaktion findet keine Anzeichen für Fake
Alessandro Del Prete, der die skandalträchtige Videosequenz ins Internet gestellt hat, twitterte laut "Bild": "Das ist definitiv kein Fake. Ich habe 6 Minuten aus insgesamt 57 herausgeschnitten." In der Zwischenzeit hat auch die Redaktion der Sendung "Günther Jauch" die Echtheit des Videos durch mehrere Netzexperten prüfen lassen und ist zu dem Schluss gekommen, dass es keine Anzeichen für eine Fälschung gebe. Auch auf Twitter läuft die Diskussion unter dem Hashtag #FingerGate auf Hochtouren. Varoufakis' Charme-Offensive im deutschen TV scheint folglich langsam zusammenzufallen wie ein Kartenhaus.