Noch-Rekordhalter geht in F1-Rente
Kimi Räikkönen verabschiedet sich aus der Formel 1. Mit dem Rücktritt des Finnen verliert die Königsklasse ihren ältesten Fahrer, und zugleich eine der markantesten Persönlichkeiten. Noch ist der Weltmeister von 2007 der Pilot mit den meisten Grand Prix. Diesen Rekord dürfte er an Fernando Alonso abtreten.
Es ist ein Rücktritt, der niemanden im Fahrerlager wirklich überrascht. Kimi Räikkönen verlässt die Formel 1 am Saisonende. Das gab der Finne in einer kurzen Erklärung über das soziale Netzwerk Instagram am Mittwoch-Abend (1.9.2021) vor dem Rennwochenende in Zandvoort bekannt. Der aktuelle Alfa Romeo-Pilot kommt damit einer offiziellen Verkündung seines Teams zuvor. Hinter den Kulissen hatte sich bereits abgezeichnet, dass sich die Wege trennen werden. Und es gibt auch kein Team, das Räikkönen noch Unterschlupf gewähren könnte.
Der Routinier selbst will nichts davon wissen, dass ein Rückzug aus der Königsklasse alternativlos gewesen ist. Er spricht selbst davon, die Entscheidung bereits vor Monaten gefällt zu haben. "Ich habe sie im letzten Winter getroffen. Das war nicht einfach, aber nach dieser Saison ist die Zeit für etwas Neues gekommen", erklärt Räikkönen in seinem Statement. Es hätte auch einen eleganteren Weg gegeben. Seine Entscheidung hätte der Oldie im Feld ja auch schon vor Saisonstart kundtun können. Darauf auf der Pressekonferenz angesprochen, präzisiert und erwidert er: "Es gab keinen speziellen Grund, es nicht gleich öffentlich gemacht zu haben. Außerdem ist es meine Entscheidung, wann ich es sagen will. Im Winter gab es ein Gespräch mit den Teambesitzern. Ich war damals zu 95 Prozent sicher, dass es meine letzte Saison wird."
Keiner, der nach Rekorden strebt
Wie dem auch sei. Man darf davon ausgehen, dass der 41-Jährige mit sich im Reinen ist. Räikkönen hat in der Formel 1 erreicht, was es zu erreichen gibt. Er eroberte mit Ferrari 2007 seinen einzigen Weltmeister-Titel. Bis heute ist er der einzige Fahrer, dem dieses Kunststück in der Zeit nach Michael Schumacher bei der Scuderia gelang. Dazu sammelte Räikkönen 21 Grand-Prix-Siege, raste 18 Mal auf Pole Position, kletterte 103 Mal auf das Podest, drehte 46 schnellste Rennrunden und sammelte bis heute 1.865 WM-Punkte.
Doch Zahlen und Statistiken interessieren ihn wenig. Räikkönen war nie einer, der nach immer neuen Bestmarken jagte. Den Rekord der meisten Grand-Prix-Starts wird er nicht lange halten. Aktuell steht er bei 342 Rennen. Am Saisonende werden es, soweit es der Rennkalender zulässt, 352 Grand Prix sein. Fernando Alonso ist ihm auf den Fersen, und wird ihn 2022 aller Voraussicht nach in dieser Statistik überflügeln.
Räikkönen wird es vermutlich egal sein. Er schert sich wenig um das Drumherum, hasst politische Spielchen, würde am liebsten gar nicht mit den Medien sprechen, sondern einfach nur seiner Leidenschaft nachgehen: schnell zu fahren. Am liebsten an der Spitze, aber wenn das nicht geht, dann eben im Hinterfeld. Wie in den letzten Jahren mit Alfa-Sauber, nachdem es bei Ferrari keinen Platz mehr für ihn gab. "Ich hatte Spaß. Ich habe es immer auf meine Weise gemacht. Und ich würde im Nachhinein nichts ändern. Es gibt nichts, worüber ich mich beschweren könnte."
Alfa-Sauber-Teamchef Frederic Vasseur bringt es in einfachen Worten auf den Punkt: "Es gibt keinen Fahrer wie Kimi. Seine Präsenz, sein Charisma und seine einzigartige Einstellung und sein Talent haben ihn zu einer Legende in diesem Sport gemacht. Und zwar auf eine Weise, die Zahlen und Statistiken nur schwer vermitteln können." Die Formel 1 verliert mit Sicherheit einen ihren markantesten Köpfe. Und einen großen Fanliebling. Der wortkarge Räikkönen, der sich nie verbiegen ließ, sondern sich immer treu bleibt, hat sich in ihre Herzen gefahren.
Bottas für Räikkönen wahrscheinlich
Dass die Uhr gegen ihn tickt, hatte sich in den letzten Jahren immer stärker abgezeichnet. Um es vorsichtig auszudrücken: Räikkönen ist nicht mehr der schnellste. Das merkt man insbesondere in der Qualifikation, wo ihm Teamkollege Antonio Giovinazzi ein ums andere Mal vor die Nase fährt. Jetzt schließt sich ein Kreis.
Er begann seine Formel-1-Laufbahn 2001 im Schweizer Hinwil und beendet sie nach 19 Saisons dort. Dazwischen bestritt Kimi fünf Saisons für McLaren, acht für Ferrari – aufgeteilt in zwei Portionen -, zwei für Lotus nach einem Zweijahres-Sabbatical 2010 und 2011. Seit 2019 fährt er wieder für Alfa-Romeo-Sauber. Den Blick richtet er bereits auf die Zeit nach der Formel 1. "Meine Formel-1-Laufbahn geht zu Ende. Aber es gibt noch so viel im Leben, das ich erfahren und erleben möchte." Der Iceman will es erst einmal ruhig angehen und aus dem gewohnten Rhythmus ausbrechen. "Es gibt noch keine neuen Pläne. Was ich weiß, ist, dass ich nicht mehr nach einem bestimmten Zeitplan leben will. Ich will nicht, dass unser Familienleben nach dem nächsten Rennen oder nächsten Test bestimmt wird."
Ein Finne geht, ein anderer dürfte zu Alfa-Sauber stoßen. Valtteri Bottas steht hoch im Kurs und könnte die Führungsrolle im Schweizer Rennstall einnehmen. Es dürfte mit den neuen Autos 2022 auch zu einem kompletten Neustart in den Cockpits bei Alfa kommen. Es gilt als sehr wahrscheinlich, dass Giovinazzi seinen Stammplatz verliert. Es kursieren mit Youngster Theo Pourchaire und Formel-E-Weltmeister Nyck de Vries zwei Namen im Fahrerlager.