Red Bull fordert Chancengleichheit

Im Streit um die Motorenentwicklung gibt es zwei Fronten. Mercedes will das Reglement nur moderat lockern um Kosten zu sparen und den eigenen Vorsprung zu schützen. Red Bull fordert Chancengleichheit und wirft den Gegnern vor, man habe in der Vergangenheit ebenfalls Kompromisse akzeptieren müssen.
Die einen wollen 13 Extra-Token, die anderen nur 5. Um was es da geht? Um die Motorenentwicklung. Sie ist von der FIA streng reglementiert. Jeder Token entspricht einem Eingriff am Motor. Je gravierender, umso mehr. Die Hersteller dürfen bis zum 28. Februar 32 Token verbrauchen. Ferrari und Renault fordern eine zweite Entwicklungsrunde mit 13 zusätzlichen Token bis Juli. Mercedes will nur 5 Joker abnicken. Und die Garantie, dass danach bis 2020 wieder nach FIA-Regeln gespielt wird.
Ferrari und Renault ist das Anliegen wichtig. Sie wissen schon heute, dass die 32 erlaubten Token nicht ausreichen, die Fehler auszubügeln und annähernd auf den Stand von Mercedes zu kommen. Wir reden hier von 48 Prozent des Motors, der umgebaut werden darf. Was zeigt, wie groß die Not ist.
Wenn sich die Mercedes-Gegner durchsetzen, dürften sie immerhin 67 Prozent der Antriebseinheit anfassen. Ein Experte, der alle drei Motoren kennt, meint: "Das reicht immer noch nicht. Weil Mercedes ja auch noch was im Köcher hat." Man hört 40 bis 50 PS extra für die kommende Saison.
Red Bull befürchtet lange Mercedes-Dominanz
Mercedes fürchtet, dass bei einer Aufweichung des Reglements die Kosten explodieren. Und das müsste man auf die Kunden umlegen. Die lehnen jede Preissteigerung ab. Weil sie bereits am Limit sind.
Die Kosten sind natürlich nicht der einzige Grund, warum Mercedes so wenig wie möglich preisgeben will. Man hat einen Vorsprung, und will einen Teil davon auch in die nächsten Jahre mit hinüberretten. Argument: "Warum sollen wir dafür bestraft werden, wenn die Gegner einen schlechten Job gemacht haben?"
Red Bull-Teamchef Christian Horner will das nicht abstreiten: "Mercedes wurde in diesem Jahr mit dem WM-Titel auch dafür belohnt, dass sie besser waren als der Rest. Aber warum sollen wir nicht die Chance bekommen, aufzuholen. Es wäre schlecht für den Sport, wenn sich diese Dominanz über Jahre hinziehen würde, ohne dass die anderen die Gelegenheit bekommen, näher zu rücken."
32 Regeländerungen zum Nachteil von Red Bull
Mercedes-Teamchef Toto Wolff erinnert Red Bull daran, dass die Formel 1 gerade eine solche Dominanz hinter sich habe. "Red Bull hat vier Mal den Titel geholt. Das Recht sollten auch andere haben." Red Bull-Berater Helmut Marko giftet zurück: "In unserem Fall hatten die anderen alle Möglichkeiten, unseren Vorsprung aufzuholen. Es gab keinerlei Restriktionen bei der Entwicklung."
Im Gegenteil, argumentiert Marko. "Die Regelhüter haben Red Bull das Leben 5 Jahre lang schwer gemacht. Wir mussten immer wieder Regeln schlucken, die darauf abgezielt haben, unseren Vorsprung zu verringern."
In einem internen Red Bull-Papier werden die 44 Änderungen im technischen Reglement seit 2009 aufgelistet. 32 davon mit direkter Auswirkung auf die Hoheitsgebiete von Red Bull: Aerodynamik, Gewichtsverteilung, Chassis-Konzept. In zwölf Fällen betraf es Erfindungen, die von Red Bull selbst ausgingen. Zum Beispiel die Luftführung durch die Vorderachse, die beim GP Kanada 2012 verboten wurde.
Vor dem Hintergrund, dass man selbst oft genug in den sauren Apfel beißen musste, wirbt Red Bull jetzt bei Mercedes für Chancengleichheit beim Motor. Ein Sonderrecht einer einseitigen Entwicklung für alle mit Ausnahme von Mercedes, wie von Bernie Ecclestone in Brasilien vorgeschlagen, wird von Red Bull nicht unterstützt. "Die Chancen sind für alle gleich. Mercedes kann im gleichen Rahmen weiterentwickeln wie die anderen Hersteller", betont Horner.