Das Baku-Abenteuer
Ein Stadtrennen ist immer eine Herausforderung. In Baku allemal, weil die Strecke so speziell und alles so neu ist. Es gibt kaum Kräne. Das lässt viele Safetycar-Einsätze erwarten. Die Fahrer haben Anweisung, die Autos auf der Innenseite der Strecke zu parken. Und am Donnerstag sperrte das Militär die Strecke.
Das wird eines der größten Abenteuer der jüngeren Formel 1-Geschichte. Dafür spricht schon die Strecke. Der Baku City Circuit weist Passagen auf, die es nirgendwo gibt. „Er ist eine Mischung aus Sochi, Singapur, Monte Carlo und Monza“, zeigte sich Felipe Massa nach seinem Streckenrundgang beeindruckt. Einige Stellen sind alte Schule. Sie erinnern an eine Zeit, als Autorennen noch gefährlich waren. Carlos Sainz schien es nicht zu stören. „Ein bisschen wenig Auslauf, aber sonst richtig spektakulär.“
Die gefährlichste Stelle ist laut Massa nicht Kurve 15 ( siehe Streckenrundgang), sondern die Boxeneinfahrt. „Das 60 km/h Tempolimit gilt erst sehr spät. Davor ist eine Schikane. Du kommst mit 350 Sachen an und musst dann für die Schikane in der Boxeneinfahrt runterbremsen.“
Strecken-Designer Hermann Tilke kann deshalb Lewis Hamiltons Einschätzung nicht verstehen. Der Weltmeister hatte nach dem Kennenlernen im Simulator gelästert, der Baku City Circuit sei nicht besonders aufregend und würde sich in das Bild der vielen neuen Retortenpisten einreihen. „Warten wir ab, bis er die erste Runde fährt. Wenn das langweilig ist, dann gibt es nur noch langweilige Strecken.“
Militär sperrt Strecke für fünf Stunden
Doch in Baku gibt es noch mehr Herausforderungen als nur die Strecke. So stehen zum Beispiel kaum Kräne rund um den Kurs. Und es gibt nur wenig Platz havarierte Autos abzustellen. Praktisch jeder Ausfall oder Unfall wird eine Safety-Car-Phase nach sich ziehen. Weil die Rennautos mit Bergefahrzeugen bis zum nächsten Abstellplatz gezogen werden müssen. Um einen reibungslosen Ablauf zu garantieren, wurden 150 Streckenposten aus Bahrain angeheuert, um ihre unerfahrenen Kollegen aus Baku anzulernen.
Die Fahrer haben von ihren Teams die Anweisung bekommen, darauf zu achten, dass ihre Autos auf der Innenseite der Strecke abgestellt werden. Weil man sie nur dann schnell zurück an die Boxen bekommt. Wer außen parkt, muss warten, bis das Training fertig ist. Es gibt keine Autozufahrt zum Fahrerlager, das im Inneren der Strecke liegt.
Lange durfte an der Strecke nur nachts gearbeitet werden, um den Verkehr nicht zu behindern. Erst seit Beginn der Grand Prix-Woche sind die über 1.000 Arbeiter auch tagsüber auf der Baustelle. Dummerweise sperrte das Militär am Donnerstagmorgen für fünf Stunden die Zufahrten zur Strecke. Viele Arbeiter standen vor verschlossenen Toren. Dabei zählte jede Stunde, weil es noch viel zu tun gibt.
Fahrerlager steht auf Tiefgarage
Zum Beispiel muss eine einen Kilometer lange Ölspur beseitigt werden, die ein Streckenfahrzeug dort in der Nacht auf der Zielgeraden hinterlassen hat. Auf vielen Teilen des Kurses muss noch geputzt werden. In den Kurven 16 und 18 bildeten sich Blasen auf dem Asphalt. Sie wurden in der Nacht zum Donnerstag ausgebessert.
Das Problem entstand, weil für den Streckenbelag heimische Steine verwendet werden mussten. Um sie zu einer haltbaren Teerschicht zu verarbeiten, musste die Mixtur stark verdichtet werden. Der Belag weist kaum Poren auf und ist wasserundurchlässig. Offenbar hatten sich beim Mischen des Teers in den entsprechenden Kurven Wasserblasen eingenistet, die nach dem Verdunsten in der Hitze die obere Schicht angehoben haben.
Auch mit den 3.500 jeweils 3,5 Tonnen schweren Betonblöcken für die Streckenbegrenzung gab es Schwierigkeiten. Einige davon hatten sich verzogen und ließen sich nur mit Schwierigkeiten bündig hintereinander reihen. Das verzögerte die Arbeiten.
Das Fahrerlager steht auf einer Tiefgarage und war aus Sicht der Architekten eine der schwierigsten Aufgaben. „Wir mussten die Gebäude so hinstellen, dass sie auf das Raster der Stützpfeile der Tiefgarage passen“, erzählt ein Mitarbeiter aus dem Tilke-Team. Ein Umstand kam den Streckenarbeitern dabei entgegen. Auf der Zielgerade und dem Bereich des Fahrerlagers werden üblicherweise Militärparaden abgehalten. Und da rollen viele schwere Panzer über das Gelände.