Ford Fiesta (1983-1989): Kennen Sie den noch?
Ford Fiesta Mk2 (1983-1989)
Man kennt sie. Und irgendwie auch wieder nicht. Die Rede ist nicht von den eigenen Nachbarn, sondern von Autos, die so unauffällig blieben, dass sie heute nur eingefleischte Fans noch kennen.
Solche Modelle müssen nicht zwangsläufig zu Lebzeiten Flops gewesen sein. Aber sie liefen unter dem Radar des gewöhnlichen Autokäufers. In unregelmäßiger Folge wollen wir ab sofort unter dem Titel "Kennen Sie den noch?" Old- und Youngtimer aus dem Nebel des Vergessens holen.
Kleinwagen haben es im Alter schwer. Klar, der alte Mini oder der Fiat 500 sind als Oldtimer beliebt. Aber die Vertreter der modernen Kleinwagen ab etwa 1975 fahren völlig unter dem Radar. Die Gründe dafür sind vielfältig: Magere Ausstattung, wenig Leistung (dafür aber auch kaum Gewicht!), geringes Prestige, kaum Coolness. Zudem waren Kleinwagen immer viel stärker als etwa große Limousinen reine Nutzgegenstände, die irgendwann weggeworfen worden.
Nüchtern, zweckmäßig und praktisch, aber eben auch maximal langweilig. Hinzu kam der Rost, der sich über Jahrzehnte durch Millionen kleiner Autos fraß. Oft wurde irgendwann in dritter oder vierter Studentenhand kaum noch in die Pflege investiert, weshalb man kaum 40 Jahre alte Kleinwagen sieht.
Erst recht keine Lobby haben Kleinwagen von Firmen mit wenig Strahlkraft. Nehmen wir nur mal Ford: Taunus oder Granada wurden irgendwann Kult. Aber ein Fiesta? Bestenfalls als heißer XR2 und dann bitte auch nur aufgemotzt. Selbst die größten Oldtimer-Zeitschriften interessieren sich nullkommajosef für den Fiesta, nur zum Jubiläum gibt es mal ein paar Zeilen.
Doch zu dem von 1983 bis 1989 gebauten Ford Fiesta, den ich Ihnen hier nahe bringen will, liest man nichts. Also muss sich der Interessent mit alten Prospekten, Betriebsanleitungen und Selbsthilfebüchern begnügen. Bis jetzt. Lassen Sie uns den Fiesta Mk2, wie er auch genannt wird, genauer beleuchten.
Das Kürzel Mk2 alias Mark2 benutzen die Briten gerne, um die Änderungen am dort noch weitaus populäreren Fiesta hervorzuheben. Mk1 bezeichnet den Ur-Fiesta. Er kam 1976 auf den Markt, Ford hatte für seine Entwicklung und ein neues Werk in Spanien umgerechnet gut 150 Millionen Euro investiert. Doch der aufkommende Trend zu Kleinwagen gab dem Konzern recht.
Und die Kundschaft: 1979 lief der einmillionste Ford Fiesta vom Band. Das Konzept aus Frontantrieb und großer Heckklappe traf ins Schwarze, zumal viele andere Hersteller in Sachen Kleinwagen nichts anzubieten hatten. Doch 1983 hatte sich das Blatt gewendet: Peugeot brachte den schicken 205, Opel hatte frisch den Corsa eingeführt und der VW Polo glänzte seit 1981 mit einem Steilheck.
Als Reaktion verpasste Ford dem Fiesta im August 1983 ein großes Facelift, das ihn je nach Lesart zum Mk2 oder zur zweiten Generation machte. Fest steht: Die Frontpartie war neu und ebenso rundlich wie die Stoßfänger, innen gab es je nach Ausstattung ein neues Armaturenbrett mit mehr oder weniger Bedienelementen. Doch ab der A-Säule sah der 83er-Fiesta fast genauso aus wie sein Vorgänger.
Hintere Türen gab es immer noch nicht, das war beim VW Polo aber auch nicht besser. Unter die breitere Haube des "neuen" Fiesta passten nun immerhin größere Motoren. Und zwar die damals neuen CVH-Aggregate ("Compound Valve Hemispherical"), die Ford im September 1980 mit der dritten Baureihe des Escort eingeführt hatte.
Im 3,65 Meter langen Fiesta waren sie mit 1,3 bis 1,6 Litern Hubraum erhältlich. Wegen des breiteren Motorraums war es möglich geworden, ein Fünfganggetriebe unterzubringen und bei diesen Motoren serienmäßig und beim 1,1-Liter-Motor als Sonderausstattung anzubieten.
Allerdings war die breite Masse der Mk2-Fiesta eher mager motorisiert, nämlich mit 45 oder 50 PS aus 957 oder 1.117 Kubikzentimeter Hubraum. Trotz eines Leergewichts zwischen 750 und 840 Kilogramm war hier Geduld gefragt: 19,8 Sekunden benötigte die 45-PS-Maschine auf Tempo 100.
Mit 12.765 DM war der Basis-Fiesta anno 1986 preislich zwischen Corsa und Polo angesiedelt. Der damalige "Auto Katalog" resümierte: "Offenbar kommt Fords Einsteigsmodell in der Summe seiner Eigenschaften beim Käufer sehr gut an." Gelobt wurde im gleichen Atemzug der ausreichend dimensionierte Innenraum.
Nur geringfügig flotter, aber wesentlich unkultivierter gab sich der im Februar 1984 eingeführte Fiesta Diesel mit 54 PS aus 1,6 Liter Hubraum. Ihn hatte Klöckner-Humboldt-Deutz (KHD) entwickelt und produziert, genauso klang er auch. Doch ein potenziell möglicher Verbrauch von vier Liter auf 100 Kilometer überzeugte die Kunden. 1986 war jeder dritte in Deutschland zugelassene Fiesta ein Diesel.
Das komplette Gegenteil war der Fiesta XR2 mit 96 PS (ab Sommer 1986 95 PS), die auf 850 Kilogramm trafen. Aus heutiger Sicht kurios sind die Reifen im Format 185/60 HR 13. Dazu gab es eine Tieferlegung und Sportsitze. Knapp 10 Sekunden brauchte der XR2 von null auf 100 km/h, kostete aber auch 1986 satte 17.690 DM. Die Werbetexter frohlockten: "Der stärkste Fiesta aller Zeiten", ohne etwas vom heutigen Fiesta ST zu ahnen.
Man sieht: Ford hatte damals für jeden den passenden Fiesta parat. Dazu Ausstattungen vom kargen Grundmodell über "L", "Fashion", "Festival", "Super" bis hin zum sportlichen "S" und dem noblen "Ghia". Wem es nach einer Automatik gelüstete, bekam sie ab 1987 in Form eines stufenlosen CTX-Getriebes für den 1,1 Liter.
Der Ford Fiesta Mk2 zählte zu den beliebtesten Kleinwagen in Großbritannien. In seinem besten Jahr, 1987, wurden im Vereinigten Königreich über 150.000 Fiesta-Modelle verkauft. In Westdeutschland, dem damals größten nationalen Automarkt Europas, gelang es dem Fiesta, den Volkswagen Polo in den Jahren 1984, 1985 und nochmals 1989 zu übertreffen, während der Polo den Fiesta zwischen 1986 und 1988 jedes Jahr knapp überflügelte.
Bis zum April 1989, als eine komplett neue Generation des Fiesta auf den Markt kam, hatten Produktion und Absatz der ersten beiden Fiesta-Generationen seit 1976 zusammen 4,5 Millionen Einheiten überschritten. Rund 2 Millionen davon entfielen auf den Fiesta Mk2.
Fest steht: Der Ford Fiesta Mk2 ist in seinen Brot-und-Butter-Versionen spottbillig. Und damit ein Geheimtipp für den Oldtimer-Einsteiger. Überschaubare Technik und auch in Sachen Rost nicht mehr so fies(ta) wie sein Vorgänger. Natürlich darf man keinen vollverzinkten Audi erwarten, aber Ford gab sich Mühe: PVC-Unterbodenschutz in den Radhäusern, dazu Hohlraumschutz in den Türen und Schwellern.
Ebenso Steinschlagschutz außen am Frontblech, an den Seitenschwellern, den Radlaufkanten und im unteren Bereich der Türen sowie Wachs am kompletten Bodenblech. Damit gammelt der Ford Fiesta Mk2 natürlich nach über 30 Jahren auch, aber bei weitem nicht so brutal wie manch jüngerer Mercedes.
"Lang lebe Ihr Ford Fiesta" hieß es im Fiesta-Prospekt von 1983. Und tatsächlich haben gar nicht mal so wenige überlebt. Wer also noch einen Fiesta Mk2 zu verschenken hat: Sie wissen, wo Sie mich finden.