Die kleinen Biester schaffen über 100 km/h

Im Frühjahr 2022 soll die erste Elektro-Scooter-Rennserie starten. Ja, es sind nur City-Roller. Aber diese hier haben es in sich.
Jetzt wird's kurios: Im Frühjahr 2022 soll die Rennliga für Elektroroller zum ersten Mal starten. Die 16-PS-Flitzer sind aber so schnell, dass sie ihre Testfahrer überfordern.
Auch wenn die kleinen City-Stromer oft in der Kritik stehen: Aus dem Stadtbild sind sie mittlerweile kaum mehr wegzudenken. Für die einen haben sie den Mobilitäts-Turbo eingeläutet, anderen gehen die kleinen Flitzer auf den Zeiger. Nun, praktisch und wendig sind sie ja allemal. Aber Hand aufs Herz: Mit den Teilen ist man so flink, dass immer wieder Regeln und gutes Benehmen auf der Strecke bleiben. Nur gut, dass bei den Alltags-Rollern von Lime, Tier und Co. nicht mehr als etwa 22 km/h drin sind. Ganz anders sieht das beim Modell für die eSkootr Championship (eSC), die erste Rennserie für E-Roller, aus. Achtung, festhalten: über 100 km/h (!) und Schräglagen-Winkel von bis zu 55 Grad sollen mit dem "S1-X" möglich sein. Für seine Entwicklung wurden extra die Motorsport-Technologie-Unternehmen YCOM und Williams Advanced Engineering beauftragt.
Fliegengewicht mit 16,3 PS
Das Ergebnis: Ein 35 Kilo leichtes Renn-Biest, das seine insgesamt 16,3 PS auf jeweils einen 6 kW starken E-Motor am Vorder- und Hinterrad aufteilt. Zudem beschert eine Boost-Taste noch 20 Prozent Extrapower auf geraden Streckenabschnitten. Die Leistungsabgabe auf die Räder wird elektronisch geregelt. Der Fahrer kann das System aber kurzzeitig für gezielte Fahrmanöver außer Kraft setzen.
Gespeist werden die E-Maschinen von einer 1,5-kWh-Batterie, die von Williams Advanced Engineering stammt. Der Energiebunker steckt im Hohlraum unter dem Scooter-Deck, der Fahrer oder die Fahrerin steht als auf dem Akku. Das Chassis des Rollers besteht aus Karbon, die Verkleidungsteile aus Naturfaserlaminat. Für die Radaufhängungen vorne und hinten setzen die Ingenieure auf CNC-gefrästes Aluminium. Scheibenbremsen sorgen für die Verzögerung.
Rennsporterfahrene Initiatoren
Motorsport-Unternehmer Hrag Sarkissian und der ehemalige Rennfahrer und Formel-1-Fernsehexperte Khalil Beschir waren mit der Idee einer E-Scooter-Meisterschaft im Jahr 2020 um die Ecke gekommen und riefen die eSC ins Leben. Ebenfalls mit im Veranstalterboot: Formel E-Champ Lucas Di Grassi und Ex-Formel 1-Pilot Alexander Wurz. Während Di Grassi als Nachhaltigkeitsbotschafter fungiert, gibt Wurz den Sicherheitsbotschafter.
Erschöpfte Testfahrer
Seit die Idee Formen annahm, wurde fleißig am wohl schnellsten E-Roller der Welt getüftelt. Die Prototypen für die Rennserie unterzog YCOM zuletzt einem zwanzigtägigen Testprogramm. Nennenswerte Hard- oder Software-Probleme? Laut YCOM nicht vorhanden. An ihre Grenzen stießen allerdings die insgesamt 16 Testfahrer. Dabei hatte YCOM die Leistung der Flitzer für den Anfang extra auf 40 Prozent reduziert und schrittweise nur bis zu 70 Prozent der maximalen Power gesteigert. Bereits so gingen die extremen Geschwindigkeiten und Schräglagen den Testfahrern laut Pressemitteilung an die Substanz. Im Oktober 2021 stehen nach Angaben der Motorsport-Ingenieure weitere Tests mit verbesserter körperlicher Kondition der Fahrer an.
Und die Sicherheit?
Ob die Über-E-Roller bis zum Frühjahr 2022 – dann soll die eSC Premiere feiern – in ungezähmtem Zustand beherrschbar sind, bleibt abzuwarten. Hauptsache, das Ganze läuft sicher ab. Insgesamt stimmt dahingehend die Richtung, die die eSC-Verantwortlichen einschlagen. Beispielsweise sollen die Rennen auf 400 bis 800 Meter langen speziell entworfenen Strecken stattfinden. Die Fahrer tragen zudem Motorrad-Vollmonturen samt Helm.