Alter McLaren besser als neuer
McLaren brachte beide Autos in die Top Ten, verwirrte sich aber selbst. Zum zweiten Mal war das Auto mit dem neuen Aero-Paket langsamer als das mit der alten Konfiguration. Opfer war diesmal Carlos Sainz, der als Testpilot für die neue Nase und den neuen Frontflügel auserkoren wurde.
Zwei Autos in den Top Ten. Im letzten Jahr wäre McLaren noch zufrieden gewesen. Doch jetzt sind die Startplätze 8 und 10 nicht mehr gut genug. Vor allem, wenn Renault mit beiden Autos vorne steht, Ferrari eine kleine Renaissance feiert und Sergio Perez im Racing Point beide McLaren splittet. Es ist auch wenig beruhigend, dass der McLaren MCL35 mit dem neuen Aero-Paket langsamer war als sein Vorgänger. McLaren splittete wieder das Programm. In Sotschi war Lando Norris der Testpilot für die neue Nase und den neuen Frontflügel, am Nürburgring wurde Carlos Sainz dafür ausgewählt.
Beide Male machte der Fahrer den glücklicheren Eindruck, der in dem Auto mit der älteren Aerodynamik-Spezifikation saß. Am Nürburgring betrug der Unterschied 0,251 Sekunden. Hört sich nicht viel an, ist es aber. Das Delta ist tatsächlich doppelt so groß, denn eigentlich sollten die Neuentwicklungen den McLaren ja schneller machen. Lando Norris zog den Vergleich: "Das alte Auto fühlte sich für mich besser an als in Sotschi. Ich hatte einfach viel mehr Vertrauen. Wir müssen jetzt herausfinden, wo genau die Unterschiede zwischen alt und neu liegen." Carlos Sainz bestätigte: "Das neue Paket fühlt sich nicht gut an. Entweder haben wir nicht das Maximum herausgeholt, oder wir haben etwas nicht verstanden."
Kampf von der ersten Runde an
Lando Norris war mit seinen Runden zufrieden, nicht aber mit dem 8. Platz. Die Ansprüche der McLaren-Fahrer sind in diesem Jahr gestiegen, so wie es sich für ein Team gehört, das im Moment noch den dritten Platz in der Weltmeisterschaft hält. Der Rückstand auf die beiden Renault war mit zwei Zehnteln einfach zu groß. Dabei konnte sich Norris nicht einmal beschweren: "Ich hatte von Anfang an ein gutes Gefühl mit dem Auto und war auch mit der Balance zufrieden."
Ganz anders hörte sich Teamkollege Sainz an: "Es war von der ersten Runde an ein Kampf. Erst nach dem Q1 brachte ich das Auto in ein besseres Fenster. Wir hätten mit dem neuen Paket den Freitag gebraucht, um mehr darüber zu lernen. In Sotschi war es umgekehrt. Da ist Lando das neue Paket gefahren und war nicht so glücklich wie ich mit dem alten." Der Spanier gibt zu, dass im Moment ein Gefühl der Verwirrung vorherrscht. "Wir sehen noch nicht, wo die guten und wo die schlechten Seiten des Pakets liegen. Wir hatten uns mehr Fortschritt erhofft. Deshalb geht es für uns im Rennen hauptsächlich darum, Erfahrungen und Daten zu sammeln." Teamchef Andreas Seidl warf ein: "Wir hatten weitere neue Teile dabei, und es bei nur einem Training nicht geschafft, das Maximum aus ihnen herauszuholen."
Eine andere Strecke als 2013
Ganz anders die Stimmung bei Renault. Daniel Ricciardo und Esteban Ocon können sich inzwischen auf ihr Auto verlassen. Beide sind Stammgäste im Q3 und zuverlässige Punktesammler geworden. "Im letzten Jahr ging es noch wie im Fahrstuhl bergauf und bergab. Wir hatten sehr gute, dann aber auch wieder schlechtere Wochenenden. Jetzt sind wir auf allen Streckentypen konstant stark", freute sich Daniel Ricciardo, der sogar noch einen seiner zwei Q3-Versuche mit einem Fehler in der ersten Kurve in den Sand gesetzt hatte. Für Esteban Ocon war das Training ein Erfolg. Den Franzosen trennten nur 19 Tausendstel von seinem Teamkapitän. So nah war er schon lange nicht mehr an Ricciardo dran.
Im Rennen ist für Renault und McLaren alles möglich zwischen Platz 4 und Platz 10. Viel wird davon abhängen, wie die Fahrer das Körnen der Vorderreifen in den Griff bekommen. Je kälter, umso stärker ist es ausgeprägt. Für den Sonntag werden noch einmal kühlere Bedingungen vorausgesagt. Ricciardo erklärt das Problem: "Du musst ziemlich aggressiv fahren, um die Reifen auf Temperatur zu bringen. Dabei riskierst du aber auch, dass die Reifen Körnen. Das Maß, wie schlimm es wird, bestimmt, ob du mit einem oder zwei Stopps über die Distanz kommst."
Obwohl der Australier bereits beim letzten Auftritt der Formel 1 auf dem Nürburgring gefahren ist, konnte er mit den alten Erfahrungen wenig anfangen. "Es war wie eine neue Strecke für mich. In den heutigen Autos ist der Nürburgring eine echte Herausforderung." Der Rundenzeitenvergleich zeigt es: Die Pole Position von heute lag 4,129 Sekunden unter der von 2013 und 3,082 Sekunden unter dem absoluten Rekord von Michael Schumacher aus dem Jahr 2004. Ricciardo wäre rückblickend im Vorfeld lieber ein paar Runden im Simulator gefahren. Eine Stunde freies Training war dann doch ziemlich wenig, um die Ideallinie auf dem Nürburgring zu finden. "Die Strecke hat ihre Tücken. Es geht schon in der ersten Kurve los. Sollst du bis zum Scheitelpunkt ranfahren oder lieber weiter weg bleiben, weil da eine Mulde ist, in der dir das innere Rad in der Luft steht?"