Ferrari gegen Motor-Einfrieren
Red Bull will mit den Honda-Motoren in Eigenregie weitermachen. Deshalb die Drohung an die Formel 1: Entweder kommt ein Entwicklungsstopp bei den Motoren, oder zwei Teams sind weg. Wir verraten, was die Konkurrenz davon hält.
Das werden heiße Debatten beim großen Motorengipfel am 26. Oktober in Portimao. Der Honda-Rückzug mit Ende 2021 hat die Diskussionen um das Motoren-Reglement neu entfacht. Inzwischen setzt sich langsam die Meinung durch, dass die aktuellen Antriebseinheiten zu kompliziert und zu teuer sind. Das kann der Formel 1 zum Verhängnis werden. Weil es für Aussteiger nur Ersatz aus den eigenen Reihen gibt. Wenn sich die eigenen Reihen aber noch mehr lichten, hat der Sport ein massives Problem.
Red Bull hat nach der Ankündigung von Honda, Ende 2021 sein Formel-1-Engagement einzustellen, Bestandsaufnahme gemacht. Keine der vier Optionen Ferrari, Mercedes, Renault oder Einsatz des Honda-Erbes in Eigenregie ist optimal. Nicht für einen Rennstall, der den Anspruch hat Weltmeister zu werden.
Bei Ferrari, Mercedes und Renault ist man nur zahlender Kunde, der nehmen muss, was der Partner anliefert. Die Eigenlösung mit dem Honda-Erbe kostet Geld und funktioniert nur, wenn das Motoren-Reglement eingefroren wird. Selbst wenn pro Jahr nur noch ein Upgrade erlaubt wäre, stößt eine private Initiative technisch an ihre Grenzen.
Sportdirektor Helmut Marko hat auto motor und sport gegenüber bestätigt, dass Red Bull von allen Lösungen die mit dem Honda-Motor in Eigenverantwortung bevorzugt. Weil man sich nur dadurch ein Stück Unabhängigkeit bewahrt. Das hat Red Bull auch die Verantwortlichen der Formel 1 wissen lassen. Da hört sich der Plan allerdings etwas dramatischer an: Entweder die Motorenentwicklung wird ab 2022 eingefroren, oder Red Bull verlässt die Formel 1 mit seinen zwei Teams.
Tür in Maranello und Paris steht offen
Damit kommt Druck in die Motorendiskussion. Mercedes steht Red Bulls Vorschlag angeblich positiv gegenüber. Renault nur, wenn es vorher eine Angleichung der Motoren gibt. Ferrari sperrt sich. Maranello ist der Meinung, dass sich Red Bull nicht in einer Notlage befindet. "Die können jederzeit in Paris oder in Maranello an der Tür klopfen. Dort können sie einen Motor bekommen, der sie weniger Geld kostet, als wenn sie es selber machen."
Bei Ferrari sieht man nicht ein, warum der Motor in Zukunft nicht mehr einen Unterschied in der Rundenzeit ausmachen soll, nur weil sich Red Bull einbildet, man müsse alles selber machen. Motorsport heißt Motorsport, weil der Motor ein wichtiger Bestandteil des Pakets sein sollte.
Ein Entwicklungsstopp steht und fällt damit, dass die Motoren in einem Bereich von maximal 10 PS liegen. Sonst wäre keiner bereit, seine Motorentwicklung einzufrieren. Wer will schon bis 2025 mit einem garantierten PS-Defizit fahren? Wenn man dem Red Bull-Vorschlag folgen will, hätte man zur Angleichung nur noch ein Jahr Zeit.
Im Augenblick liegen die Unterschiede zwischen dem besten und dem schlechtesten Antrieb je nach Sichtweise bei 30 bis 50 PS. Um das aufzuholen, ist die Zeit zu knapp. Über den Winter werden alle vier Hersteller neue Motoren bauen. Selbst wenn Ferrari, Honda und Renault Leistung finden, ist noch nichts gewonnen. Auch Mercedes wird sich steigern. Man müsste dann denen, die hinterherhinken weitere Entwicklungsstufen zubilligen. Doch das geht ins Geld. Und man muss auch erst einmal die nötigen Ideen haben.
Neue Motoren besser als Entwicklungsstopp?
Die nächsten Hindernisse lauern schon. Ab 2022 wird 20 Prozent Biosprit beigemischt, ab 2023 will die Formel 1 zu 100 Prozent mit CO2-neutralem Kraftstoff fahren. Laut FIA-Motorenchef Gilles Simon ist der erste Schritt für die Motoreningenieure der größere, auch wenn er sich wie der kleinere anhört. Um das Verbrennungsverfahren anzupassen, müssen neue Zylinderköpfe her.
Wer macht das für Red Bull? Für 2022 vielleicht noch Honda, aber für 2023 stünde man auf eigenen Füßen. Und was passiert, wenn bei der Anpassung einer wieder einen besseren Weg findet als der andere? Muss dann neu angeglichen werden?
Für Ferrari kommt es nicht in Frage, dass das Projekt mit den emissionsfreien Kraftstoffen eingestellt wird, nur weil Red Bull seinen Kopf durchsetzen will. Diese Entwicklung ist viel zu wichtig für die Zukunft des Sports. Sie könnte das grüne Etikett der Königsklasse werden, wenn man eines Tages den hochkomplexen Antrieben der Gegenwart abschwören muss, weil sie zu teuer sind und nur von einigen wenigen beherrscht werden.
So wird man sich in Portimao auf Betreiben von Ferrari auch die Frage stellen, ob es nicht besser wäre, ein neues Reglement mit einfacheren Motoren von 2026 auf 2023 vorzuziehen. Diesmal allerdings unter einem Aspekt, der vor acht Jahren bei Verabschiedung der Hybrid-Formel vergessen wurde. "Was immer wir machen, wir müssen die Kosten im Blick haben."