Neue Regeln für weniger Abtrieb
Die FIA hat drei konkrete Maßnahmen angekündigt, um nächstes Jahr den Abtrieb der Autos noch einmal weiter zu reduzieren. Wir verraten Ihnen, in welchen Bereichen die Ingenieure noch einmal Hand anlegen müssen.
Die Corona-Krise hat nicht nur Auswirkungen auf die finanzielle Seite der Formel 1. Auch die Techniker müssen sich anpassen. Weil Pirelli wegen der Restriktionen aktuell keine Weiterentwicklung der Reifen auf der Strecke betreiben kann, entschied sich die FIA dazu die Autos 2021 weiter zurückzurüsten. So soll verhindert werden, dass die Gummis überstrapaziert werden.
Normalerweise wird die Haltbarkeit der Reifen immer wieder angepasst, je nachdem, wie sich die Belastungen erhöhen. "Pirelli geht 2021 in das dritte Jahr mit der aktuellen Reifengeneration", erklärt FIA-Technikchef Nicholas Tombazis. "Das war vorher nicht zu erwarten. Hätten sie das bei der Entwicklung gewusst, hätten sie die Reifen sicher etwas robuster ausgelegt."
Der Weltverband betont, dass Pirelli schuldlos an der aktuellen Situation ist. Die künstliche Reduktion des Abtriebs habe nichts damit zu tun, dass der Lieferant aus Mailand ein schlechtes Produkt gebaut habe. Es sei ein ganz normaler Vorgang, dass man nun auf den jährlichen Zuwachs an Abtrieb und die damit verbundenen höheren Belastungen reagiere.
Autos werden künstlich eingebremst
Pirelli-Sportchef Mario Isola hatte noch ein paar konkrete Zahlen dazu parat: "Wenn man die Saison 2020 mit unserem ersten Formel-1-Jahr 2011 vergleicht und sich zum Beispiel die vertikale Last auf dem Reifen in einer schnellen Kurve wie Copse (Silverstone) anschaut, dann hat sich die Beanspruchung verdoppelt. Auch bei anderen Parametern sehen wir Steigerungen in ähnlichen Ausmaßen."
Laut Tombazis ist dafür nicht nur der Zuwachs an Abtrieb verantwortlich. Auch das gestiegene Gewicht der Autos sorgt für mehr Stress für die Reifen: "Wir hätten natürlich gerne leichtere Autos", bedauert der Grieche. "Aber erst kamen die schwereren Hybrid-Motoren, dann führten der Halo und andere Sicherheitsfeatures zu mehr Gewicht. Die Entwicklung war also unumgänglich."
Nun will man Pirelli das Leben leichter machen. Schon während der Corona-Pause hatten sich die Teams mit der FIA abgesprochen, dass ein großes Stück am Unterboden vor den Hinterreifen rausgeschnitten wird. McLaren testete als erstes Team im Belgien-Training, wie groß die Auswirkungen sind. Zur Datensammlung wurde Carlos Sainz mit einem nach 2021er Regeln umgebauten Unterboden rausgeschickt.
Doch die Ingenieure müssen ihre Autos noch weiter umbauen. Die FIA hat weitere Maßnahmen angekündigt, um die Abtrieb.werte zu senken. Normalerweise sind Regeländerungen so spät in der Saison nur noch bei Einstimmigkeit der Teams möglich. Doch wenn es die Sicherheit betrifft, kann die FIA auch im Alleingang handeln.
Drei Maßnahmen zur Abtrieb.reduzierung
Ganz außen vor will der Weltverband die Teams bei den Entscheidungen aber nicht lassen. Man habe eine Reihe von Maßnahmen diskutiert und sich nun auf drei konkrete Bereiche geeinigt. Aktuell befinden sich die FIA-Experten im Austausch mit den Teams, um die Änderungen in einen wasserdichten Regeltext zu gießen.
Konkret soll die äußere Kante des Unterbodens geändert werden. Hier sind in einem bestimmten Bereich künftig keine Schlitze mehr erlaubt. Auch an den hinteren Bremsverkleidungen sind Modifikationen notwendig. Der Bereich der Radträger, in dem kleine Flügel-Elemente angebaut werden dürfen, schrumpft um 40 Millimeter.
Die dritte Modifikation in den Regeln betrifft den Diffusor. Im zentralen Bereich dürfen die vertikalen Leitbleche unter dem Unterboden nicht mehr so weit nach unten ragen. Sie werden einfach um 50 Millimeter gekürzt.
"Die drei neuen Maßnahmen sollten den Abtrieb um vier bis fünf Prozent reduzieren", erklärt Tombazis. "Zusammen mit dem schon zuvor beschlossenen Ausschnitt des Unterbodens rechnen wir insgesamt mit zehn Prozent weniger Abtrieb. Wir erwarten aber, dass die Teams das fast komplett wieder aufholen werden."