Red Bull vorn, Mercedes schwach
Es war der Freitag von Red Bull. Max Verstappen führte das Feld im ersten Training an, Sergio Perez im zweiten. Der erste Verfolger hieß Ferrari. Mercedes enttäuschte auf ganzer Linie und verfehlte sogar die Top 10. Sebastian Vettel fand sich wieder im Hinterfeld und Mick Schumacher quälte die Technik.
Wer hätte das im Vorfeld gedacht? Sechs verschiedene Autos klassifizierten sich im zweiten Training zum GP Aserbaidschan in den Top 10. Red Bull, Ferrari, Alpha Tauri und Alpine brachten jeweils beide Fahrer in die obere Tabellenhälfte. Mercedes nicht einmal einen. Die Weltmeister wirkten völlig außer Form und zudem ratlos. Bezeichnend war ein Funkspruch von Lewis Hamilton. "Macht, was auch immer ihr machen müsst. Ich werde so nicht schneller fahren. Ich weiß nicht, wo all die Zeit verloren geht." Ein verzweifelter Aufruf an die Ingenieure.
Der Weltmeister belegte in der zweiten Übungseinheit mit einem Rückstand von einer Sekunde nur den elften Platz. Teamkollege Valtteri Bottas erging es sogar noch schlechter. Der Finne verlor auf der sechs Kilometer langen Runde sogar zwei Sekunden auf die Spitze. Offenbar fehlt den Mercedes in den vielen langsamen Kurven die passende Abstimmung und ausreichend mechanischer Grip. Auf die Ingenieure wartet ein langer Abend.
Perez knapp vor Verstappen
Red Bull rief dagegen die gewohnte Form ab und beendete den Tag mit einer Doppelführung. Sergio Perez war der schnellere Mann im Rennstall aus Milton Keynes. Der 31-jährige Mexikaner distanzierte Max Verstappen um 0,101 Sekunden. Der WM-Führende war zwar schnell, klagte aber über das Fahrverhalten seines RB16B. Am Vormittag waren ihm die Runden noch leicht von der Hand gegangen. Am Nachmittag beschwerte sich der zweimalige Saisonsieger über ein untersteuerndes Auto in langsamen Kurven.
Das Team, das die Weltmeisterschaft bei den Konstrukteuren anführt, verzichtet in Aserbaidschan auf den Einbau eines frischen Motors. Wie Red Bull verfahren bislang nur Alpha Tauri und Alpine. Die restlichen sieben Teams entschieden sich dafür, einen frischen Sechszylinder-Turbo zu verpflanzen. Ein neuer Motor bringt in Baku gegenüber einem Triebwerk mit hoher Laufleistung rund eineinhalb Zehntelsekunden.
Der erste Verfolger strahlt in Rot. Ferrari konservierte die gute Verfassung von Monte Carlo. Carlos Sainz hielt sich in den jeweils 60 minütigen Trainingssitzungen schadlos. Der Spanier büßte auf seiner schnellsten Runde nur 0,128 Sekunden auf die Bestzeit an. Es sieht ganz danach aus, als könne Ferrari Red Bull auch an diesem Wochenende herausfordern. Trotz des kleinen PS-Defizits auf den Geraden. Für das zweite Training wechselte die Scuderia auf einen etwas kleineren Heckflügel, um auf den Geraden die Höchstgeschwindigkeit zu erhöhen. Es scheint das passende Rezept für den Baku City Circuit.
Leclerc mit Unfall
Der Teamkollege verlor zwei Zehntelsekunden auf Sainz. Obendrein übertrieb es Charles Leclerc. Bei Halbzeit segelte er in Kurve 15 mit stehenden Vorderrädern in die Tecpro-Barriere. Bei dem Frontaleinschlag riss es den vorderen Flügel vom SF21 mit der Startnummer 16. Wenigstens befreite sich Leclerc aus der Misere und schaffte es zurück in die Box. Nach einer Reparatur von etwa 16 Minuten mischte der WM-Sechste wieder mit. Der Fehler passierte ihm auf einer schnellen Runde, die vielleicht für den Spitzenplatz gereicht hätte.
Alpha Tauri darf zufrieden sein. Pierre Gasly ließ sich nicht abschütteln und platzierte sich mit einem Rückstand von 0,419 Sekunden auf einem starken fünften Platz. Selbst Teamkollege Yuki Tsunoda schaffte es in die obere Tabellenhälfte. Der Youngster aus Japan fiel auch im zweiten Training durch mehrere Ausrutscher auf.
Eine Leistungssteigerung gegenüber Monte Carlo ist bei Alpine allgemein und bei Fernando Alonso im Speziellen festzumachen. Der französische Werksrennstall hat für Baku die Frontflügel-Flaps angepasst. Alonso hatte am Freitag keine offensichtlichen Probleme mit der Vorbereitung der Reifen. Das war in den vorangegangenen Rennen anders. Da tat sich der Spanier schwer, die Pirellis schnell und zuverlässig in ihr Arbeitsfenster zu fahren. Ein sechster Platz und ein geringer Rückstand von unter sechs Zehnteln dürfte die Teamführung optimistisch stimmen. Esteban Ocon positionierte den zweiten Alpine auf Platz neun.
Schumacher mit Technik-Pech
McLaren kam nur noch mit Lando Norris in die Top 10. Daniel Ricciardo segelte dort hingegen raus. Schneller als die Papaya-Renner war im zweiten Training überraschend Antonio Giovinazzi im Alfa Romeo als Siebter, der Teamkollege Kimi Räikkönen wie so oft in der noch jungen Saison im Griff hatte.
Für Aston Martin zeichnet sich ein kompliziertes Rennwochenende ab. Der Schwung von Monaco ist dem Team abhandengekommen. Lance Stroll belegte Rang 14 vor Sebastian Vettel. Mick Schumacher quälte die Technik. Der Haas-Fahrer drehte nur zwölf Runden. Erst zwang ihn abfallender Öldruck an die Box, später gab es offenbar Probleme mit der Batterie.
Mit technischen Gebrechen schlug sich auch Nicholas Latifi herum. Sein Williams löste nach 13 Minuten die einzige Rotphase des Freitages aus. Dem Kanadier war nach einem Verbremser der Motor abgestorben.