2,4 Tonnen flott bewegt

Jetzt passiert es also. BMW bläst das X auf. Und zwar gewaltig. Der 2,4-Tonnen-SUV bietet Platz für bis zu sieben Personen. Aber auch Fahrspaß? Mal sehen.
Sie müssen ein sehr glücklicher Mensch sein. Ja, Sie, lieber Leser. Weil Sie sich dazu entschlossen haben, die Vernunft für die Lesedauer dieses Textes allein zum Yoga geschickt zu haben. Oder einfach in die Pause. Denn für Vernunft bietet der BMW X7 keinen Platz. Zumindest für jene Vernunft, die derzeit in unseren Breitengraden grassiert. Ein paar Zahlen hierzu: 5,15 Meter Länge, 1,80 Meter Höhe, zwei Meter Breite, V8-Biturbo-Benzinmotor, 462 PS. Ach ja: Und 2,4 Tonnen Leergewicht. Platz für Fahrer, Beifahrer und Mitreisende dagegen: Reichlich. Vor allem in der Sechssitzer-Konfiguration, denn dann parken in Reihe zwei stattliche Einzelsitze statt einer Dreier-Sitzbank. In jedem Fall sitzt du hoch droben, vom Fahrerplatz aus fehlt es nicht an Übersicht, auch nicht was die Enden der Karosserie angeht – der großen Fensterflächen und der eher der schwedischen Geometrie entliehenen Grundform. Nur ist zwischen den Enden halt viel Raum und Länge, weshalb BMW sicherheitshalber einen Einparkassistenten serienmäßig mitliefert. Also einen elektronischen.
In den BMW X7 passt der V8 Biturbo
Aber jetzt erst einmal: Fahren. Was mit dem 4,4-Liter-V8 selbstverständlicher nicht sein könnte, da er sich schon im Drehzahlkeller flugs die Boxhandschuhe überstülpt und den BMW-Brocken aus dem Startblock schubst. Die Wucht überfällt den SUV unmittelbar, dazu ein fein komponierter Klang aus flächigen Bässen mit einer leicht angerauten Oberfläche. Drehen? Klar, gehaut auch, 6.000/min, gerne mehr, dann setzt der Donner ein, keineswegs jedoch ein stärkeres Gefühl der Souveränität als beim Anfahren. Schub gibt’s hier immer, und zwar reichlich. Schön auch, dass der Brocken immer bei dir bleibt, so, wie du es eben von einem BMW erwartest.
Das Fahrwerk lässt die Größe vergessen
Genau das sorgt im ersten Moment für leichte Irritation, weil es eben ein sehr großer BMW ist, so groß wie noch nie. Im Testwagen stecken alle Fahrwerksoptionen, also die elektromechanische Wankstabilisierung und die Hinterachslenkung; Zweiachs-Luftfederung und adaptive Dämpfer sind eh Serie. Im so genannten Adaptive-Modus lässt sich der BMW X7 bemerkenswert zügig bewegen, obwohl du eigentlich davon ausgehst, mit einem Felsbrocken statt einem kleinen Ball Golfspielen zu müssen. Die Lenkung wirkt nicht hyperagil, dennoch direkt, meldet brav zurück, erlaubt entspannten Geradeauslauf. In flott gefahrenen Kurven lassen die Stabis gerade so viel Aufbaubewegungen zu, dass das Kurvenverhalten noch natürlich wirkt. Und auf Sport? Dann senkt sich die Karosserie um zwei Zentimeter ab, setzt sich so schon auf die Zusatzfedern, weshalb mehr Einflüsse von der Fahrbahn ins Auto gelangen. Die Reaktionen fallen noch unmittelbarer aus, das Handling spitzt sich überraschend zu. Braucht’s das? Nein. Aber der BMW X7 kann es eben.
Viel wichtiger dagegen: Der Federungskomfort. Trotz der montierten 22-Zoll-Räder kommt der SUV gut mit den wirklich sehr mäßigen US-Straßen zurecht, kapituliert erst bei kraterigen Vertiefungen, spricht ansonsten beflissen an, egal ob kurze oder lange Wellen. Statt Gummilager kommen hydraulische Lager zum Einsatz, die mit für den positiven Eindruck verantwortlich sind. Im Comfort-Modus schwingt die mächtige Karosserie auf langen Wellen eine Idee länger nach, die Lenkung dämpft mehr Einflüsse weg, die Gasannahme stumpft etwas ab. Kann man mögen, doch im Adaptive Modus passt eigentlich alles, vor allem die Ehrlichkeit des BMW X7, das Bestreben, den Fahrer am Erlebnis Teil haben zu lassen, ohne dabei aufgekratzt unnatürlich in Kurven zu hetzen. Muss es dann das volle Fahrwerkspaket sein? Nun, viel verliert der BMW X7 nicht, wenn du auf die Wankstabilisierung verzichtest. Selbst dann fährt er für sein Kaliber motivierter als so manche Mittelklasse-Limousine, was vor allem an der penibel applizierten Lenkung liegt. Als Fahrer dirigierst du den BMW wie gewohnt aus perfekt dimensionierten und vielfach verstellbaren, aber immer noch optionalen Komfortsitzen, musst dich nur mit den eckigen, virtuellen Instrumenten anfreunden. Selbst schalten? Kannst du. Ist aber eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, denn das Automatikgetriebe serviert dem V8 seine acht Stufen immer schnell, immer sanft, immer zum optimalen Zeitpunkt.
Selbst der Sechszylinder kommt mit dem BMW X7 klar
Und nicht nur dem V8, sondern auch dem Reihensechszylinder-Turbo – dem einzigen Benziner für Europa. Ob der mit den 2,4 Tonnen klarkommt? Erstaunlicherweise schon, wenngleich der Schub verhaltener, die Akustik angestrengter ausfällt. Doch auch in diesem unvernünftigen Umfeld feiert das Aggregat seine herrliche Laufkultur und seine beinahe lineare Leistungsentfaltung, dreht gerne und viel, liefert dennoch genügend Wucht von unten heraus. Der Dreiliter-Motor reagiert spontan, will zeigen, was er draufhat, klingt dabei typisch heiser, wie ein Sportmotor. Musst du erst einmal zusammen bekommen, funktioniert aber, vor allem deshalb, weil er auch leise kann. Beim Dahintrödeln auf dem Highway.
Ausstattungsbereinigt überschaubarer Aufpreis
Weil eben auch der ganze BMW X7 leise kann, kaum Wind- oder Fahrwerksgeräusche in den kathedraligen Aufbau gelangen. So kann das Bower & Wilkins-Audiosystem die Lieblingsmusik in ihre Bestandteile zerlegen, jeden Frequenzbereich klar darbieten und so schnell Qualitätsunterschiede bei der Aufnahme entblößen. Irre, wieviel schlechte mp3-Titel da so im Netz herumdümpeln. Und dann ist er wieder da, der Sechszylinder-Sound, ein Überholvorgang steht an. Ach, einen Diesel hätte sie gerne? Klar, kommt auch. Als BMW X7 X-Drive 30d und M50d. Wobei ersterer für Kunden in Europa sicher der Motor der Wahl wird. Weil: 620 Nm. Ob sich hier wirklich jemand für den Riesen-SUV interessiert? Ein kleines Rechenspiel: Da unter anderem Panoramadach, Luftfederung, Lederpolster, die hinteren Zusatzsitze und Metallic-Lackierung zur Serienausstattung gehören, schrumpft der Preisabstand zu einem vergleichbar ausgestatteten X5 auf rund 2.500 Euro. Klingt doch vernünftig, oder?