Volkswagen setzt Gunnar Kilian vor die Tür

Gunnar Kilian ist im Vorstand für "Personal" und den Geschäftsbereich "Trucks" zuständig.
Volkswagen trennt sich mit sofortiger Wirkung von seinem Personalvorstand Gunnar Kilian. Der Aufsichtsrat des Konzerns fasste den entsprechenden Beschluss am Freitag (4.7.2025).
Als Begründung wurden unterschiedliche Auffassungen bei der Steuerung von Beteiligungsgesellschaften genannt. Die Leitung des Personalressorts übernimmt übergangsweise Thomas Schäfer, bislang Vorstandschef der Marke Volkswagen.
Kilian war mehr als sieben Jahre Mitglied des Konzernvorstands und galt als gut vernetzter Manager mit engen Verbindungen zur IG Metall. Zuvor hatte er verschiedene Positionen im Unternehmen inne, unter anderem als Pressesprecher des Konzernbetriebsrats und später als Geschäftsführer dieses Gremiums. Auch im Umfeld des früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Ferdinand Piëch war er als Leiter des Salzburger Büros tätig. Im April 2018 wurde Kilian in den Vorstand berufen.
Laut Volkswagen hat Kilian den Personalbereich in den vergangenen Jahren maßgeblich geprägt. Aufsichtsratsvorsitzender Hans Dieter Pötsch würdigte dessen Arbeit und erklärte, Kilian habe die Neuausrichtung des Personalbereichs sowie des Nutzfahrzeuggeschäfts mitverantwortet. Vorstandschef Oliver Blume betonte, Kilian habe mit seinem detaillierten Wissen über Strukturen und Prozesse im Konzern wichtige Impulse für die Zukunft gesetzt.
Kein gutes Verhältnis zwischen Killian und Betriebsrat
Hinter den Kulissen galt das Verhältnis zwischen Kilian und Teilen des Betriebsrats zuletzt jedoch stark belastet. Nach Informationen aus Unternehmenskreisen war die Arbeitnehmerbank im Aufsichtsrat nicht mehr bereit, Kilians Vertrag zu verlängern. Wie die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo in einer internen Sonderausgabe der Mitarbeiterzeitschrift erklärte, habe es grundsätzliche Differenzen über zentrale Themen gegeben. Kritisiert wurde insbesondere Kilians Umgang mit den Einsparungen im Personalbereich. Sein Name werde laut Cavallo "immer mit dem Aufkündigen unserer Tariffamilie im vergangenen Jahr verbunden sein". Sie machte deutlich, dass sich die Arbeitnehmerseite von ihm mehr Widerstand gegen den Abbau von Arbeitsplätzen erhofft hatte.
Auch bei der Steuerung von Tochtergesellschaften wie MAN Energy Solutions soll es wiederholt zu Meinungsverschiedenheiten gekommen sein. Kilian leitete dort den Aufsichtsrat. Eine frühere Entscheidung, die traditionsreiche Industriesparte im Konzern zu halten, steht offenbar wieder zur Diskussion. Beobachter sehen darin einen weiteren Hinweis auf wachsende Spannungen zwischen Vorstand und Kontrollgremium.
Umbau im Volkswagen-Konzern
Die Personalie fällt in eine Phase tiefgreifender Umstrukturierungen. Der Konzern befindet sich inmitten eines weitreichenden Sparprogramms, das bis zu 35.000 Stellen abbauen soll. Betriebsbedingte Kündigungen sind zwar ausgeschlossen, dennoch wird das Vorhaben intern kontrovers diskutiert. Der Stellenabbau soll vor allem über Altersteilzeit und Abfindungsprogramme erfolgen. Allein in Deutschland sind rund 130.000 Beschäftigte betroffen, weltweit zählt der Konzern etwa 680.000 Mitarbeitende.
Kilians Rückzug steht damit auch symbolisch für einen Richtungswechsel innerhalb des Konzerns. Während er in seiner früheren Rolle als Bindeglied zwischen Unternehmensleitung und Arbeitnehmerseite galt, wurde ihm zuletzt eine zu große Nähe zur Konzernführung nachgesagt – auf Kosten der Arbeitnehmerinteressen. Der langjährige Vertraute des früheren Betriebsratschefs Bernd Osterloh hatte sich über Jahre als einflussreicher Strippenzieher innerhalb des Konzerns etabliert. Dieser Rückhalt scheint ihm nun endgültig entzogen worden zu sein.
Niedersachsens Ministerpräsident äußert Bedauern
Niedersachsens Ministerpräsident Olaf Lies äußerte sich laut "tagesschau.de" mit Bedauern zum Abschied Kilians. Er habe stets konstruktiv mit ihm zusammengearbeitet und erkenne dessen Verdienste an, so Lies. Gleichwohl verstehe er die Gründe für die Entscheidung. Auch vonseiten der IG Metall wurde signalisiert, dass die Suche nach einer dauerhaften Nachfolge nun höchste Priorität habe. Wie üblich werde die Gewerkschaft selbst Vorschläge für die Neubesetzung des Vorstandsmandats unterbreiten.
Die kommissarische Leitung des Personalressorts durch Thomas Schäfer gilt als Übergangslösung. Parallel dazu soll Arne Meiswinkel, Personalchef der Marke Volkswagen, stärker in strategische Fragen eingebunden werden. Ein fester Nachfolger ist bislang nicht benannt. Wann eine Entscheidung fällt, hängt laut Konzernkreisen auch von Abstimmungen innerhalb des Aufsichtsrats und mit der IG Metall ab.
In der Fotoshow die Mitglieder des VW-Konzernvorstandes und des Aufsichtsrats.