Ferrari fordert Mitspracherecht

Bernie Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt wollen zurück an die Hebel der Macht. Ferrari-Präsident Sergio Marchionne will das verhindern. Er besteht auf einem Mitspracherecht für die Teams und bietet eine eigene Motorlösung an.
Die Formel 1 sucht eine Lösung für ihre Probleme, aber sie weiß nicht wie. Bevor es zu vernünftigen Vorschlägen kommt, ringen die Beteiligten erst einmal darum, wer das zu bestimmen hat. Im Verlauf der Saison kristallisierte sich immer mehr heraus, dass die Automobilhersteller am längeren Hebel sitzen. Bernie Ecclestone und FIA-Präsident Jean Todt versuchen ihren Machtverlust nun durch einen Handstreich wieder rückgängig zu machen.
Ein Zurück zum V8 darf es nicht geben
Bei der letzten Weltratsitzung in Paris ließen sie sich das alleinige Mandat in wichtigen Regelfragen aussprechen. Im Weltrat ist nur ein Team vertreten. Ferrari. Und von wem kam die einzige Gegenstimme? Richtig, von Ferrari. Fiat-Präsident Sergio Marchionne machte klar, dass man dieses Mandat nicht akzeptieren werde. „Wir sind mit der Position des Weltrats nicht einverstanden. Alle relevanten Entscheidungen müssen im Einklang mit den Teams getroffen werden. Die Hersteller geben Hunderte von Millionen Dollar aus. Dafür wollen wir ein Mitsprache-Recht.“
Marchionne sprach sich klar gegen die Einführung von Billig-Motoren aus. „Ein Zurück zu V8-Saugmotoren darf es nicht mehr geben. Dieser Vorschlag ist eine Beleidigung. Der Klimagipfel in Paris hat uns allen aufgezeigt, wohin der Weg führt. Wir können an einer Technologie nicht vorbeigehen, die auch für Serienfahrzeuge relevant ist. In fünf bis zehn Jahren wird die Mehrheit aller Fahrzeuge auf der Straße mit Hybrid-Technik ausgestattet sein. Ein Zurück zu der alten Motorentechnologie wäre so, als würde man morgen Mobiltelefone verbieten und wieder zurück zum Festnetz gehen.“
Gleichzeitig fordert Marchionne einfachere Regeln. „Früher haben uns Ingenieure die Regeln erklärt. Heute sind es Juristen. Das ist der falsche Weg.“ Der 63-jährige Manager sieht in den komplizierten Regeln auch den größten Kostentreiber. „Simple Regeln senken die Kosten.“ Andererseits will sich Ferrari nicht vorschreiben lassen, wie viel Geld man in den Sport investiert. „Das ist unsere Sache. Keiner hat das Recht, dem Geschäft finanzielle Grenzen zu setzen oder uns Bedingungen zu stellen, wie wir unser Team zu führen haben. Wir haben die ökonomische Unabhängigkeit von Ferrari in Gefahr gesehen. Deshalb haben wir zum ersten Mal seit langer Zeit wieder von unserem Veto-Recht Gebrauch gemacht.“
Ferrari muss sich selbst schützen
Die Kritik, dass Mercedes und Ferrari sich einerseits geweigert haben, Red Bull mit einem konkurrenzfähigen Motor zu versorgen, andererseits nichts dafür tun, die Motorenpreise zu senken, prallt an Marchionne ab. „Kein Team kann verlangen, einen guten Motor zu bekommen. Hätten wir Red Bull unseren Motor überlassen, hätten wir unser Ziel gefährdet, Weltmeister zu werden. Wir müssen nach uns selbst schauen und die Lücke zu Mercedes schließen. Red Bull verfügt über große finanzielle Mittel. Sie können diese auf das Chassis konzentrieren, während Mercedes und wir nebenher noch einen Motor entwickeln müssen. Warum sollen wir das Produkt dieser extra Arbeit einem Team zukommen lassen, dass uns dann schlägt?“
In Bezug auf die hohen Motorenkosten sieht Ferrari die Rechteinhaber in der Pflicht. „Sie müssen sicherstellen, dass sich alle Teams einen solchen Motor leisten können.“ Mit anderen Worten. Die FOM soll den Teams mehr Geld ausbezahlen. Das gleiche gilt für die Show. „Bernie nimmt die Teams in die Verantwortung für die Show. Er muss dafür sorgen, dass sie besser wird. Wir sind nur Teilnehmer. Mercedes und Ferrari geben viel Geld aus, aber der einzige Gewinner ist Bernie.“
Alfa Romeo-Motor als Lösung des Motorenproblems?
Marchionne ist bereit, die aktuellen Motoren im Sinne einer einfacheren Bedienung zu modifizieren, aber natürlich nur so weit, dass eigene Interessen nicht beschädigt werden. Er will den Preis der Motoren nicht senken, fordert aber von Ecclestone eine höhere Ausschüttung an die Teams. Und er bietet die goldene Lösung für das Problem der Motorenversorgung an, um sich ein neues Motorenformat zu ersparen.
Es ist das Modell „Alfa Romeo“. Ferrari baut einen Kundenmotor, der natürlich nicht so gut ist wie der eigene und obendrein etwas weniger kostet. Das mag ein Modell für die Hungerleider im Zirkus sein, nicht aber für Teams, die um Podestplätze und Siege mitfahren wollen. Marchionnes Vorgänger Luca di Montezemolo drohte bei diesen Gelegenheiten gerne mit dem Ausstieg von Ferrari. So weit will der Juventus-Fan Marchionne nicht gehen. „Eine Formel 1 ohne Ferrari. Das will ich mir nicht vorstellen. Es ist nicht unmöglich, aber sehr unwahrscheinlich. Ich glaube nicht, dass uns irgendjemand aus der Formel 1 vertreiben will. Auch nicht Mercedes. Sie brauchen ja einen Gegner.“