Historische Formel 1-WM-Duelle (7)

Dieses Jahr kommt es zum 16. Mal im WM-Finale zum Titel-Duell Mann gegen Mann - Rosberg gegen Hamilton. Wir blicken auf die 15 Duelle seit 1950 zurück. In Teil 7 unserer Serie kämpfen Michael Schumacher und Damon Hill in Adelaide um die Weltmeisterschaft 1994.
Was beim Formel 1-Finale 1994 wirklich passierte
Die Entscheidung fiel in Runde 36. Ein Fehler, ein Missverständnis, eine Kollision nach 4.661 Kilometern einer Achterbahnfahrt durch die WM 1994 machte Michael Schumacher zum ersten deutschen Weltmeister der Geschichte. Schumacher erfuhr am Streckenrand, dass Kontrahent Damon Hill mit verbogener Aufhängung aufgeben musste. Es blieb beim knappen Punktsieg von 92:91 für den Benetton-Piloten.
Eine Saison voller Tragik, Kontroversen, Sperren, Strafen und Tricksereien war stilgerecht mit einem Knalleffekt zu Ende gegangen. Schumacher schien mit dem WM-Titel auf und davon zu fahren, doch dann sorgte eine Serie von Disqualifikationen und Sperren dafür, dass Damon Hill näherrückte.
Mancherorts entstand der Eindruck, dass vieles von oben gesteuert war, um ein spannendes WM-Finale zu arrangieren. Benetton trug daran eine Mitschuld. Das Team provozierte die FIA mit einem Auto, das in den Grauzonen des Reglements gebaut war.
Beim GP Japan hatte Damon Hill mit seinem Sieg im Regen einen Warnschuss abgefeuert. Er war bereit, gegen Schumacher auf der Strecke zu kämpfen. Die beiden Kontrahenten trennte nur noch ein Punkt.
In Adelaide bestätigte der Engländer seine Sternstunde von Suzuka. Wenn einer Nerven zeigte, dann Schumacher. Die beiden Titelaspiranten gingen gleich nach dem Start am Trainingsschnellsten Nigel Mansell vorbei und trugen ihr eigenes Rennen aus. Hill ließ sich nicht abschütteln.
In der 36.Runde rutschte Schumacher ausgangs Kurve 5 untersteuernd mit beiden rechten Rädern in die Mauer. Der Aufprall verbog die Lenkung am Benetton. Schumachers Rennen wäre zu Ende gewesen. Das konnte Hill nicht wissen. Er sah nur, dass sein Gegner neben der Strecke war, nicht aber den Aufprall in die Mauer.
Ahnungslos fuhr er in die Falle. Schumacher kletterte beim Einlenken mit dem rechten Hinterreifen über das linke Vorderrad des Williams und hechtete in die Reifenstapel. Am Williams seines Unfallgegners wurde links vorne ein verbogener Querlenker diagnostiziert. Game over. Es blieb beim alten Punktestand.
Unser fiktives Abu Dhabi-Finale 2014
Mercedes-Teamchef Toto Wolff hat seine Fahrer gewarnt: "Ich wünsche mir ein sauberes Duell auf der Strecke. Keine Defekte, keine Kollisionen." Lewis Hamilton./span> übernimmt den Part von Michael Schumacher. Der Engländer ist ein bisschen nervös geworden, weil sein Rivale mit dem Sieg beim vorletzten Rennen in Brasilien wieder Oberwasser bekam. Rosberg macht es Damon Hill nach, der vor dem Adelaide-Finale in Suzuka gewann.
Hamilton zeigt seine Angespanntheit durch einen Crash im Training. Wie einst Schumacher, der seinen Benetton im ersten Zeittraining in der der Mauer der Schikane hinter Start und Ziel verschrottete. Doch wo bitte soll man in Abu Dhabi einen Unfall haben, bei dem auch noch das Auto kaputtgeht? Die Leitplanken sind kilometerweit weg. Es geht eigentlich nur in der Passage unter dem Yas Marina Hotel.
Die beiden Titelaspiranten gehen gleich nach dem Start an die Spitze und tragen ihr eigenes Rennen aus. Hamilton vor Rosberg. Der Abstand pendelt zwischen 0,4 und 2,8 Sekunden. Was Hamilton auch versucht, Rosberg bleibt dran. Auch beim ersten Reifenwechsel bleibt die Reihenfolge bestehen. Die Boxencrew arbeitet in beiden Fällen gleich schnell.
In der 36. Runde rutscht Hamilton ausgangs Kurve 5 untersteuernd mit beiden rechten Rädern in die Mauer. Das ist in Abu Dhabi der Linksbogen der langsamen Schikane vor der Haarnadel. Der Aufprall verbiegt die Lenkung in Hamiltons Mercedes.
Rosberg liegt in dem Moment 1,9 Sekunden hinter seinen Teamkollegen und hat keine Sicht auf den Kurvenausgang. Deshalb weiß er auch nicht, dass Hamilton das Rennen nicht zu Ende fahren wird. Später wird er den gleichen Satz in die Mikrofone sagen wie damals Damon Hill: "Alles, was ich sah war, wie Michael über den Grünstreifen auf die Strecke zurückkam. Er hatte offensichtlich einen Fehler gemacht, und ich wollte so schnell wie möglich an ihm vorbei."
Rosberg versucht es erst links, dann rechts und dann schnappt im Scheitelpunkt von Kurve 6 die Falle zu. Hamilton macht die Tür zu und fährt mit dem rechten Hinterreifen über das linke Vorderrad des anderen Mercedes. Rosberg rollt mit einem Plattfuß an die Boxen. Dort winken die Mechaniker ab. Links vorne ist der Querlenker krumm. Bei modernen Rennautos dauert so eine Reparatur über 10 Minuten. Aussichtslos.
Die WM geht mit dem Punktestand von Brasilien zu Ende. 334:317 für Hamilton. Ein schaler Nachgeschmack bleibt. Die Frage aller Fragen wurde weder damals noch heute richtig beantwortet: War es Absicht? Damon Hill gab 1994 den Gentleman: "Ich möchte nicht daran glauben."