Audi S7 Sportback: Vernünftig unvernünftig
Acht Zylinder, Bi-Turbo und intelligente Zylinderabschaltung. Der Audi S7 Sportback ist ein Kompromiss zwischen zwei Extremen. Extrem günstig freilich ist er nicht.
Das gelungene Äußere und das komfortable Innere machen den Audi S7 Sportback zu einem attraktiven Vertreter der gehobenen Klasse. Wer ihn fährt, ist zwischen Vernunft und Unvernunft hin- und hergerissen.
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Autos lassen sich in unseren Tagen ganz grob in drei Kategorien einordnen - in Sparversionen mit Niedrigverbrauch, Funcars für die Unvernunft und Elektromobile für eine noch nicht endgültig definierte Zukunft auf vier Rädern. Innerhalb dieser drei Kategorien wiederum gibt es eine Vielzahl von Modellvarianten, von denen die wenigsten den ganz großen Spagat schaffen - den zwischen Vernunft und Unvernunft. Der S7 Sportback von Audi gehört zu dieser seltenen Spezies. Wenn man so will ist er der Mittler zwischen zwei Käuferwelten, denen der A7 nicht sportlich genug und der RS7 Sportback einen Tick zu brachial ist - Überlegungen nach Preisdimensionen ausdrücklich ausgeschlossen.
Der S7 ist in seiner Ästhetik zunächst einmal ein ansprechendes Auto. Noch unberührt von der Transformation von Chefdesigner Marc Lichte hin zu kantigeren Linien kommt die sportliche Limousine mit einer eher harmonischen Form daher, die vom markanten Singleframe-Grill bis zum als Coupé auslaufenden Heck eine Einheit bildet. Den dazugehörigen Schuss Aggressivität, den die Front vermittelt, unterstützen die beiden ovalen Doppelendrohre, aus denen wahlweise zarte Töne oder kraftvolles Brüllen kommen. Das hängt ganz davon ab, wie der V8-Biturbo mit seinen 450 PS gefordert wird, der als 4.0 TFSI übrigens auch den S6 und den S6 Avant vorantreibt.
Zwischen gelassenem Cruisen und kraftvoller Beschleunigung
Dieser Motor ist das Herz, in dem die vernünftige Unvernunft schlägt. Bis 3.500 Umdrehungen werden beim "cylinder in demand" genannten die Zylinder 2,3,5 und 8 abgeschaltet. Bemerkenswert auch das Gewicht: Nur 219 Kilogramm wiegt das Triebwerk, das als Reaktion auf einen energischen Tritt aufs Gaspedals auch richtig böse werden kann. Entfaltet sich die brachiale Kraft der 550 Newtonmeter, wird es im Outback mit dem Sportback sportlich. In 4,6 Sekunden bringt man ihn auf Tempo 100, und die Reserven sind noch längst nicht ausgeschöpft, wenn bei 250 km/h aus jenen Vernunftsgründen abgeregelt wird, auf die sich die Premiumhersteller vor vielen Jahren geeinigt haben.
Geht es mehr oder weniger gemächlich im fließenden Verkehr dahin, ist die automatische Schaltung Siebengang S Tronic das Maß aller Dinge. Kommt allerdings der Sportfahrer in einem durch, befeuert von kurvenreichen Landstraßen oder Bergpässe, vermittelt der manuelle Modus mit den Schaltwippen jenen Riesenspaß, den unsere bedauernswerten Nachfahren in autonomen Mobilen leider nicht mehr erleben dürfen: Feuer frei! Runterschalten, bremsen, am Scheitelpunkt herausbeschleunigen - die Lehre von der Ideallinie macht in gewollten Phasen der Unvernunft einfach viel zu viel Spaß, als das man sein Verhalten bereuen würde. Wozu auch? Das sind die Momente, in denen moderne Ingenieurskunst fasziniert. In diesem Fall wieder einmal der Allradantrieb quattro, mit dem es Audi einst vom Produzenten für Spießer zum Hersteller von Begehrlichkeiten brachte. Die Einheit von Fahrwerk und System setzt der Physik noch immer erweiterte Grenzen. Mit anderen Worten: Man muss sich schon sehr blöd anstellen, um mit einem solchen Untersatz abzufliegen.
Auch drinnen geht es sportiv zu. Die vorderen Sportsitze sind allererste Güte, zwei weitere Exemplare von ihnen sind einzeln im Fond montiert. Dazu vermitteln Extras wie die roten Nähte oder die grauen Zifferblätter mit weißen Zeigern der Instrumente jenes exklusive Gefühl, das die S-Gemeinde unter den Audi-Jüngern so sehr schätzt. Außerdem müssen Besitzer eines S7-Sportback kein schlechtes Gewissen haben, zu den Benzinfressern gezählt zu werden. Zwar lässt sich der werkseitig publizierte Verbrauch von 9,6 Litern nur erreichen, wenn man die Vernunft in Person ist. Zwei oder drei Liter mehr auf 100 Kilometer sind allerdings kaum der Unvernunft zuzuschreiben. Die kann wieder ins Spiel kommen, wenn es um den Preis geht. Schon die 83.000 Euro Grundpreis sind kein Kleingeld, dafür sind sinnvolle Extras wie die Matrix LED-Schreinwerfer (980 Euro) oder der Fernlichtassistent (135 Euro) fast schon Schnäppchen. Wer allerdings in vernünftige Sonderwünsche wie dem Assistenzpaket (unter anderem mit Cruise Control, Lane Assist und Einparkhilfe) oder dem Nachtsichtassistenten mit Fußgängererkennung investiert, dazu noch in Vollleder, nähert sich schnell der Sechsstelligkeit. Und weil das jetzt ohnehin schon egal ist, leisten wir uns noch das Bang & Olufsen Advanced Sound System für schlappe 6.000 Euro. Es lebe die Unvernunft!