Ferrari feiert Pole Position
Es war die Rettung in letzter Minute. Pünktlich in der letzten K.O.-Runde der Qualifikation kam Ferrari auf Speed. Doch am Ende brauchte es den Vettel-Faktor, um das rote Auto auf die Pole Position zu stellen. Und einen kleinen Fehler von Red Bull.
Auf der Ziellinie öffnete sich das Ventil. Kaum stand die dritte Pole Position des Jahres fest, brach es aus Sebastian Vettel heraus. Er bedankte sich überschwänglich beim Team und bejubelte die Trainingsbestzeit ausgelassener als seine 46 GP-Siege. Lange sah es nicht nach einem Ferrari auf dem besten Startplatz aus. „ Erst in der Qualifikation lebte unser Auto auf“, erzählte Vettel erleichtert. Und auch da erst in letzter Minute.
Nach dem Q1 fragte sich Vettel noch: „Wie hole ich die eineinhalb Sekunden gegen Red Bull auf?“ Im Q2 fehlten nur noch zwei Zehntel. Dann schlug Vettel zu. Schon die erste Runde im Q3 hätte für die Pole Position gereicht. Sie war um 145 Tausendstel besser als das, was Red Bull aufzubieten hatte. In seiner letzten Runde ging Vettel aufs Ganze. Nach zwei Sektorbestzeiten hätte der wilde Ritt fast noch ein Ende in der Mauer geendet. „Ich habe in Kurve 19 die Mauer touchiert. Es war kein Streifschuss, sondern ein richtiger Schlag. Zum Glück kommen dann nur noch vier Kurven. Am Ende der Runde spürte ich schon die Vibrationen.“
Zwei Mal in der Mauer./strong>
Ferrari wird den Schaden am Sonntagmorgen im Parc fermé reparieren. Die Mechaniker haben schon Übung drin. Vettel hatte bereits am Freitag eine Begegnung mit der Mauer. Deshalb fielen auch seine Longrun-Zeiten bescheiden aus. „Da war mehr kaputt als nur die Felge. Ich musste den zweiten Teil des zweiten Trainings mit einem beschädigten Auto fahren.“ Dazu kam, dass Ferrari mit dem Setup verwachst hatte.
Ersatzfahrer Charles Leclerc musste Sonderschichten im Simulator einlegen. „Danke an Charles und an die Jungs in Maranello. Wir hatten gestern so viele Fragezeichen, dass wir sie alle gar nicht an der Strecke lösen konnten“, atmete Vettel auf. Sein Ferrari war besser, aber nicht perfekt. Kimi Räikkönen erklärte warum: „Es war unmöglich, beständig schnelle Zeiten zu fahren. Wenn du ein Problem gelöst hast, entstand daraus ein neues. Unser Auto war besser als am Freitag, aber ich bin ehrlich gesagt über unser gutes Trainingsergebnis und die Zeiten überrascht.“ Der Finne landete auf Platz 4 vor beiden Mercedes.
Am Ende sicherte der Vettel-Faktor den Platz an der Sonne. Der vierfache Weltmeister steht zum vierten Mal in Singapur auf der Pole Position. Er weiß, wie man ein Auto durch die 23 Kurven prügelt, auch wenn es nicht optimal abgestimmt ist. Ein bisschen half auch Red Bull mit. Als Ferrari im ersten Sektor immer schneller wurde, wurde Red Bull nervös und reduzierte als Antwort darauf den Abtrieb auf der Hinterachse. Das bestrafte die Fahrer in den beiden anderen Streckenabschnitten.
Kann Red Bull in der ersten Kurve mehr riskieren?
Auch im Rennen droht Vettel die größte Gefahr von den beiden Red Bull. „Wir müssen auf die WM keine Rücksicht nehmen und können in der ersten Kurve mehr attackieren als Vettel“, hofft Red Bull.Teamchef Christian Horner. Vettel antwortet cool: „Kein Fahrer will in der ersten Kurve crashen. Schon gar nicht bei einem so langen Rennen.“
Max Verstappen kündigte an: „Wenn die Lücke da ist, fahre ich rein. Wenn nicht, warte ich ab.“ Daniel Ricciardo bestätigt, dass die beste Chance der Spurt in die erste Kurve ist. Er glaubt aber auch so an seine Siegchance. Weil Red Bull den Ferrari an der Spitze mit einer Doppelstrategie in die Zange nehmen will. „Wenn die ein Einstopprennen fahren wollen, müssen sie Kompromisse beim Rennspeed eingehen“, glaubt Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko.
Vettel hält dagegen, dass der Rennspeed trotz der Probleme am Freitag vielversprechend ist. „Der Speed ist im Auto. Wir müssen ihn nur abrufen.“ Der Ferrari-Pilot hat auch die Statistik in seinem Rücken. Sieben der neun Singapur-Sieger sind von der Pole Position gestartet. Der Spitzenreiter kann in Singapur von einem gewichtigen Vorteil zehren. Er ist der einzige im Feld, der sich nicht um Motor- und Bremstemperaturen kümmern muss.