56 Tausendstel fehlen auf Pole

Max Verstappen kann machen, was er will. Mit oder ohne Lewis Hamilton, auf der langen oder der kurzen Bahrain-Strecke: Der Holländer wird immer Dritter. Diesmal fehlten nur 56 Tausendstel auf die Pole Position. Und die Longruns lassen ein starkes Rennen erwarten. Verstappen bremst trotzdem die Optimisten im Team.
Es hatte etwas von Galgenhumor. An den dritten Platz hat sich Max Verstappen in diesem Jahr schon gewöhnt. Egal ob im Training oder im Rennen, egal auf welcher Rennstrecke, egal welche Umstände. Für den Holländer bleibt meistens nur die Bronzemedaille hinter zwei Mercedes. Auch diesmal, obwohl Lewis Hamilton fehlte. Verstappen nahm bei der Pressekonferenz in dem Sessel Platz, in dem er meistens sitzt. "Man sollte mir den Sessel schenken. Er ist so bequem", meinte der Red Bull-Pilot mit gequältem Lächeln.
Es war schon ein paar mal eng zwischen Verstappen und den Mercedes, aber so knapp noch nie. 56 Tausendstel Rückstand auf die Pole Position sind selbst bei Einrechnung der kurzen Rundenzeit ein Wimpernschlag. Und Verstappen geht mit der Empfehlung der besten Longruns am Freitag in den vorletzten WM-Lauf. Was er aber nicht als Garantie sieht, das Rennen dann auch zu gewinnen. "Vor einer Woche waren meine Rennsimulationen auch gut, und dann hat es doch nicht ganz gereicht." Verstappen relativiert auch den knappen Abstand zum Trainingsschnellsten Bottas: "Valtteri hatte auf seiner schnellsten Runde keinen Windschatten, ich schon."
Start auf der sauberen Seite
Teamchef Christian Horner blickte auf die Qualifikation mit gemischten Gefühlen zurück: "Max hat aus dem Auto das Maximum herausgeholt. Dass er die Pole um die gleiche Zeitspanne verfehlt hat wie Albon das Q3 ist ermutigend und frustrierend zu zugleich." Dann pickt sich Horner die positiven Aspekte heraus: "Max startet auf der sauberen Seite mit den weicheren Reifen. Wir hoffen, dass uns die unterschiedliche Strategie Möglichkeiten im Rennen eröffnet."
Dazu kommt, dass die Red Bull mit extra viel Abtrieb unterwegs sind. Nachdem vor einer Woche die Reifen zu früh in die Knie gegangen sind, wollte Red Bull nicht schon wieder Mercedes einen Vorteil in die Hände spielen. Am Ende wird Verstappen vor dem gleichen Problem stehen, das ihm auch in anderen Rennen das Leben schwermacht. Er tritt als Einzelkämpfer gegen zwei Mercedes an, die sich im Ernstfall die Bälle zuspielen können.
Der Start auf Pirellis weichster Mischung war ohnehin kein taktischer Schachzug, sondern eine Notwendigkeit. "Meine Rundenzeit auf den Medium-Reifen im Q2 war nicht gut genug. Wir mussten eine Garnitur Soft nehmen, um sicher ins Q3 zu kommen." Dort hatte Verstappen dann nur zwei Versuche gegen drei der Mercedes.Piloten. Valtteri Bottas und George Russell schossen sich mit einem gebrauchten Satz Soft auf die finale Zeitenjagd ein. Der Versuch mehr war ein kleiner Vorteil in einem Wettkampf, in dem es um Tausendstelsekunden geht.
Zwölf Punkte trennen Verstappen vom zweiten Platz in der Fahrer-WM. Nicht dass ihn das groß interessieren würde, aber rein aus statistischer Sicht bietet die kurze Strecke mit Rundenzeiten von 55 Sekunden Red Bull die größte Chance, die siegesverwöhnten Mercedes vom Sockel zu stürzen. Weil es mehr Möglichkeiten als sonst gibt, etwas falsch oder richtig zu machen.
20 Autos auf weniger Strecke bedeutet mehr Probleme beim Timing der Boxenstopps, um Lücken im Verkehr zu finden, mehr Finesse beim Reifen. und Energiemanagement, schnellere Entscheidungen bei Safety Cars oder VSC-Phasen. In diesen Disziplinen machte Red Bull zuletzt nicht immer die beste Figur. Verstappen wollte deshalb aber nicht gleich mehr Mut zum Risiko fordern. "Dafür gibt es kein Patentrezept. In manchen Rennen ist Risiko besser, in anderen eine konservativer Ansatz."
Albon hadert mit Soft-Reifen
Während Verstappen in aufgekratzter Stimmung war, kämpfte Alexander sichtlich nach Worten. Nach zwei guten Wochenenden in der Türkei und beim ersten Bahrain-Wochenende musste der Thailänder in der Qualifikation zum zweiten Wüsten-Grand Prix wieder einen Rückschlag verdauen. Albon schaffte es noch nicht einmal ins Q3. Dabei sah es vorher gar nicht so schlecht aus. Möglicherweise hat ein reibungsloser Freitag die Red Bull-Ingenieure dazu verleitet, Albon im dritten Training nur mit den härteren Reifen.ischungen fahren zu lassen, um sich für das Abschlusstraining einen extra Satz Soft zu sparen. Weil Red Bulls Nummer zwei mit der Balance nicht ganz zufrieden war, wurde vor der Qualifikation auch noch Hand an das Setup gelegt.
Im Q2 erkannte Albon sein Auto nicht wieder. Er führte es darauf zurück, dass er zum ersten Mal an diesem Tag auf Soft-Reifen unterwegs war. "Die mittlere und die harte Mischung sind sich von der Charakteristik sehr ähnlich. Der Soft-Reifen ist ganz anders. Er gibt dir vorne viel mehr Grip. Damit lenkt das Auto auch ganz anders in die Kurven ein. Ich fühlte mich plötzlich nicht mehr so wohl in dem Auto. Speziell in den Kurven 7 und 8 habe ich massiv Zeit auf Max verloren. Mir fehlte die Erfahrung auf den Soft-Reifen. Im Rückblick wäre es besser gewesen, den Soft auch schon mal im dritten Training auszuprobieren."