Ein Wunder in der Nacht von Bahrain
Die Formel 1 entging in Bahrain nur um ein Haar einer großen Tragödie. Romain Grosjean hätte seinen Feuerunfall vor ein paar Jahren nicht überlebt. Das widerstandsfähige Monocoque und der Halo-Cockpitschutz retteten ihm das Leben.
Dieser 16. Grand Prix von Bahrain in der Geschichte der Formel 1 wird in Erinnerung bleiben. Romain Grosjean erlebte einen Unfall, den sich vorher keiner ausgemalt hatte. Der Franzose schoss in seinem Haas in eine Leitplanke und blieb darin stecken, während sich Benzin entzündete. Wie durch ein Wunder flüchtete Grosjean fast unverletzt aus den Flammen. In unserer Rennanalyse gehen wir auf den Horror-Unfall ein und klären die wichtigsten Fragen.
Wie entkam Grosjean dem Flammenmeer?
Die Fahrer und Teamchefs waren sich einig. Romain Grosjean hat sein Leben dem Halo-Cockpitschutz zu verdanken. Hamilton. itemprop="name" />Lewis Hamilton./span> formulierte es am kraftvollsten. "Zum Glück haben wir den Halo. Sonst hätte sich Romain in der Leitplanke entweder aufgeschlitzt oder es hätte ihm den Kopf abgeschnitten." Der sieben Kilogramm schwere Titanbügel über dem Cockpit widerstand den hohen Kräften und wurde beim Aufschlag nicht aus der Verankerung gerissen. Das Reglement schreibt vor, dass der Halo Kräfte von bis zu 12 Tonnen aushalten muss.
Grosjean meldete sich mit einem Kurzvideo aus dem Bahrainer Militärkrankenhaus, in das ihn der Rettungshubschrauber gebracht hatte. "Mir geht es den Umständen entsprechend gut", teilte der Unfallpilot aus dem Krankenbett mit, dessen Hände in dicke Verbände eingewickelt sind. Grosjean zog sich im Flammenmeer an den Handrücken Verbrennungen zweiten Grades zu. Die anfängliche Befürchtung, er habe sich bei dem Unfall etwas gebrochen, bewahrheitete sich nicht. "Ich war nie ein Fan des Halo. Aber heute muss ich sagen, es ist die beste Erfindung in der Geschichte der Formel 1."
Es gleicht schon einem Wunder, dass Grosjean den schwersten Unfall seines Lebens beinahe unverletzt überstand. Der 34-jährige Routinier entkam dem Inferno, das sich etwa 25 Sekunden nach dem Start entzündet hatte, sogar auf den eigenen Füßen. Der Unfallort zeigte die ganze Zerstörungswut. "Beim ersten Anblick schoss mir durch den Kopf, dass das gar nicht gut aussieht. Wir spielen alle möglichen Szenarien täglich durch. Was müssen wir im Fall eines Feuerunfalls machen? Was bei einer Massenkollision? Du kannst antizipieren, aber alle Szenarien kannst du nicht abdecken", schilderte FIA-Chefarzt Ian Roberts. Sein Kollege, Medical-Car-Fahrer Alan van der Merwe, ergänzte: "In diesem Augenblick folgst du nur deinen menschlichen Instinkten." Der Südafrikaner rannte zum Kofferraum, um einen Feuerlöscher zu holen. Roberts sprinte zur Unfallstelle, um Grosjean zu helfen.
Nach einem Zusammenprall mit Daniil Kvyat war der Haas nach rechts in die Leitplanke abgebogen und verkeilte sich dort mit der Überlebenszelle zwischen der obersten und untersten der drei Stahl-Schienen. Der andere Teil des Autos – Hinterachse, Motor, Getriebe, Steuerboxen, Verkleidungsteile – stand in verkehrter Fahrtrichtung neben der demolierten Leitplanke. Der Tank lag lose herum.
Das Feuer muss sich durch einen Riss in der Tankblase entzündet haben. Grosjeans Glück war, dass die Öffnung klein gewesen sein muss. Am Start führen die Autos bis zu 110 Kilogramm Benzin mit sich herum. Wäre mehr ausgetreten, hätte es eine stärkere Explosion und einen größeren Feuerball gegeben. Außerdem verhinderte der Winkel, indem die Überlebenszelle steckte, schlimmeres. Sie war so geneigt, dass sich zwischen dem blanken Stahl und dem Halo ein Schlupfloch bildete, durch das Grosjean rausklettern konnte. Es dauerte 27 Sekunden, bis er sich befreit hatte. Zum Glück wurde Grosjean, der mit etwa 220 km/h abflog, durch den Aufprall nicht bewusstlos geschlagen. Sonst hätte er warten müssen, bis die Streckenposten das Feuer gelöscht hätten.
Es dauerte mehr als 80 Minuten, bis die Unfallstelle geräumt war und das Rennen fortgesetzt werden konnte. Anstelle der Leitplanke setzten die Streckenposten eine Betonmauer. "Ich habe mir die Unfallstelle aus erster Hand angeschaut, und mit den Streckeningenieuren gesprochen. Die Betonwand war verfügbar. Es war die effizienteste und sicherste Lösung", erklärte Rennleiter Michael Masi.
Wie ergab sich die Reihenfolge am Restart?
Die Beobachter rieben sich verdutzt die Augen. Wie konnte es sein, dass Valtteri Bottas beim zweiten Start von der vierten Position starten darf und Sebastian Vettel vom zehnten? Eigentlich waren sie nach dem Rennabbruch auf den Plätzen sechs und 15. Es gibt fünf Kontrollstellen an der Strecke. Die drei für die Sektoren und die zwei Safety-Car-Linien.
Rennleiter Masi ordnete das Feld nach der Reihenfolge an der zweiten Safety-Car-Linie neu. Diese befindet sich zwischen Boxenausfahrt und dem Ende der durchgezogenen weißen Linie. Bis zum Abbruch waren nicht alle Autos bis zum Ende des ersten Streckenabschnitts vor der fünften Kurve gekommen. Sonst hätte die Reihenfolge nach Sektor eins als Referenz für den Neustart gegolten.
Wurde Kvyat zurecht bestraft?
Darüber streiten sich die Beteiligten. Für die Sportkommissare war der Fall nach Durchsicht der Videos klar. "Der Fahrer im Auto mit der Startnummer 26 wollte in Kurve acht überholen, scheiterte aber bei der Vollstreckung. Der Fahrer ist für den Unfall voll verantwortlich."
Daniil Kvyat sah sich zu Unrecht mit zehn Sekunden bestraft, die er beim Boxenstopp absitzen musste. Der Russe war nach einer halben Runde beim Restart mit dem Racing Point von Lance Stroll aneinander geraten, den es um 180 Grad wendete. Der Racing Point blieb auf dem Überrollbügel liegen. Für Kvyat war es die zweite Unfallbeteiligung nach dem unverschuldeten Zusammenstoß mit Grosjean. "Lance muss mich gesehen haben. Ich war ganz innen und konnte nirgends mehr hin ausweichen."
Der Russe fuhr sogar den Poller auf der Innenseite der achten Kurve um. Stroll sah den Sachverhalt anders. "Ich stecke mitten in der Kurve und werde auf einmal von Kvyat abgeräumt. Er kam aus dem Nichts." Alpha Tauris Teamchef Franz Tost versuchte sich in einer diplomatischen Schilderung. "Stroll zieht sehr aggressiv rein und lässt Daniil keinen Platz. Er ist schon ganz innen und kann nicht mehr ausweichen. Vielleicht hätte Daniil aber einen Tick mehr bremsen können."
Waren Verstappens Klagen berechtigt?
Max Verstappen rügte nach dem zweiten Platz seine Mannschaft für die Taktik. "Wir hatten nichts zu verlieren und waren trotzdem zu konservativ. Es darf nicht passieren, dass Lewis vor mir zum ersten Reifenwechsel kommt." Doch es war eine unberechtigte Kritik. Der Red Bull lag bereits mehr als 4,5 Sekunden hinter Hamilton. Und ein früher Boxenstopp hätte ihn in den Verkehr geworfen. "Leider war das Safety Car bis zum Ende der achten Runde draußen. Das hat dazu geführt, dass wir nicht genug Zeit hatten, eine ausreichende Lücke aufzureißen", erklärte Red Bulls Teamchef Christian Horner.
Mercedes nutzte die erste Gelegenheit zum Service. Die Strategen baten Hamilton zum Reifenwechsel, nachdem der Fünftplatzierte Norris aus dem Weg war. Red Bull schaffte es auch nicht, seine beiden frischen harten Reifensätze im Duell mit Hamilton auszuspielen, der im Mittelteil des Rennens noch einmal auf den Mediumreifen fahren musste. "Hamilton war einfach ein bisschen zu schnell für uns. Und der Mercedes hat die Reifen nicht so hart rangenommen wie unser Auto", resümierte Horner.
Mercedes-Teamchef Toto Wolff stellte zufrieden fest: "Wir waren immer in der Lage, den Vorsprung bei vier bis fünf Sekunden zu halten. So waren wir gegen den Undercut geschützt. Lewis ist mal wieder fehlerlos gefahren. Er versteht wie kein anderer, was diese Reifen brauchen. Sein Reifenmanagement war perfekt. Ich muss auch unsere Strategen loben, die ihn immer im richtigen Moment zum Reifenwechsel geholt haben."
Wieso schied Pérez aus?
Der Racing Point spuckte vier Runde vor dem Rennende Flammen. Laut Team verursachte ein Defekt der Elektromaschine MGU-K den Brand im Heck. Perez verpasste das zweite Podest in Serie, welches Alexander Albon erbte. McLaren freute sich. Das Team holte in Summe 22 Punkte und ist in der WM nun 17 Punkte vor Racing Point. Sowohl Lando Norris als auch Carlos Sainz flogen im Rennen. Fahrer und Auto streichelten die heiklen Pirelli-Hinterreifen auf einer Strecke mit hoher Abnutzung. "Lando und Carlos haben gutes Reifenmanagement betrieben. Trotzdem waren sie so schnell, dass sie noch attackieren und überholen konnten", sagte Teamchef Andreas Seidl.