Den Drachen geärgert
Mercedes und Lewis Hamilton haben die Disqualifikation zähneknirschend akzeptiert. Der Ärger verlieh dem Drachen Flügel. Valtteri Bottas gewann den Sprint, und Lewis Hamilton wahrte mit einer Super-Show seine WM-Chancen.
Für zwei Stunden schien diese Weltmeisterschaft entschieden. Als die Sportkommissare Lewis Hamilton./span> zwei Stunden vor dem Start des Sprint-Rennens für einen DRS-Verstoß disqualifizierten, konnte sich keiner vorstellen, dass der Weltmeister das Ruder noch einmal herumreißt. Hamilton musste in den Mini-Grand Prix über 24 Runden aus der letzten Reihe starten. Sein WM-Kontrahent Max Verstappen stand auf der Pole Position. Mit einem Guthaben von 19 Punkten.
Mercedes hatte den Ausschluss zähneknirschend akzeptiert. Und eine Berufung verworfen. Sie hätte im Fall einer Ablehnung Hamilton jeder Chance beraubt, Punkte zu sammeln. Da war ein Start von hinten das geringere Übel. Mercedes fand die Strafe der Beweislage nicht angemessen. Man fühlte sich für etwas bestraft wurde, das bei anderen schon akzeptiert wurde. "Red Bull durfte in Mexiko seine Heckflügel während der Qualifikation reparieren."
Jetzt-erst-Recht-Stimmung bei Mercedes./strong>
Mercedes sah plötzlich viele Feinde. Das System, das 18 Stunden für eine Entscheidung brauchte und die Regeln kleinlich auslegte, auch WM-Gegner Red Bull, der mit seinen Verdächtigungen indirekt vielleicht die Untersuchung in Gang gesetzt hatte. Von FIA-Seite hieß es. "Wir haben 14 Heckflügel untersucht. Einer entsprach nicht den Vorschriften." Das Gefühl, dass alles sich gegen einen selbst verschworen hatte, entfachte bei Mercedes eine Jetzt-erst-recht-Stimmung. Man hatte den Drachen geärgert, und der wehrte sich.
Der Titelverteidiger schaltete auf volle Attacke um. Valtteri Bottas wurde mit weichen Reifen in die Schlacht geschickt. "Wir haben sie im zweiten freien Training probiert, und sie waren besser als gedacht. Erst am Ende der Sprint-Distanz wurden sie zum Nachteil." Der Grip-Vorteil half dem Finnen, in nur 195 Metern an Verstappen vorbeizufliegen. Der spielte im Gegensatz zu Bottas die sichere Karte. Es wäre unverzeihlich gewesen, das Geschenk der Disqualifikation seines Hauptkonkurrenten in sinnlosen Zweikämpfen wieder wegzuwerfen. So kam auch Carlos Sainz kurzfristig an dem Red Bull vorbei.
Bottas entschied sich für eine schnelle Flucht. Doch schon ab der 5. Runde begann sein Vorsprung auf Verstappen wieder zu schmelzen. Zehn Runden vor Schluss lag der Red Bull-Pilot im DRS-Bereich des Mercedes. Eine echte Chance, Bottas zu überholen, gab es nie. "Er war auf der Geraden zu schnell. Nachdem ich ein paar Runden direkt hinter ihm gefahren bin, haben die Reifen überhitzt", berichtete der Holländer. Der 2. Platz baute seinen WM-Vorsprung auf 21 Zähler aus.
Gibt es ein Nachspiel im Heckflügel-Drama?
Das Highlight des Rennens aber war die Aufholjagd von Hamilton. Der Engländer fuhr mit dem Mut der Verzweiflung und der Erkenntnis, dass er nichts mehr zu verlieren hatte. "Ich habe bestenfalls gehofft, dass ich es in die Top Ten schaffe." Nach einer Runde tauchte Hamilton schon auf dem 15. Platz auf. Dann überholte er seine Gegner im Akkord: Giovinazzi und Tsunoda in Runde 4, Alonso in Runde 8, Ricciardo in Runde 12, Vettel und Ocon in Runde 15, Gasly in Runde 17, Leclerc in Runde 20, Norris in Runde 24. Es waren neun echte Positionswechsel. Von insgesamt 16 im ganzen Rennen.
Hamilton betrieb damit maximale Schadensbegrenzung. Der Weltmeister wird mit seiner Motorstrafe vom 10. Platz aus ins Rennen gehen. "Von da aus kann er um den Sieg mitfahren", machte Teamchef Toto Wolff Optimismus. Hamiltons treuer Diener Bottas hat die Aufgabe, alles zu tun, damit Verstappen nicht gewinnt. Red Bull setzt darauf, dass Verstappen und Perez der erwartete Temperaturanstieg auf 25 Grad am Sonntag in die Karten spielt.
Die souveräne Fahrt von Bottas an der Spitze und Hamiltons Durchmarsch haben signalisiert, was Red Bull schon seit Monaten umtreibt. Die Silberpfeile sind nicht zu überholen und man will sie erst recht nicht im Windschatten haben. "Der Topspeed von den Mercedes ist atemberaubend. Hamilton fährt 22 km/h schneller als wir. Er ist an den anderen Autos vorbeigeflogen als würden die parken", klagte Teamchef Christian Horner.
Sportchef Helmut Marko fürchtet, dass diese WM noch lange nicht entschieden ist, auch wenn alle Vorzeichen auf Verstappen deuten: "Jetzt kommen ein paar Mercedes.Strecken. Auf den Geraden sind sie nicht zu schlagen. Wir haben da aber noch was in der Hinterhand." Red Bull hatte schon vor der Qualifikation bei der FIA Beschwerde eingelegt, dass sich der Mercedes.Heckflügel unter Last verbiegt. Was Red Bull beanstandet, hat nichts mit dem DRS-Problem zu tun. Das war vermutlich das Resultat von zwei losen Schrauben.