Weniger Punkte wären mehr
Die Formel 1 will die Sprintrennen aufwerten und vergibt nun Punkte für Platz eins bis acht. Das ist eindeutig zu viel, meint F1-Experte Michael Schmidt. Zumal der Schnellste im Qualifying am Freitag nur einen Orden bekommt.
Eine Inflation hatte noch nie etwas Gutes. Sie macht die Dinge beliebig. Weil es zu viel von etwas gibt. Die Formel 1 verschenkt ab dieser Saison noch mehr WM-Punkte. Bei den drei Sprintrennen in Imola, Spielberg und Interlagos werden nicht mehr nur die ersten drei Fahrer mit Punkten belohnt, sondern die ersten acht. Dafür gehört die Pole Position wieder dem schnellsten Piloten in der Qualifikation am Freitag. Der bekommt einen Eintrag ins Statistikbuch, sonst aber nichts.
Ich gebe zu, dass ich die Sprint-Wochenenden in der abgelaufenen Saison ganz gut fand. Was mich gewundert hat, weil ich als Hardliner all diesen neuzeitlichen Quotenbringern eher misstrauisch gegenüberstehe. Doch solange es nicht zu viele Sprints werden, sondern hier und dort eine Abwechslung von der Routine, verdient der Mini-Grand Prix am Samstag seinen Platz.
Drei pro Saison sind in Ordnung, sechs das Maximum. Ich konnte sogar damit leben, dass es für die drei Fahrer auf dem Podium Punkte gab. Es ist zwar ein weiterer Schritt zur Verwässerung der ewigen Bestenliste, aber von einer Vergleichbarkeit der verschiedenen Epochen nach WM-Zählern haben wir uns spätestens 2010 verabschiedet, als plötzlich der Sieger 25 statt 10 Punkte bekam und die Top Ten belohnt wurden. Also die Hälfte des Feldes.
Mehr Action durch mehr Punkte?
Jetzt werden auch noch die Sprintrennen aufgewertet. Für acht der 20 Fahrer gibt es Punkte. Für ein Rennen, das 25 Minuten dauert. Das ist eindeutig zu viel. Der Sprint sollte als ein zusätzlicher Programmpunkt auf dem Weg zur Startaufstellung sein. Nicht mehr und nicht weniger. Diese Punkteinflation beschädigt den Wert des Hauptrennens.
Die Fahrer werden deshalb nicht mehr auf Risiko setzen. Wenn ich als Sechster drei Punkte in der Tasche habe, werde ich für vier Zähler nicht Kopf und Kragen riskieren mit der Gefahr, dass ich am Sonntag von hinten starte. Bei keinem der drei Sprints 2021 hat der Vierte besondere Anstrengungen unternommen, um auf Platz 3 zu kommen.
Die Zahl der Zweikämpfe wird dadurch bestimmt, wie leicht oder schwer das Überholen ist. Das soll ja in diesem Jahr mit den neuen Autos einfacher sein. Also werden wir hoffentlich von alleine mehr Action sehen, mit oder ohne die zusätzlichen Punkte.
Warum keinen Punkt für Pole?
Und noch etwas stört mich. Der Mann, der am Freitag die schnellste Runde des Wochenendes fährt, geht leer aus. Er steht zwar ab sofort wieder mit einer Pole Position im Statistikbuch, aber er bekommt keinen Lohn in Form von WM-Punkten dafür. Was ist jetzt die größere Leistung: Am Freitag auf die Pole Position zu fahren oder am Samstag Achter zu werden?
Ich hätte es bei dem Punkteschema 3-2-1 belassen und dafür dem Pole-Mann vom Freitag einen Zusatzpunkt gegeben. Wenn er dann noch den Sprint gewinnt, setzt er sich der Leistung entsprechend auch nach Punkten deutlich von Zweiten und Dritten ab.